Was ist die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie?
Die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie ist die häufigste Ursache für plötzlich auftretendes Herzrasen. Typisch für die AVNRT ist ein abrupt einsetzender und ebenso plötzlich endender schneller Puls.
"Eine AVNRT entsteht durch eine kreisende elektrische Erregung im Bereich des AV-Knotens, wobei eine zusätzliche elektrische Leitungsstruktur, der sogenannte slow pathway, den Erregungskreis schließt und die Tachykardie auslöst", erklärt PD Dr. Dong-In Shin, Chefarzt der Medizinischen Klinik I für Kardiologie am Helios Klinikum Krefeld. "Man kann sich die AVNRT wie einen Kreisverkehr vorstellen, in dem der elektrische Impuls sich kreisend bewegt. Dieses Verhalten führt zu einer deutlichen Beschleunigung des Herzschlags."
Laut Deutscher Herzstiftung ist die AVNRT eine typisch weibliche Herzrhythmusstörung. Rund zwei Drittel aller Betroffenen sind weiblich.
Was ist der AV-Knoten?
Der AV-Knoten (Atrioventrikularknoten) ist das sekundäre Schrittmacherzentrum des Herzens. Er empfängt elektrische Impulse von den Vorhöfen, verzögert diese und leitet sie zu den Herzkammern weiter. Die Impulse geben dem Herz das Signal, sich in der richtigen Reihenfolgen zusammenzuziehen und Blut zu pumpen.
Der AV-Knoten ist die leitende Verbindung zwischen den Vorhöfen und den Herzkammern. Er stellt sicher, dass sie sich nicht gleichzeitig, sondern kurz hintereinander zusammenziehen.
Was sind Ursachen einer AVNRT?
In den meisten Fällen ist die AVNRT auf eine angeborene Veränderung (Anomalie) im AV-Knoten zurückzuführen. Die Anomalie verursacht eine kreisende elektrische Erregung und damit Herzrasen.
Zudem gibt es Hinweise auf eine genetische Veranlagung und familiäre Häufung.
Selten kann eine AV-Knoten-Reentry-Tachykardie durch erworbene Herzkrankheiten oder strukturelle Veränderungen im Herzen begünstigt werden und dann im späteren Lebensalter auftreten.
Was sind mögliche auslösende Faktoren von plötzlichem Herzrasen?
- Stress
- Schlafmangel
- Flüssigkeitsmangel
- zu viel Koffein oder Alkohol
Oft treten die Anfälle jedoch ohne erkennbaren Auslöser auf.
Was sind Symptome einer AVNRT?
- plötzliches Herzrasen (über 200 Schläge pro Minute)
- starkes Herzklopfen
- Schwindel oder Ohnmacht
- unangenehmes Pochen im Halsbereich
- Kurzatmigkeit
- Unruhe/Angst
PD Dr. Dong-In Shin: „Für die AVNRT typisch ist die plötzliche Start-Stopp-Charakteristik. Da die Beschwerden jedoch auch auf andere Herzkrankheiten hinweisen können, ist eine ärztliche Abklärung wichtig.“
Diagnose der AVNRT: Wie erfolgt die Untersuchung?
Eine AVNRT zu diagnostizieren ist nicht immer einfach, da die Herzrhythmusstörung meist ohne Vorwarnung auftritt und nicht dauerhaft vorliegt.
Um sie richtig zu dokumentieren und zu erfassen, sind folgende Untersuchungen nötig:
- Elektrokardiogramm (EKG): Kann bei plötzlichen Anfall beweisend sein, jedoch ist es oft vollkommen unauffällig.
- Langzeit-EKG oder eine telemetrische Überwachung: Helfen plötzliche Anfälle über einen längeren Zeitraum zu dokumentieren.
- Smartwatch: Sogenannte Wearable können Herzrhythmusstörungen erkennen und erste Hinweise liefern.
- Elektrophysiologische Untersuchung (EPU): Einzige Möglichkeit, die Art der Herzrhythmusstörung eindeutig zu bestimmen.
