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Körperdysmorphe Störung: Symptome und Behandlung

Jeder Mensch hat mal etwas an seinem Aussehen auszusetzen – das ist normal. Aber was ist, wenn sich die Gedanken nur noch um den optischen „Makel" drehen und dieser den gesamten Alltag bestimmt? Dann kann es sich um eine körperdysmorphe Störung (KDS) handeln.

23.06.2025 Lesedauer: - Min.
Medizinisch geprüft von Deborah Janowitz
鏡で肌をチェックする白い服の若い女性
Inhaltsverzeichnis

Was ist eine körperdysmorphe Störung?

Von einer körperdysmorphen Störung spricht man in der Psychologie, wenn die eigene Körperwahrnehmung verzerrt ist. Betroffene nehmen ihr Erscheinungsbild anders wahr als Außenstehende und konzentrieren sich intensiv und übermäßig auf einen oder mehrere vermeintliche „Makel“ ihres Aussehens. Sie fühlen sich dadurch entstellt oder hässlich. Dieses Verhalten hat aber nichts mit einer übertriebenen Eitelkeit zu tun, sondern stellt eine psychische Erkrankung dar.

Unbehandelt kann eine KDS ernste Folgen haben. Der Leidensdruck von Betroffenen ist oft so stark, dass ihre Gedanken nur noch um die Makel kreisen und sie sich immer mehr isolieren. Einige entwickeln schwere Depressionen und im schlimmsten Fall sogar Suizidgedanken.

Frauen und Männer erkranken ungefähr gleich häufig an einer körperdysmorphen Störung. Unter Teenagern und jungen Erwachsenen tritt die KDS zwar am häufigsten auf, prinzipiell können jedoch Menschen jeden Alters betroffen sein. Was viele Erkrankte nicht wissen: eine KDS ist behandelbar.

Was sind Anzeichen und Symptome einer KDS?

Die Symptome einer KDS können sich allmählich oder schlagartig entwickeln und sind in der Intensität verschieden. Menschen mit einer verzerrten Körperwahrnehmung

  • beschäftigen sich mehrere Stunden am Tag mit ihrem für sie fehlerhaften Körper und denken über diesen nach
  • überprüfen mehrfach täglich ihr Aussehen im Spiegel oder vermeiden den Blick in den Spiegel komplett
  • passen ihr äußeres Erscheinungsbild regelmäßig an
  • fühlen sich unwohl, wenn andere sie ansehen oder sie glauben, angestarrt zu werden
  • empfinden ihrem Körper gegenüber Scham und Ekel
  • reden über sich selbst und ihren Körper mit negativen Begriffen, wie „hässlich“ oder „unattraktiv“
  • vermeiden soziale Situationen, in denen ihre Makel auffallen könnten
  • nehmen Schönheitsbehandlungen wahr und empfinden danach dennoch Unzufriedenheit

Welche Körperbereiche sind häufig betroffen?

Prinzipiell kann jedes Körperteil bei einer KDS betroffen sein. Vermehrt drehen sich die Gedanken von Betroffenen um folgende Körperregionen:

  • (unreine) Haut
  • Nase
  • Haare
  • Kiefer
  • Zähne
  • Figur
  • Muskeln
  • Bauch

Gut zu wissen: Die Muskeldysmorphophobie beschreibt eine gestörte Wahrnehmung der Muskeln. Vorwiegend Männer sind davon betroffen. Sie beschäftigen sich übermäßig mit dem Gefühl, dass sie nicht muskulös genug sind. Dadurch kann das Muskelaufbautraining schnell krankhafte Züge annehmen kann.

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Ursachen und Risikofaktoren einer KDS

Abschließend wissenschaftlich geklärt sind die Ursachen einer KDS noch nicht. Dennoch gibt es eine Vielzahl an auslösenden Faktoren, welche die Erkrankung begünstigen können. Sie lassen sich grob in psychologische, genetische sowie äußere Einflüsse einteilen.

Psychologisch:

Negative Erfahrungen aus der Kindheit können zu einem gestörten Selbstbild führen, etwa durch Kritik, Zurückweisung oder Hänseleien. Aber auch eine zu behütete Kindheit kann sich negativ auswirken, wenn nicht erlernt wurde, wie man Konflikte löst.

Genetisch:

Eine Störung des Serotoningleichgewichts wird in der Fachgesellschaft ebenfalls diskutiert. So gibt es Therapieerfolge mit sogenannten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, die darauf Rückschlüsse ziehen lassen, dass eine Störung ursächlich sein könnte.

