Spinalkanalstenose – was bedeutet das? © Foto: Canva
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Verengung im Wirbelkanal

Spinalkanalstenose – was bedeutet das?

Mit zunehmenden Alter kommt es häufiger zu Verengungen, sogenannten Stenosen des Wirbelkanals. Eine Verengung im Spinalkanal verursacht Schmerzen beim Gehen und Rückenschmerzen.

Leider sind die Möglichkeiten der konservativen Therapie beschränkt. Bei anhaltenden Beschwerden und Einschränkungen der Lebensqualität kann eine Operation Abhilfe schaffen. Dr. Alexander Richter ist Leitender Arzt der Wirbelsäulenchirurgie und Neurochirurgie in der Helios Endo-Klinik in Hamburg. Erfahren Sie von ihm alles über Symptome, Diagnose und Therapie der Spinalkanalstenose. 

Was ist eine Spinalkanalstenose?

Eine Wirbelkanalverengung zählt zu den häufigsten Erkrankungen der Wirbelsäule im Alter. In der Wirbelsäule befindet sich der Wirbelkanal. In diesem verläuft das Rückenmark in einer engen Röhre. Eine Struktur aus Knochen, Bindegewebe und Bändern ummantelt das Rückenmark und, im Bereich der Lendenwirbelsäule, die Nervenwurzeln, die in die Beine ziehen. "Bei starken verschleißbedingten Veränderungen entstehen Knochenauswüchse an den Wirbelgelenken und Wirbelbögen, die den Wirbelkanal ganz erheblich einengen können. Auch Vorwölbungen der Bandscheiben können die Enge verstärken. Dem Rückenmark und den Nerven fehlt dann der notwendige Raum. Wir sprechen in diesem Fall von einer Stenose des Wirbelkanals", sagt Dr. Alexander Richter. Zudem kommt es durch Druck, aber auch durch eine gestörte Versorgung der Nerven, zu Störungen, die ganz unterschiedliche Symptome bei den Betroffenen hervorrufen können.

Die Spinalkanalstenose kann an allen Abschnitten der Wirbelsäule auftreten. "Am häufigsten tritt die symptomatische Spinalkanalstenose an der Lendenwirbelsäule gefolgt von der Halswirbelsäule auf", so der Leitende Arzt. 

Normaler Wirbelkanal im Vergleich zu einer Spinalkanalstenose

Illustration Wirbelkanal normal versus Spinalkanalstenose
Grafik: Helios

Bei starken verschleißbedingten Veränderungen entstehen Knochenauswüchse an den Wirbelgelenken und Wirbelbögen, die den Wirbelkanal ganz erheblich einengen können. Auch Vorwölbungen der Bandscheiben können die Enge verstärken.

Dr. Alexander Richter ist Leitender Arzt der Wirbelsäulenchirurgie und Neurochirurgie | Helios Endo-Klinik in Hamburg

Was sind Ursachen einer Spinalkanalstenose?

Die häufigste Ursache der spinalen Stenose ist der Verschleiß der Bandscheiben, der Wirbelgelenke und der Bandstrukturen. Dabei handelt es sich um typische Alterungsprozesse des Gewebes, denen jeder Mensch unterliegt. Diese führen aber nicht zwangsweise bei jedem zu einer symptomatischen Verengung des Wirbelkanals mit notwendiger Behandlung. 

In seltenen Fällen führen angeborene Engen des Wirbelkanals zu Beschwerden. Auch Tumore und Brüche der Wirbelsäule können in Ausnahmefällen zu einer Spinalkanalstenose führen. 

häufige Ursachen einer spinalen Verengung:

  • Verschleißerscheinungen
  • Wirbelgleiten

seltene Ursachen einer spinalen Verengung:

  • vererbte Knochenkrankheiten, etwa Morbus Paget
  • idiopathische Spinalkanalstenose: Wirbelkanal von Geburt an verengt
  • Verletzung an den Wirbelkörpern
  • Wirbelsäulenoperation
  • hormonelle Veränderungen, z. B. bei Morbus Cushing

Symptome der Spinalkanalstenose

Alter Mann auf dem Fahrrad
Beim Radfahren ist die Lendenwirbelsäule aufgerichtet und Betroffene sind oft schmerzfrei | Foto: Canva

Ein verengter Wirbelkanal im Lendenwirbelsäulenbereich hat Auswirkungen auf die Beine, die denen einer Durchblutungsstörung ähneln. Ein Bein oder beide Beine fangen beim Gehen an zu schmerzen und die Strecken, die der Betroffene zurücklegen kann, werden kürzer. Insbesondere, wenn die Wirbelsäule aufgerichtet wird, kommt es zu Schmerzen im unteren Rücken, die bis in die Beine ausstrahlen können.

In schweren Fällen können Muskelschwächen in den Beinen und Empfindungsstörungen auftreten. Das wiederholte Stehenbleiben, dem die „Schaufensterkrankheit“ ihren Namen verdankt, sorgt für eine kurzzeitige Verbesserung. Typisch ist die Besserung der Symptome bei einer Gangpause und vorn übergeneigter Haltung, da dies eine Aufrichtung der Lendenwirbelsäule und damit Erweiterung des Wirbelkanals bewirkt. Ein Grund, warum Betroffene häufig in der Lage sind, uneingeschränkt Fahrrad zu fahren.

Neben den geschilderten Beschwerden können auch Kreuzschmerzen auftreten, welche mit einer morgendlichen Rückensteifigkeit einhergehen. Diese sind auf den Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke und der dadurch bedingten Instabilität des Bewegungssegmentes zurückzuführen.

Wirbelkanalverengungen der Halswirbelsäule können durch Rückenmark- und Nervenwurzelkompression zu fortschreitenden inkompletten Querschnittsymptomen führen, die mit Gefühlsstörungen und Lähmungen sowie Feinmotorikstörungen von Armen und Beinen einhergehen. Die Symptome können sich auch schubweise verschlechtern.

Eine Einengung des Spinalkanals kann jedoch auch ohne Beschwerden vorliegen. Ärzte sprechen in dem Fall von einer klinisch „stummen“, bzw. kompensierten Einengung, bei der kein ärztlicher Handlungsbedarf besteht. 

Auf einen Blick: Symptome der Spinalkanalenge

  • Rückenschmerzen im Lendenbereich, einseitiges oder beidseitiges Ausstrahlen in die Beine
  • verminderte Beweglichkeit im Lendenwirbelbereich
  • Muskelverspannungen im Lendenwirbelbereich
  • Gefühlsstörung in den Beinen
  • Missempfindungen in den Beinen
  • Schwächeempfinden in der Beinmuskulatur
  • schmerzbedingtes Hinken
  • Probleme beim Wasserlassen und Stuhlgang
  • Sexualfunktion gestört

Diagnose und Gradeinteilung bei Spinalkanalverengung

Ältere Frau bei Ärztin
Im Arztgespräch und nach der Untersuchung wird der Schweregrad der Stenose ermittelt | Foto: Canva

Richtungsweisend für die Diagnose sind die geschilderten Beschwerden der Patientin oder des Patienten. Diese erhebt der behandelnde Arzt in einem ersten Gespräch.

Körperliche Untersuchung:

Im Anschluss folgt die körperliche Untersuchung, in deren Rahmen sich Schmerzen provozieren lassen. Dazu wird der Rumpf vorsichtig nach hinten gebeugt. Bessern sich die Schmerzen bei der entgegengesetzten Bewegung liefert das einen wichtigen Hinweis für die Diagnose.

Bildgebende Verfahren:

Zur Bestätigung der Diagnose Wirbelkanalverengung mit und ohne Wirbelgleiten zählen neben den konventionellen Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule auch Röntgenaufnahmen unter Vor- und Rückneigung zum Nachweis bzw. Ausschluss einer bestehenden Instabilität. Zudem wird zur Bestimmung der Weite des Wirbelkanals ein Schichtbildverfahren, entweder per Kernspintomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) durchgeführt.

"Die am häufigsten benutzte Klassifizierung der spinalen Enge erfolgt anhand der Kernspintomographie-Aufnahmen nach Schizas in die Schwergrade A für eine leichte Stenose bis D für eine schwere Stenose", so der Hamburger Arzt.

Die am häufigsten benutzte Klassifizierung der spinalen Enge erfolgt anhand der Kernspintomographie-Aufnahmen nach Schizas in die Schwergrade A für eine leichte Stenose bis D für eine schwere Stenose.

