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Jubel im Aufwachraum

Unfallchirurgen des Helios Klinikum Erfurt transplantieren erstmals Gewebe und bewahren Patienten damit erfolgreich vor Amputation
13. April 2022

Ein winziger Tropfen Blut brachte Gewissheit: keine Amputation, der Patient würde wieder auf beiden Beinen stehen, gehen und sich nahezu vollständig erholen. Eine Erfolgsgeschichte, die eine neue Ära für das Leistungsvermögen der Unfallchirurgie im Helios Klinikum Erfurt einläutet. Und die viele andere Patienten hoffen lassen kann.

Vier Wochen zuvor. Mit dem Rettungsdienst wurde ein Schwerstverletzter im Notfallzentrum des Maximalversorgers eingeliefert. Ein Gabelstapler war dem Mann über das Bein gefahren. „Wir waren konfrontiert mit einem offenen Unterschenkelbruch. Handtellergroß war rundherum sämtliches Gewebe unwiederbringlich zerstört“, erinnert sich der behandelnde Arzt Dr. med.  Nicky Schettler. Er und das unfallchirurgische Team um Chefarzt Prof. Dr. Thomas Mückley übernahmen den Patienten. Unklar zu dieser Stunde, ob das Bein zu retten sein würde. Alles hing vom Verlauf mehrerer, nun erforderlicher Operationen ab.

Jubel im Aufwachraum

Im ersten Schritt wurde die Wunde sorgsam gesäubert, später der Knochen mittels Metallgestell zwischen Knie und Sprunggelenk stabilisiert. Denn lediglich die Haut, wenige Muskeln und Sehnen hielten noch zusammen, was eigentlich untrennbar zusammengehört. Es folgten weitere Operationen zur Säuberung und Konditionierung der Wunde, denn „eine Infektion hätte unweigerlich die Amputation zur Folge gehabt“, erklärt Dr. Schettler. Dann stand Operation Nummer sechs an. Unter Leitung von Dr. Schettler nahmen zwei chirurgische Teams eine so genannte frei ALT-Lappenplastik vor. Ein Team präparierte die Wunde. Das zweite bereitete die Transplantation des gesunden Gewebes vor. „Wir haben Haut, Unterhaut, Fettgewebe und vor allem Versorgungsgefäße vom gesunden Bein auf das andere transplantiert und die mikroskopisch kleinen Gefäße neu angeschlossen“, so der renommierte Hand- und Mikrochirurg.

Sieben Stunden später sorgte im Aufwachraum ein kleiner Piks ins Gewebe für Jubel beim Patienten und für Erleichterung bei den Operateuren. Ein winziger Tropfen Blut an der Einstichstelle zeugte vom Gelingen der Transplantation – das Gewebe wurde durchblutet. Nun konnte der Knochen heilen.

Einen Monat nach dem dramatischen Unfall hat der Patient die Klinik verlassen. Nur Tage später stand er zufrieden in der Nachsorgesprechstunde, noch an zwei Gehhilfen, aber auf beiden Beinen.

Der überaus erfolgreiche plastisch-rekonstruktive Eingriff, den die Unfallchirurgen des Maximalversorgers hier vorgenommen haben, lässt Dr. Schettler sehr optimistisch in die Zukunft blicken: „Zeit ist bei solchen Eingriffen ein entscheidender Faktor. Und die sparen wir ab sofort, weil Verlegungen nicht mehr zwingend notwendig sind.“ Wirklich gute Nachrichten – zu Beginn der unfallträchtigen Grill- und Motorradsaison, aber auch für viele onkologische Patienten, die nunmehr wohnortnah versorgt werden können.

Fast jede zweite Verletzung am menschlichen Körper betrifft die Hände oder das Handgelenk. Im Rahmen der Akutversorgung und der rekonstruktiven Versorgung gewährleisten wir eine umfassende Behandlung nach den Prinzipien der modernen Handchirurgie.