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Koronare Herzkrankheit: Das steckt dahinter

Die koronare Herzkrankheit, kurz KHK, gehört zu den häufigsten Herzerkrankungen. Sie führt zu Durchblutungsstörungen des Herzens.

20.08.2024 Lesedauer: - Min.
Medizinisch geprüft von Michael Niehaus
Auswertung EKG
Inhaltsverzeichnis

In Deutschland sind rund 5,5 Millionen Menschen von der koronaren Herzkrankheit betroffen. Prof. Dr. Michael Niehaus, Chefarzt der Medizinischen Klinik I Kardiologie und Rhythmologie im Helios Klinikum Gifhorn, erklärt, was sich hinter der Erkrankung verbirgt und welche Symptome auf sie hinweisen.

Was ist eine koronare Herzkrankheit?

„Bei der koronaren Herzerkrankung handelt es sich um eine schwerwiegende Erkrankung des Herzens, die zu Durchblutungsstörungen des Herzmuskels führt“, so der Chefarzt. Bei der KHK liegt eine Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) in den Herzkranzgefäßen (Koronararterien) vor, wodurch diese verengt werden.

„Herzkranzgefäße sind Arterien, die das Herz mit sauerstoff- und nährstoffreichem Blut versorgen. Sie ziehen sich kranzförmig um das Herz“, sagt Prof. Niehaus.

Mit zunehmenden Alter steigt das Risiko für Arteriosklerose und damit einhergehend auch das Risiko einer koronaren Herzerkrankung. Männer sind häufiger und früher betroffen, oft ab dem 45. Lebensjahr.

Frauen sind durch das weibliche Sexualhormon Östrogen zunächst besser geschützt. Nach der Menopause wird dieser Schutz schwächer, sodass Frauen oft erst nach dem 55. Lebensjahr an der koronaren Herzkrankheit erkranken. 

Die koronare Herzkrankheit ist vor allem in westlichen Ländern weit verbreitet und stellt dort die häufigste Todesursache dar. Das Tückische: eine KHK kann lange Zeit symptomlos verlaufen. Treten dann die Beschwerden der Angina Pectoris (Brustenge) erstmals in Ruhe oder intensiver als zuvor auf, hat sich das Risiko eines Herzinfarktes deutlich erhöht.

Helios Klinikum Gifhorn

Chefarzt

Bei der koronaren Herzerkrankung handelt es sich um eine schwerwiegende Erkrankung des Herzens, die zu Durchblutungsstörungen des Herzmuskels führt.

Wie entsteht eine koronare Herzerkrankung?

Ursächlich für eine KHK ist die Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) der Herzkranzgefäße. Sie entsteht vor allem durch erhöhte Blutfette – insbesondere Cholesterinkristalle – und Entzündungszellen, die sich in den Innenwänden der Blutgefäße ablagern. Dies führt zu einer chronischen Entzündung, welche überschüssiges Bindegewebe bildet.

Für den Blutstrom in der Arterie bleibt immer weniger Platz und das Risiko, dass die Innenwand reißt, erhöht sich. Kommt es zum Riss der Innenwand, bildet sich ein Gerinnsel, das den Blutfluss stoppt und einen Herzinfarkt auslöst – die gefährliche Komplikation der Koronaren Herzkrankheit.

Symptome einer KHK

Die Beschwerden einer Koronaren Herzkrankheit können sehr unterschiedlich ausfallen. Liegt nur eine leichte bis mäßige Verengung der Herzkranzgefäße vor, sind die Patienten fast immer beschwerdefrei.

Das Leitsymptom der koronaren Herzkrankheit ist die Angina Pectoris. Diese beschreibt ein Engegefühl in der Brust.

Zu weiteren typischen Beschwerden zählen anfallsartig auftretende brennende, drückende oder reißende Schmerzen in der Herzgegend. Neben einem Gefühl der Enge im Brustkorb, können die Schmerzen auch in den Rücken, die Oberarme und vor allem bei Frauen auch in Schulter-Nacken, Oberbauch und den Kiefer ausstrahlen.

Zu den Angina Pectoris-Beschwerden kommen nicht selten vegetative Symptome wie: 

  • Schweißausbrüche
  • Übelkeit
  • Schwindel
  • Kurzatmigkeit bis Luftnot
  • Unruhe bis hin zu Todesangst

Während es im Anfangsstadium nur unter starker und längerer Belastung zur Angina Pectoris kommt, können die Beschwerden mit fortschreitender Erkrankung bereits beim normalen Gehen oder Treppensteigen auftreten. Von einer "stabilen Angina Pectoris" spricht man, wenn die Beschwerden unter ähnlichen Belastungen wiederkehrend sind.