Dr. Alexander Richter ist Leitender Arzt der Wirbelsäulenchirurgie und Neurochirurgie | Helios Endo-Klinik in Hamburg

Spinalkanalstenose behandeln: diese Möglichkeiten gibt es

Ältere Frau mit Trainierin beim Sport
Durch Krankengymnastik lassen sich Muskelpartien gezielt stärken | Foto: Canva

Die Behandlung hängt vom Schweregrad der Stenose ab. Bestehen keine Symptome oder wesentliche Einschränkungen im Alltag ist eine Therapie nicht notwendig. 

Konservative Behandlung:

Bei leichten Beschwerden wird versucht die Wirbelsäule zu entlasten, die Beschwerden zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern. Eine medikamentöse Therapie mit Schmerzmitteln als auch krankengymnastische Übungen mit dem Ziel der muskulären Kräftigung sowie Aufrichtung kommen zum Einsatz. Wenn nötig, ist auch eine gezielte Schmerztherapie („Spritzen“) Teil der konservativen Therapie.

Eine kausale, also die Ursache behebende Therapie, ist allerdings ohne eine Operation nicht möglich.

Operative Behandlung:

"Zu einer operativen Therapie raten wir den Patienten, wenn starke Schmerzen und Gehbeeinträchtigungen mit Reduktion der Gehstrecke auf wenige hundert Meter zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität führen und konservative Therapiemaßnahmen zu keiner Linderung der Beschwerden führten", sagt Dr. Alexander Richter.

Druckentlastung (Dekompression):

Die alleinige Erweiterung des Spinalkanals wird heutzutage minimal-invasiv mikrochirurgisch, also unter Zuhilfenahme eines OP-Mikroskops durchgeführt – ohne die Stabilität des Bewegungssegmentes zu gefährden. Hierdurch sind die risikoarmen Operationen auch im hohen Alter möglich.

Versteifungsoperation (Spondylodese):

Nur bei einer ausgeprägten Instabilität wird neben der Druckentlastung (Dekompression) des Bewegungssegmentes eine operative Versteifung der Wirbelsäule notwendig. Dazu werden unter einer Vollnarkose vom Rücken aus die bedrängten Nervenstrukturen entlastet. Zusätzlich wird ein Schrauben-Stab-System in die entsprechenden Wirbelkörper eingebracht. Zur Stabilisierung erfolgt die Ausräumung der Bandscheibe und das Einbringen eines mit eigenem Knochen gefüllten „Korbes“. Der Knochen muss anschließend verheilen und führt zur endgültigen Stabilisierung (Versteifung) des ehemaligen Bewegungssegmentes. 

Die durchschnittliche Operationszeit beträgt für einen solchen Eingriff 150 Minuten. Auch nach dieser Operation darf der Patient sofort aufstehen. Eine Mieder- oder Korsettversorgung ist nicht notwendig, da die Stabilität des Implantates einer sofortigen Belastung standhält.

Häufiger Eingriff bei Ü-65 mit Erfolgsaussichten

Bei den über 65-Jährigen ist die operative Behandlung einer symptomatischen Spinalkanalstenose der häufigste operative Eingriff an der Wirbelsäule. Er kann auch im hohen Alter risikoarm durchgeführt werden. Die operative Druckentlastung reduziert die Schmerzen und ermöglicht den Patienten, wieder längere Gehstrecken zurückzulegen. "Die Kombination mit der Versteifungsoperation ist nach unseren Erfahrungen nur bei etwa 15 Prozent unserer Patienten notwendig", so der Leitende Arzt.

Wissenschaftliche Studien konnten zeigen, dass operierte Patienten über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren im Vergleich zu den konservativ behandelten Patienten länger profitieren.

Alltagstipps für Betroffene

Dr. Alexander Richter sagt: "Eine kausale Therapie der Spinalkanalstenose ist nicht möglich. Auch gegen die Alterungsprozesse, den wir allen unterliegen, können wir uns nicht schützen. Allerdings sollte man die Möglichkeiten der muskulären Stabilisierung nutzen, um das muskuläre Gerüst und damit die Stützung der Wirbelsäule zu erhalten beziehungsweise zu verbessern. Auch das Halten einer guten Aktivität im Alter und das Vermeiden von Übergewicht kann dazu beitragen Symptome zu lindern."