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Syphilis auf dem Vormarsch: Das sollten Sie beachten

Syphilis (Lues) ist eine sexuell übertragbare Infektionskrankheit. Sie wird vor allem bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr übertragen. Nachdem die Infektionszahlen in Deutschland in den Pandemiejahren rückläufig waren, erreichen sie seit 2022 jährlich einen neuen Höchststand. Woran Sie Syphilis erkennen und wie sie behandelt wird, lesen Sie hier.

25.06.2025 Lesedauer: - Min.
Medizinisch geprüft von Simone Bädje
Junges Pärchen vor Bett
Inhaltsverzeichnis

Was ist Syphilis?

Syphilis wird durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht. Die Krankheit wird nur von Mensch zu Mensch übertragen, wobei der häufigste Infektionsweg der Schleimhautkontakt bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr ist. In Deutschland sind am häufigsten Männer betroffen, die Sex mit Männern haben (MSM). Im Jahr 2022 entfielen bei den gemeldeten Fällen mit bekanntem Infektionsweg 85,6 Prozent auf diese Gruppe. Grundsätzlich können auch Frauen an Syphilis erkranken. 14,2 Prozent der Infektionen wurden heterosexuellem Geschlechtsverkehr zugerechnet.

Zudem ist es möglich, dass eine infizierte Mutter bei Schwangerschaft oder Geburt das Kind ansteckt. Man spricht dann von einer konnatalen Syphilis (Lues connata) beziehungsweise von einer angeborenen Syphilis.

Syphilis gehört in Deutschland zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Dem Robert Koch-Institut (RKI) wird vom Labor beziehungsweise der Arztpraxis nur die Infektion gemeldet, der Name wird nicht übermittelt. Mit Ausnahme der Pandemiejahre steigen die Infektionszahlen kontinuierlich an. 2024 wurden im RKI 9.513 Fälle registriert.

Unterschied zwischen Syphilis und Lues

Die Begriffe „Syphilis“ und „Lues“ bezeichnen dieselbe Erkrankung. Daher gibt es keinen Unterschied zwischen den Infektionen. Während das Wort „Syphilis“ einem Hirten namens Syphilus zurückgeschrieben wird, der laut Überlieferung der erste an Syphilis erkrankte Mensch gewesen sein soll, stammt das Wort „Lues“ aus dem Lateinischen. Es bedeutet „Seuche“ oder „Unheil“.

In der Alltagssprache wird meist das Wort „Syphilis“ verwendet. Im medizinischen Umfeld hingegen oft das Wort Lues. So findet sich beispielsweise im Mutterpass für Schwangere das Feld „Lues-Such-Reaktion“ (LSR). „In diesem Feld wird vermerkt, ob der freiwillige Test auf Syphilis durchgeführt wurde, nicht jedoch das Ergebnis. Liegt eine Infektion vor, wird die Schwangere entsprechend behandelt, um Folgeschäden beim ungeborenen Kind bis hin zur Totgeburt zu verhindern“, sagt Simone Bädje, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im MVZ Heiligenhaus in Nordrhein-Westfalen.

Übertragung der Syphilis

Syphilis-Erreger sind leicht übertragbar. Bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr dringen die Erreger durch kleinste Verletzungen in die orale, vaginale oder anale Schleimhaut ein. Eine Ansteckung ist auch über Blut möglich, beispielsweise beim gemeinsamen Nutzen von Spritzen beim Drogenkonsum.

Sehr selten wird die Infektion auch ohne Geschlechtsverkehr übertragen, beispielsweise wenn im Frühstadium mit nicht intakter Haut die hochansteckenden Knötchen (Papeln) berührt werden. 

Risiken bei sexuellen Kontakten

Die wichtigste Schutzmaßnahme, um eine Infektion mit Syphilis-Erregern zu vermeiden, ist die Nutzung von Kondomen beim Sex. Jedoch: Kondome können das Infektionsrisiko zwar stark senken, ein verlässlicher Schutz vor den hochansteckenden Bakterien ist aber auch durch sie nicht möglich. Folgende Maßnahmen werden daher zusätzlich empfohlen:

· Bei häufig wechselnden Sexualpartnern jährlicher Test auf Syphilis, um eine unerkannte Infektion zuverlässig mit Antibiotika zu behandeln

· Nässende Hautstellen des Partners nicht berühren

· Wurden mit den Händen nässende Hautstellen oder Geschwüre berührt, sollten die Hände gründlich gewaschen und desinfiziert werden

· Auf Oralsex beziehungsweise Küssen verzichten, wenn sich Geschwüre im Mund, am Penis, der Vagina oder am Po befinden.

· Bei Benutzung von Sexspielzeug ebenfalls Kondome benutzen

· Vor jeder Weitergabe von Sexspielzeug ein neues Kondom verwenden

MVZ DGU - Gynäkologie in Heiligenhaus

Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Liegt eine Infektion vor, wird die Schwangere entsprechend behandelt, um Folgeschäden beim ungeborenen Kind bis hin zur Totgeburt zu verhindern.