Ursachen und Risikofaktoren einer koronaren Herzkrankheit

  • krankhafte Ablagerungen in den Wänden der Herzkranzgefäße: Die Herzkranzgefäße verengen sich durch Ablagerungen zunehmend.
  • Erbliche Veranlagung: Wenn Mutter, Vater oder Geschwister in jungen Jahren einen Herzinfarkt erlitten haben, ist das eigene Risiko für eine KHK deutlich erhöht.
  • Rauchen: Stoffe aus dem Tabakrauch fördern Ablagerungen in den Gefäßen
  • Diabetes: Insbesondere der juvenile Diabetes kann selbst bei gut eingestellten Blutzuckerwerten die Blutgefäße und damit auch die Koronararterien (Herzkranzgefäße) schädigen.
  • Erhöhte Blutfette: Vor allem hohes LDL-Cholesterin und stark erhöhte Triglyceride fördern die Ablagerung in den Gefäßen.
  • Übergewicht (Adipositas): Oft sind Blutfette und Blutzucker bei übergewichtigen Menschen erhöht; zudem werden im Bauchfett Entzündungsbotenstoffe gebildet, die Gefäßwände schädigen.
  • Bluthochdruck: schädigt direkt die Gefäßwände.
  • Bewegungsmangel: erhöht den Blutdruck, verschlechtert die Blutfettwerte und senkt die Insulinempfindlichkeit der Muskelzellen

"Fast immer ist es nicht nur ein Faktor, der für das Entstehen einer KHK verantwortlich ist. Oft sind es mehrere Faktoren, die sich in ihrer schädigenden Wirkung zudem vervielfachen", so der Chefarzt.

KHK Diagnose: diese Untersuchungen finden statt

Anamnese

Die Erhebung einer genauen Anamnese ist im Rahmen der Diagnostik sehr wichtig. Dazu klärt der Kardiologe oder die Kardiologin mit der Patientin oder dem Patienten unter anderem:

  • Wann die Schmerzen normalerweise auftreten?
  • Welche Begleitsymptome vorliegen?
  • Ob es Begleiterkrankungen gibt?
  • Ob geraucht wird?
  • Ob Herzerkrankungen in der Familie bekannt sind?

Körperliche Untersuchung

Im Rahmen der körperlichen Untersuchung werden unter anderem der Bauchumfang und der Blutdruck gemessen. Zudem erfolgt eine Blutentnahme zur Bestimmung verschiedener Werte wie Blutzucker, Langzeit-Blutzucker, Blutfette und Nierenwerte.

Um das Risiko für das Vorliegen einer Koronaren Herzkrankheit festzustellen, finden weitere Untersuchungen statt. Dazu zählen etwa:

  • Ruhe-EKG: Erfasst die elektrischen Aktivitäten des Herzmuskels und kann darüber Aufschluss geben, ob die aufgetretenen Brustschmerzen auf einen akuten Herzinfarkt oder eine Durchblutungsstörung zurückzuführen sind. Ebenso sind Herzrhythmusstörungen erkennbar.
  • Herz-Echo (Herz-Ultraschall) in Ruhe: Bildgebendes Verfahren, das es ermöglicht, die Größe, Struktur und Funktion der Herzkammern zu beurteilen und Bewegungsstörungen der Herzwand als Hinweis auf eine KHK zu erkennen.

Belastungsuntersuchungen

Belastungsuntersuchungen können ebenfalls im Rahmen der Untersuchungen eingesetzt werden, da vor allem in den Frühstadien krankhafte Veränderungen erst unter Belastung sichtbar sind. Dazu zählen:

  • Belastungs-EKG: Die elektrischen Potenziale des Herzens werden während körperlicher Anstrengung auf einem Fahrradergometer aufgezeichnet und geben Aufschluss über mögliche Schädigungen des Herzens.
  • Stress-Echokardiographie: Kann direkte Hinweise auf eine gestörte Durchblutung der Herzkranzgefäße geben.
  • Nuklearmedizinische Untersuchung (Myokardszintigraphie): Isotop in Armvene injiziert, um die Durchblutung in den Herzmuskelzellen zu sehen. Ist ein Herzmuskelareal unter körperlicher Belastung nicht ausreichend mit Blut versorgt, kommt es in diesem Bereich auch nicht zur Aufnahme des Isotops.
  • Stress-MRT (Kernspintomographie): Dient der Unterscheidung zwischen anderen Herzerkrankungen und einer KHK. Beim Stress-MRT erhalten die Patienten ein Medikament, das die Blutgefäße erweitert. Auch ein Kontrastmittel wird verabreicht. Wenn die Koronararterie in der Untersuchung nur schwach auf das Medikament reagiert, ist dies ein Hinweis auf eine Verengung.

