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Du musstest dein Ziel erreichen wollen

Die Begeisterung für Medizin wächst bei Dr. Heike Bien in frühester Kindheit. Ihre Mutter war Gemeindeschwester und versorgte so manche Wunde auch mal am Küchentisch. Wie Dr. Bien ihren Weg in die damals noch männerdominierte Chirurgie fand und was sie jungen Frauen mit auf den Weg geben möchte, verrät sie uns im Interview.
01. September 2023

Meiner Erfahrung nach ist die individuelle Leistung ausschlaggebend, ob man anerkannt wurde, nicht aber das Geschlecht. Du musstest dein Ziel erreichen wollen und mit Fachlichkeit überzeugen. Allerdings arbeiteten Frauen früher doppelt so hart, um anerkannt zu werden. Das wandelt sich gerade. Sicherlich nahm hier die Rolle der Frau in Ostdeutschland auch Einfluss und hat nicht nur mich, sondern auch mein Umfeld geprägt. So sind mir als junge Ärztin Vorgesetze häufig auf Augenhöhe begegnet und unser einstiger Ärztlicher Direktor hat meine Kolleg:innen und mich, unabhängig vom Geschlecht, geführt und gefördert. Es wäre jedoch unangemessen, zu verallgemeinern. Es ist wichtig anzuerkennen, dass individuelle Erfahrungen und Umstände prägen und seinen oder ihren Weg beeinflussen.

Trotzdem möchte ich betonen, dass es wichtig ist, Herausforderungen anzugehen und den Fokus auf unsere individuellen Fähigkeiten, unser Engagement und unsere Leistungsfähigkeit zu legen. Frauen sollten sich nicht von möglichen Hindernissen entmutigen lassen, sondern ihre Ambitionen und ihr Potenzial verfolgen.

Als Ärztliche Direktorin ist es meine Verantwortung, eine unterstützende Umgebung zu schaffen, in der Frauen gleiche Chancen haben und ihre Karrieren vorantreiben können. Ich setze mich dafür ein, Gleichberechtigung zu fördern und allen Mitarbeitenden unabhängig von ihrem Geschlecht die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.

Dr. med. Heike Bien, Chefärztin Klinik für Chirurgie und Orthopädie, Ärztliche Direktorin, Helios Bödeklinik

Mein Führungsstil unterscheidet sich nicht aufgrund meines Geschlechts, sondern durch meine individuellen Fähigkeiten, Erfahrungen und Perspektiven. Es geht nicht darum, ob ich eine Frau oder ein Mann bin, sondern darum, wie man Menschen motiviert, Zusammenarbeit fördert und ein Ziel umsetzt.

Eine gute Führungsperson zeichnet sich durch Empathie, Kommunikation, Entscheidungsfähigkeit und die Fähigkeit aus, andere zu inspirieren, motivieren und ihr volles Potenzial zu entfalten. Unabhängig vom Geschlecht sollten wir Führungskräfte darauf abzielen, ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen und die besten Ergebnisse für die Mitarbeitenden und die Patient:innen zu erzielen.

Wichtig dabei ist mir, dass Kolleg:innen kreativ sind und selbstständig Lösungen finden. Jüngere Kolleg:innen werden aktiv miteinbezogen und fühlen sich gefördert und respektiert. Mein Wissen und chirurgische Handfertigkeiten an die nächste Generation Ärzt:innen weiterzugeben, macht mir zudem unheimlich Spaß.

Was geben Sie Frauen mit, die am Anfang ihrer Karriere stehen?

Mein wichtigster Rat an junge Frauen ist, an sich selbst zu glauben und seine Ziele mit Entschlossenheit zu verfolgen. Es ist wichtig, dass sie sich nicht von Rückschlägen entmutigen lassen, sondern aus ihnen lernen und weiter voranschreiten.

Ich ermutige sie auch, ihr eigenes Netzwerk aufzubauen und sich Mentoren zu suchen, die sie auf ihrem beruflichen Weg begleiten können. Es ist hilfreich, von den Erfahrungen und dem Wissen erfahrener Kolleginnen zu profitieren und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.

Des Weiteren ermutige ich sie dazu, ihre Stimme zu nutzen und aktiv an Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Es ist wichtig, sich Gehör zu verschaffen und für die eigenen Ideen und Ziel einzustehen.

Nicht zuletzt sollten gerade junge Frauen dem moralischen Anspruch von außen und dem überladenen und rückgewandten Bild der Mutter nicht zu viel Beachtung zu schenken. Es geht beides: eine gute Ärztin und Mutter sein. Hilfe vom familiären Umfeld und durch Tagesmüttern oder Kindergärten sind dabei unerlässlich.

Insgesamt ist es mein Ziel, junge Frauen zu ermutigen, ihren Platz in der medizinischen Welt einzunehmen, ihre Talente zu entfalten und eine starke Stimme in der Medizin zu werden.