Symptome der Syphilis

Man unterscheidet bei der Syphilis drei verschiedene Stadien. Stadium I („primäre Syphilis“) und Stadium II („sekundäre Syphilis“) werden als Frühstadium bezeichnet, Stadium III („tertiäre Syphilis“) als Spätstadium. Als hochinfektiös gilt vor allem Stadium 1 der Infektion. Auch im Stadium 2 sowie in der sich anschließenden frühen symptomfreien Phase („Frühlatenz“) ist Syphilis sehr ansteckend. Obwohl das Spätstadium von einem schweren Erkrankungszustand der Patienten gekennzeichnet ist, ist die Infektionsgefahr hier deutlich geringer.

 „Bleibt die Syphilis unbehandelt, können je nach Stadium unterschiedliche Symptome auftreten. Manchmal verläuft eine Infektion auch symptomlos, meist liegen zwischen den verschiedenen Stadien auch symptomfreie Abschnitte“, sagt Simone Bädje.

Primäre Syphilis

Das früheste Symptom einer Syphilis ist ein hartes, schmerzloses Knötchen. Es bildet sich an der Körperstelle, an der die Erreger in den Körper gelangt sind. Meist ist das der Intimbereich (Penis, Hoden, Schamlippen, Vagina), der Analbereich oder die Mundhöhle. In der Regel entwickelt sich aus dem Knötchen ein flaches Geschwür, auch die Lymphknoten können anschwellen. Die Symptome klingen oft von allein wieder ab.

Sekundäre Syphilis

Das zweite Stadium beginnt rund vier bis zehn Wochen nach der Infektion. Da sich der Erreger inzwischen über die Blut- und Lymphgefäße im ganzen Körper verteilt hat, können nun verschiedene Krankheitszeichen auftreten. Möglich sind:

  • masernähnlicher Hautausschlag an Oberkörper, Händen, Füßen, der im Verlauf nässen kann  
  • angeschwollene Lymphknoten
  • Kopf- und/oder Gliederschmerzen
  • Abgeschlagenheit
  • Gewichtsverlust
  • Haarausfall

Oft werden die Krankheitszeichen im Zeitverlauf wieder schwächer. Nach rund vier Monaten sind viele wieder verschwunden. Wird die Syphilis nicht behandelt, verbleibt der Erreger jedoch im Körper und die Betroffenen sind weiterhin ansteckend

Tertiäre Syphilis

Das Spätstadium der Syphilis ist in Ländern mit guter medizinischer Versorgung heute selten geworden. Nur etwa zwei Prozent der in Deutschland gemeldeten Lues-Fälle werden der dritten Stufe zugerechnet.

Unbehandelt tritt Stadium III in der Regel drei bis fünf Jahre nach der Infektion auf. In der Zeit zwischen Stadium II und Stadium III macht sich die Infektion meist nicht bemerkbar. Diese symptomfreie Phase wird „latente Syphilis“ genannt. Vorsicht: Auch symptomfreie Personen können den Erreger weitergeben und andere infizieren.

Äußerliche Anzeichen der tertiären Syphilis sind knotenartige Geschwüre (Gummen), die sich am ganzen Körper bilden können. Sie können die Haut und auch jedes andere Organ befallen und damit sehr unterschiedliche Symptome wie beispielsweise Gewebeschäden verursachen.

Mit Antibiotika lässt sich der Erreger auch in Stadium III behandeln. Bereits vorliegende Schäden an Organen können aber nicht rückgängig gemacht werden. 

Neurosyphilis

Als Neurosyphilis oder Neurolues wird eine unbehandelte oder nicht ausgeheilte Syphilis bezeichnet, die nach Jahren oder Jahrzehnten einer beschwerdefreien Zeit auftreten kann und das Nervensystem befällt. Mögliche Folgen sind:

  • Erblindung
  • Hörverlust
  • geistiger Verfall

Eine geringe Zahl an Betroffenen ist dann von einer sogenannten progressiven Paralyse betroffen. Hierbei können rund acht bis zehn Jahre nach Infektion Demenz beziehungsweise Psychosen auftreten.

Auch die Neurosyphilis, manchmal auch als Stadium IV bezeichnet, kann mit Antibiotika behandelt werden. Vorhandene Nervenschädigungen sind jedoch nicht heilbar.

MVZ DGU - Gynäkologie in Heiligenhaus

Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Manchmal verläuft eine Infektion auch symptomlos, meist liegen zwischen den verschiedenen Stadien auch symptomfreie Abschnitte.