Mögliche Folgen der Koronaren Herzkrankheit

Herzinfarkt: Verschließt sich eine Koronararterie plötzlich, wird der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und beginnt abzusterben. Er stellt immer ein akut lebensbedrohliches Ereignis dar, weil unabhängig von der Ausdehnung des Infarktareals das Risiko für das Auftreten von bösartigen Herzrhythmusstörungen durch den Infarkt stark erhöht ist.

Herzinsuffizienz: Tritt vor allem als Folge eines Herzinfarktes auf, da der durch den Infarkt zugrunde gegangene Herzmuskel durch Bindegewebe ersetzt wird und nicht mehr mitarbeiten kann. Dadurch nimmt die Pumpleistung ab.

Plötzlicher Herztod: Eine unerkannte KHK findet sich oft bei Menschen, die an einem plötzlichen Herztod verstorben sind.

KHK Therapie

Prof. Dr. Michael Niehaus: "Die Behandlung einer Koronaren Herzkrankheit setzt sich aus mehreren Maßnahmen zusammen. Das umfasst etwa einen angepassten Lebensstil, Medikamente und möglicherweise auch invasive Eingriffe."

Am wichtigsten ist es, den Lebensstil anpassen: Rauchen einstellen, Gewicht reduzieren, regelmäßige, moderate sportliche Bewegung, Stress vermeiden.

Medikamente gegen Begleiterkrankungen: Hemmung der Aggregation von Blutplättchen, Cholesterinsenker, Beta-Blocker, ACE-Hemmer, ggf. Nitrate. Diese müssen nach Absprache eingenommen und dürfen nicht eigenmächtig abgesetzt werden. Mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (Potenzmittel) müssen mit dem Arzt besprochen werden.

Invasive Maßnahmen: Mittels Herzkatheter-Untersuchung können Engstellen identifiziert werden. Die Untersuchung wird mittlerweile fast immer vom Handgelenk aus durchgeführt, manchmal auch von der Leiste. Dazu führt der Kardiologe einen dünnen Schlauch, den Katheter zu den Herzkranzgefäßen und stellt diese mit Kontrastmittel dar.

Behandlungsbedürftige Einengungen können im Rahmen der Untersuchung meist direkt behandelt werden. Dazu wird die Engstelle zunächst mit einem kleinen Ballon erweitert. Anschließend wird ein Stent gesetzt. In bestimmten Fällen muss zur Sicherung der Herzdurchblutung eine Bypass-Operation durch den Herzchirurgen erfolgen.

Die kleinen Gefäßbrücken, die während der Bypass-Operation eingesetzt werden, führen das Blut an der Engstelle der Herzkranzgefäße vorbei. So wird der Blutfluss weiterhin sichergestellt und der Herzmuskel erhält wieder ausreichend Blut und Sauerstoff.  

Krankheitsverkauf und Prognose der KHK

Je früher die KHK erkannt wird, desto effektiver lassen sich oft Verschlimmerungen mit entsprechenden Therapien behandeln und aufhalten. Ziel ist es immer, einen Herzinfarkt zu verhindern.

Da die Nebenwirkungsrate bei den Medikamenten eher niedrig ist, können gut betreute KHK-Patientinnen und Patienten ihrem Alltag ohne Einschränkungen nachgehen.

Allerdings ist die KHK nicht heilbar. Daher ist es umso wichtiger, dass die Patienten selbst ihren Lebensstil aktiv und nachhaltig ändern.

Fazit: Die 5 wichtigsten Fakten zur KHK

Koronare Herzkrankheit (KHK): Bei einer KHK verengen Ablagerungen die Herzkranzgefäße. Dadurch bekommt der Herzmuskel zu wenig Blut – lange Zeit oft, ohne dass Betroffene Beschwerden haben. Männer sind meist früher betroffen (im Schnitt ab 45 Jahren) als Frauen (im Schnitt ab 55 Jahren, nach der Menopause).

Typische Anzeichen: Brustenge (Angina Pectoris) mit brennenden, drückenden Schmerzen, die z. B. in Rücken und Arme ausstrahlen können; bei Frauen auch in Schulter-Nacken, Oberbauch und Kiefer. Dazu kommen häufig: Schweißausbrüche, Übelkeit, Schwindel, Kurzatmigkeit, Unruhe.