Behandlung einer AVNRT mit EPU und Ablation
Die Elektrophysiologischen Untersuchung erfolgt unter lokaler Betäubung und leichter intravenöser Sedierung. Sie befinden sich in einem Dämmerzustand. Während der EPU lässt sich durch eine elektrische Impulsabgabe die zusätzliche Leitungsstruktur identifizieren und die Herzrhythmusstörung gezielt auslösen, um diese zu bestätigen. In seltenen Fällen lässt sich zwar die Herzrhythmusstörung nicht auslösen, aber die elektrische Zusatzstruktur identifizieren.
"Für die Untersuchung werden neben den Ablationskatheter zwei diagnostische Elektrodenkatheter benötigt. Diese werden meist über die rechte Leistenvene bis zum Herzen eingeführt. Mittels einer Ablationstherapie veröden wir die zusätzlichen Leitungsbahnen", erklärt PD Dr. Dong-In Shin. Der Ablationserfolg liegt bei weit über 90 Prozent. Danach tritt die Rhythmusstörung nicht mehr auf.
Nach der Behandlung erhalten Sie einen Druckverband, der für einige Stunden um die Leiste angelegt wird. Sie kommen wieder auf die Station, wo Ihr Herzschlag mit einem Fernüberwachungsgerät bis zum nächsten Tag überwacht wird.
Gut zu wissen:
Medikamente mit dem Wirkstoff Adenosin oder AV-Knoten-blockierende Wirkstoffe können einen Anfall beenden. Sie werden meist zur Überbrückung bis zur Ablation genutzt, sind aber keine Dauerlösung.
Worauf sollte ich bei der Nachsorge achten?
Schonen Sie die Leiste nach der Behandlung noch für weitere drei Tage. Um Nachblutungen aus der Leiste zu verhindern, sollten Sie in dieser Zeit folgende Tätigkeiten vermeiden:
- schweres Heben
- Fahrradfahren
- starkes Pressen im Bauch
- schnelles Laufen
- Schwimmen
Können Komplikationen auftreten?
Komplikationen sind möglich, aber selten. Sehr selten kann die Implantation eines Herzschrittmachers notwendig werden. Dies ist in unter einem Prozent der Fälle möglich.
Häufige Fragen zur AV-Knoten-Reentry-Tachykardie
Ist eine AVNRT gefährlich?
Die AVNRT ist in der Regel nicht lebensgefährlich, aber belastend. Bei Bewusstlosigkeit, starken Brustschmerzen oder schwerer Atemnot sollte der Notruf 112 gewählt werden.
Wie erfolgreich ist die Ablation?
Die Erfolgsrate der Ablation liegt bei über 90 Prozent. Rückfälle sind äußerst selten und gut behandelbar.
Brauche ich nach der Ablation noch Medikamente?
Im Normalfall sind nach erfolgreicher Ablation keine Medikamente mehr nötig.
Was ist, wenn ich schwanger bin und eine AVNRT habe?
In den meisten Fällen stellt die AVNRT keine Gefahr dar. Sie können Akutmaßnahmen ergreifen, die invasive Therapie ist meist für die Zeit nach der Schwangerschaft geplant. In Ausnahmefällen erfolgt die Therapie während der Schwangerschaft in spezialisierten Zentren.
AVNRT: Wissen auf einen Blick
- AVNRT: häufige, meist gutartige Form von Herzrasen mit plötzlichem Start und Stopp.
- Typische Zeichen: Herzklopfen 150–220/min, Schwindel, Brustdruck, Angst.
- Diagnose: EKG im Anfall, ggf. Langzeit-EKG; sichere Zuordnung per EPU.
- Therapie: Katheterablation ist Standard mit hoher Erfolgsquote.
- Akut hilft oft: modifiziertes Valsalva-Manöver, d. h.: kurz pressen, dann hinlegen und Beine hoch.
- Sofort 112: Bewusstlosigkeit, starke Brustschmerzen, schwere Atemnot.
Deutsche Herzstiftung Online: https://herzstiftung.de/... (Zugriff am 17.11.2025)