Diagnose der Syphilis

Die Diagnose der Syphilis erfolgt über sogenannte STI-Tests, sprich: Tests zur Erkennung von sexuell übertragbaren Infektionen (aus dem Englischen „sexually transmitted infections“). Bei Syphilis wird dafür in der Regel ein Bluttest genutzt. Die Blutprobe wird in der fachärztlichen Praxis genommen und zur Prüfung in ein Labor geschickt. Folgende Fachärztinnen und Fachärzte sind Ansprechpartner:

  • urologische Praxen: bei Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane
  • frauenärztliche (gynäkologische) Praxen: bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane
  • hautärztliche (dermatologische) Praxen: bei Haut- und Geschlechtskrankheiten

Außerdem bieten auch viele Gesundheitsämter und Aidshilfen STI-Tests an.

Tests und Verfahren zur Diagnose

Für die Diagnose der Syphilis steht die „Lues-Serologie“ zu Verfügung. Gemeint sind damit verschiedene Labor-Untersuchungen, mit denen eine Infektion mit dem Syphilis-Erreger nachgewiesen werden kann. Die Methoden sind hierbei so fein, dass auch eine ausgeheilte Syphilis erkannt wird. Daher wird zwischen einer akuten Erkrankung und der sogenannten „immunologischen Narbe“ unterschieden. 

Eingesetzt werden meist folgende Suchreaktionen:

  • VDRL-Test (Venereal Disease Research Laboratory Test)
  • TPHA-Test (Treponema-pallidum-Hamagglutinations-Assay)
  • TPPA-Test (Treponema-pallidum-Partikel-Agglutination)
  •  FTA-Abs-Test (Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorption-Test)

Die Tests weisen nicht den Erreger nach, sondern die im Blut vorhandenen Antikörper. Deswegen werden sie als indirekte Erreger-Nachweise bezeichnet.

Besteht der Verdacht auf eine Syphilis-Infektion beziehungsweise liegen Symptome vor oder gab es Kontakt zu einer infizierten Person, werden die Kosten der Lues-Serologie in der Regel von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.

Behandlung und Therapie

In Deutschland ist Syphilis gut behandel- und heilbar, vor allem wenn sie frühzeitig erkannt wird. Späte Stadien oder auch die Geburt von infizierten Babys sind hier zu Lande sehr selten.

Antibiotische Therapien

Da die Syphilis eine bakterielle Erkrankung ist, wird sie mit Antibiotika behandelt. In der Regel wird hierfür Penicillin genutzt, das in die Muskeln gespritzt wird. In der Frühphase der Infektion ist meist eine einmalige intramuskuläre Injektion des Antibiotikums ausreichend. In der Spätphase ist eine etwa zweiwöchige Behandlung nötig.

Für die Behandlung der Neurosyphilis wird ebenfalls hochdosiertes Penicillin eingesetzt.   

Jarisch-Herxheimer-Reaktion

Die Jarisch-Herxheimer-Reaktion ist die Reaktion des Immunsystems auf Gifte, die durch den Zerfall großer Erregermengen in den Organismus gelangen. Sie wurde erstmals von den Dermatologen Adolf Jarisch und Karl Herxheimer bei der Behandlung der Syphilis beschrieben, kann aber auch bei anderen bakteriellen Erkrankungen auftreten, die mit Antibiotika behandelt werden.

Die Jarisch-Herxheimer-Reaktion ist eine sehr häufige Therapienebenwirkung bei Syphilis, die circa 24 Stunden nach Beginn der Antibiotikatherapie einsetzt. Man geht davon aus, dass sie bei rund 50 Prozent der Patienten im Stadium I und rund 90 Prozent der Patienten in Stadium II auftritt. Typische Symptome sind:

  • plötzliches Fieber, auch Schüttelfrost
  • Verschlechterung der Krankheitssymptome
  • anfangs Gefäßverengung mit Blutdruckanstieg
  • später Gefäßerweiterung mit Blutdruckabfall
  • Kopf- und Gliederschmerzen
  • Müdigkeit

Alle Symptome werden als Reaktion des Körpers auf den Zerfall der Erreger angesehen – und damit als Zeichen für die Wirksamkeit der Therapie. Um der Jarisch-Herxheimer-Reaktion vorzubeugen oder schwere Fälle zu mildern, kommt Kortison zum Einsatz.

HIV und Syphilis

Eine Syphilis sollte unbedingt behandelt werden. Zum einen können die Spätfolgen der Infektion tödlich sein, zum anderen besteht im Frühstadium ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit HIV. „Grund dafür ist, dass die Geschwüre beziehungsweise Papeln die Schleimhaut durchlässiger für das HI-Virus machen“, so die Gynäkologin.

Umgekehrt schreitet eine Syphilis-Erkrankung bei HIV-positiven Personen oft schneller und schwerer voran. Zudem kann es sein, dass die Infektion trotz antibiotischer Behandlung nicht komplett ausheilt. Es wird deswegen geraten, auch nach abgeschlossener Syphilis-Therapie regelmäßig per Bluttest zu kontrollieren, dass die Infektion nicht wieder ausbricht. Wichtig: Liegt eine HIV-Infektion vor, kann der Test auf Syphilis auch negativ ausfallen, obwohl eine Ansteckung stattgefunden hat.

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