Risikofaktoren: Begünstigende Faktoren für die Entstehung einer KHK sind die familiäre Vorbelastung, Rauchen, Diabetes, erhöhte Blutfette, Übergewicht, Bluthochdruck und Bewegungsmangel. Meist wirken mehrere Faktoren zusammen.

Akut versus chronisch: Treten plötzlich neue oder stärkere Beschwerden auf, ist das ein Notfall (Gefahr: Herzinfarkt). Bei einer chronischen KHK bestehen die Beschwerden unter Belastung, werden in Ruhe jedoch besser. Mögliche schwerwiegende Folgen sind Herzschwäche, Herzinfarkt, plötzlicher Herztod.

Behandlung: Wichtig ist, den Lebensstil anzupassen (Rauchstopp, Normalgewicht erreichen, regelmäßige Bewegung, Stressmanagement), Medikamente entsprechend der ärztlichen Verordnung konsequent einzunehmen (z. B. Cholesterinsenker, Betablocker, ACE-Hemmer). Gegebenenfalls ist ein Eingriff per Herzkatheter (Stent, Bypass) nötig.

 

FAQ: Die wichtigsten Fragen und Antworten zu koronaren Herzkrankheiten

Kann sich KHK auch ohne klassische Verengungen zeigen?

Ja, eine koronare Herzerkrankung kann sich auch ohne klassische Verengung der Herzkranzgefäße zeigen, zum Beispiel in Form der sogenannten INOCA. Die Buchstaben stehen für „Ischemia with No Obstructive Coronary Arteries“ (deutsch: Ischämie ohne obstruktive Koronararterien). Gemeint ist eine Funktionsstörung des Herzens, ohne dass eine durch Ablagerung bedingte Verengung der Gefäße vorliegt.

Wie groß ist mein persönliches Risiko? Gibt es Risikorechner?

Die Deutsche Herzstiftung bietet auf ihrer Webseite einen Risikorechner zur Bestimmung des Herzinfarkt- beziehungsweise Schlaganfallrisikos an. Das Ergebnis kann eine erste Einschätzung Ihres individuellen Risikos liefern.

Welche Rolle spielt Lipoprotein a?

Lipoprotein a ist ein Risikofaktor für die Koronare Herzkrankheit sowie für den Schlaganfall. Ein zu hoher Lipoprotein a Wert ist fast immer genetisch bedingt und kann nicht durch Lebensstilveränderungen gesenkt werden.

Auch ohne das Auftreten weiterer Risikofaktoren erhöht ein zu hoher Lipoprotein a Spiegel das individuelle Risiko für eine KHK, einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall stark. Es schädigt Gefäße und erhöht die Neigung zur Blutgerinnselbildung (Thrombose). 

Empfohlen wird eine einmalige Messung des Lipoprotein a Wertes im Erwachsenenalter.

Ab wann und wie oft sollte ich meine Blutfettwerte kontrollieren lassen?  

  • Gesunde Erwachsene ohne Vorerkrankungen und familiär gehäufte Herzinfarkte oder Schlaganfälle: einmaliger Check im Alter zwischen 18 und 34 Jahren, danach Kontrolle alle 5 Jahre, wenn alle Werte normal sind.
  • Ab 35 Jahren: aller drei Jahre im Rahmen des Check-up 35 (wird von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt)
  • Ab 45 Jahren (Männer) beziehungsweise ab 55 Jahren (Frauen): Kontrolle alle zwei bis drei Jahre
  • Bei Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, familiäre Vorbelastung: jährliche Kontrolle der Blutfettwerte
  • Kinder mit familiärer Vorbelastung (familiäre Hypercholesterinämie) sollten im Alter von 5 Jahren das erste Mal getestet werden.

Welche Blutdruckwerte sollte ich bei einer KHK anstreben und wie oft zu Hause messen? 

KHK-Patientinnen und Patienten sollten einen Blutdruck erreichen, der dauerhaft unter 130/80 mmHg liegt.

Es wird empfohlen, einmal im Monat sieben Tage hintereinander jeweils morgens und abends den Blutdruck zu messen.

Ein hoher Blutdruck erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich eine Koronare Herzerkrankung verschlimmert oder sich schwerwiegende Komplikationen wie ein Herzinfarkt einstellen.

Lässt sich eine KHK durch Medikamente und eine Lebensstiländerung zurückbilden oder nur stabilisieren?

Eine Koronare Herzkrankheit ist nicht heilbar. Mit einer Lebensstiländerung und wenn nötig Medikamenten lässt sich jedoch der Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen: Das Fortschreiten der KHK kann im besten Fall verlangsamt oder sogar gestoppt werden.

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