Einfluss der sozialen Medien:

Soziale Medien erhöhen den Druck und machen Vergleiche mit vermeintlich „perfekten" Menschen einfacher. Die vermittelten Schönheitsideale und Verzerrungen der Realität durch Beautyfilter können eine körperdysmorphe Störung auslösen. Die sozialen Medien allein sind meist nicht ausschlaggebend, können aber als Verstärker wirken, wenn jemand beispielsweise ein geringes Selbstwertgefühl hat.

Wie wird die körperdysmorphe Störung diagnostiziert?

Die Diagnose einer KDS findet anhand psychiatrischer Diagnosekriterien statt. Fachärztinnen und Fachärzte gehen von einer körperdysmorphen Störung aus, wenn folgende Punkte zutreffen. Betroffene

  • beschäftigen sich mit einem oder mehreren Makeln im Erscheinungsbild, die für Außenstehende unbedeutend oder nicht erkennbar sind
  • zeigen wiederholt übertriebene Verhaltensweisen, etwa prüfende Blicke im Spiegel oder Vergleiche mit anderen
  • fühlen sich immer weniger dazu in der Lage, normalen Alltagsaktivitäten nachzugehen, etwa Treffen mit Familie und Freunden oder der Arbeit und isolieren sich immer mehr

Leider nehmen viele Betroffene eine Therapie erst spät wahr, da sie zunächst versuchen, den optischen Makel durch einen Besuch in der dermatologischen Praxis oder durch plastische Chirurgie beheben zu können. Im ersten Schritt wird daher oftmals nicht das eigentliche Problem behoben und die körperdysmorphe Störung bleibt unbehandelt.

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Welche Begleiterkrankungen können bei einer KDS auftreten?

Eine KDS ähnelt anderen psychischen Erkrankungen, sodass die richtige Hauptdiagnose wichtig für die Wahl der Therapie ist. Sie kann zur sozialen Isolation führen und auch mit Begleiterkrankungen, sogenannten Komorbiditäten, einhergehen. Darunter sind:

Die Erkrankungen können so schwer sein, dass es auch ein erhöhtes Suizidrisiko geben kann

Wie wird eine körperdysmorphen Störung behandelt?

Eine Körperbildstörung ist behandelbar. Wer bei sich selbst oder anderen den Verdacht hegt, sollte daher immer ärztlichen Rat einholen. Denn ohne Behandlung verläuft die KDS meist chronisch. Je nach Ausprägungsgrad der psychischen Erkrankung können verschiedene Maßnahmen helfen.

Die wichtigste Behandlungsmethode ist die Psychotherapie (zum Beispiel die kognitive Verhaltenstherapie). In dieser lernen Patientinnen und Patienten

  • negative Gedanken wie Selbstabwertung rund um ihr Aussehen zu hinterfragen,
  • Selbstwertregulation über andere Themen als Äußerlichkeiten
  • sich weniger mit ihrem äußeren Erscheinungsbild und dem Makel zu beschäftigen,
  • ihren Körper zu akzeptieren oder weniger zu bewerten und den Blick auf sich selbst neu auszurichten,
  • sich weniger sozial zu isolieren.

In Körperbildtherapien können verschiedene Übungen genutzt werden, um wieder langsam den Blick auf sich zu ermöglichen. Dazu wird oftmals auch die sogenannte "Spiegelkonfrontation" genutzt. Bei dieser Methode setzen sich Betroffene unter therapeutischer Anleitung mit ihrem Körper im Spiegel auseinander.

In besonders schweren Fällen kann zusätzlich eine medikamentöse Behandlung notwendig sein. Wenn als Begleiterkrankung eine Depression auftritt, können Patienten beispielsweise Antidepressiva verordnet bekommen.

Von einer kosmetischen Behandlung raten Fachexpertinnen und -experten ab. Durch sie erhöht sich das Risiko, dass die Unzufriedenheit bei Betroffenen nach dem Eingriff noch größer ist.

Wichtig ist, die psychische Erkrankung ernst zu nehmen, denn die Betroffenen empfinden sich selbst und das eigene Spiegelbild anders als ihr Umfeld. Je früher sie professionelle Hilfe erhalten, desto eher können Betroffene wieder unbefangen in den Spiegel blicken und sich wahrnehmen.

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Deborah Janowitz
Chefärztin Erwachsenenpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin