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Behandlung einer Schlucksynkope – ein Erfahrungsbericht

Die 29-Jährige Leyla Busin leidet unter einer Schlucksynkope. Sobald sie trockene oder harte Nahrung herunterschluckt, bekommt sie Kreislaufprobleme und ist einer Ohnmacht nahe. Lesen Sie hier ihre Erfahrung mit der seltenen Krankheit.

05. August 2021

Schluckprobleme seit der Kindheit

Seit Leyla denken kann, leidet sie unter Schluckproblemen. „Als Kind dachte ich, dass sei völlig normal, deshalb habe ich nie mit jemandem darüber gesprochen,“ erinnert sich die gebürtige Moerserin. Mit den Jahren nehmen die Beschwerden jedoch zu: Drückt die Nahrung zu sehr in der Speiseröhre, leidet sie unter Schwindel und Ohnmachtsgefühlen, fällt sogar vom Stuhl. Allein zu essen, traut sie sich bald nicht mehr und hat zu jeder Mahlzeit immer ein Glas Wasser zum Herunterspülen griffbereit.

„Ich war bei mehreren Ärzten, meine Speiseröhre wurde untersucht, eine Magenspiegelung durchgeführt, doch die Ursache wurde nicht gefunden.“ Bis ihre Hausärztin Ende letzten Jahres ein Langzeit-EKG (Elektrokardiogramm) veranlasste. Darauf war eindeutig zu sehen, dass das Herz der Patientin während der Nahrungsaufnahme für mehrere Sekunden aussetzte.

Die Ursache? Eine Blockade, hervorgerufen durch fehlgeleitete Nervenverbindungen zwischen Speiseröhre und Herz – ein extrem seltenes Krankheitsbild. 

 

Lebensbedrohlicher Zustand

Für die damals 28-Jährige ein Schock: „Ich war fit, habe als Trainerin gearbeitet und nun sollte ich einen Herzschrittmacher bekommen? Ich war fassungslos“, erinnert sich Leyla.

Doch die behandelnden Kardiolog:innen im Helios Klinikum Krefeld erklärten ihr ausführlich, warum ihr Zustand lebensbedrohlich war. Schon bei geringen Beschwerden setzte das Herz über fünf Sekunden aus. Die Mediziner:innen gingen daher davon aus, dass bei stärkeren Beschwerden das Herz noch länger aussetzen würde. Schlägt das Herz länger als 15 Sekunden nicht, kann es zu einer Unterversorgung kommen. Die Folge: gefährliche Rhythmusstörungen, etwa Kammerflimmern.

Ende 2020 wird ihr dann erfolgreich der Herzschrittmacher implantiert. Doch beschwerdefrei ist die junge Frau nicht. Nach der Operation leidet sie unter Schmerzen in der Brust, bekommt einen Ausschlag am ganzen Körper. Ein Allergietest gibt Gewissheit: Leyla reagiert auf Bestandteile des Schrittmachers allergisch. Der Herzschrittmacher muss wieder entfernt werden. Die alten Beschwerden der Schlucksynkope ließen nicht lange auf sich warten. Infrage kam noch ein Verödungsverfahren – allerdings wurde diese Methode bis zu jenem Zeitpunkt noch nie bei Menschen mit Schlucksynkopen angewandt.

„Fehlschaltung" beheben

Bei der sogenannten Kardioneuroablation werden mithilfe eines Katheters die betroffenen Nervenendigungen am Herzen, die zu einer Blockade des Herzens führen, verödet. Bislang wurde diese Methode weltweit nur einmal bei einem Patienten durchgeführt, dessen „Fehlschaltung“ im Bereich des Sinusknotens lag, dem primären natürlichen Schrittmacher des Herzens. Bei Leyla Busin hingegen lag die „Fehlschaltung“ im Bereich des AV-Knotens, der elektrischen Verbindung zwischen den Vorhöfen und den beiden Kammern. Dieser sogenannte Atrioventrikularknoten empfängt die elektrischen Impulse, die vom Sinusknoten über die Vorhofmuskulatur ankommen.

Ein Eingriff, der diese Blockierungen im Rahmen einer Schlucksynkope aufhebt, war bisher medizinisch nicht beschrieben und unklar. Die Verödung erfolgte sowohl im linken als auch im rechten Vorhof und ist damit der weltweit erste Eingriff bei Schlucksynkope mit Blockierungen des Herzens am AV-Knoten.

 

Vertrauen ins Operations-Team

Nach einem umfassenden Gespräch mit dem behandelnden Arzt entschied sich die junge Frau für den Eingriff. „Ich hatte vollstes Vertrauen in das Team“, so die Patientin. Insgesamt anderthalb Stunden dauerte der Eingriff. Dabei wurde über einen Leistenzugang ein spezieller Katheter mit 25 Elektroden bis zum Herzen geführt.

Die große Herausforderung bestand darin, die Nerven aufzuspüren, die für die Blockade des Herzmuskels verantwortlich sind. Das ist dem OP-Team gelungen. Anschießend verödete der Elektrophysiologe diese Stellen mit dem Katheter. Damit wurde der Kreis der Falschmeldung unterbrochen.

 

Erfolg auf ganzer Linie

Noch am selben Abend versammelt sich Leylas OP-Team um ihr Bett. Angeschlossen an ein EKG beginnt Leyla ein hartgekochtes Ei zu essen, eines der Lebensmittel, die bislang starke Probleme verursachte. „Ich glaube, mir haben noch nie so viele Leute beim Essen zugeschaut“, erzählt sie lachend. „Es war mucksmäuschenstill im Zimmer.“ Und während sie isst, tut ihr Herz seinen Job: Es schlägt, ganz ohne Aussetzer. 

 

Großer medizinischer Erfolg

Inzwischen steht das OP-Team mit Professor:innen der renommierten Harvard Universität in den USA in Kontakt. Die Helios-Mediziner:innen hoffen, dass die weltweit erste Neurokardioablation an Schlucksynkopen-Patient:innen mit einer AV-Blockierung bald auch in die Leitlinien integriert wird.

Vier Monate später: Leyla Busin ist völlig beschwerdefrei. Die Fitnesstrainerin kann ihr Leben und das Essen wieder genießen – ganz ohne Aussetzer oder Herzschrittmacher.

 

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