Schwangerschaftsdiabetes: Die versteckte Gefahr für Mutter und Kind © Foto: adobe.com © RFBSIP
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Diabetes

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Erhöhter Blutzucker in der Schwangerschaft

Schwangerschaftsdiabetes: Die versteckte Gefahr für Mutter und Kind

Über sechs Prozent aller werdenden Mütter entwickeln im Laufe ihrer Schwangerschaft einen Schwangerschaftsdiabetes. Unser Experte Chefarzt Prof. Dr. Michael Ritter erklärt alles Wissenswerte rund um Symptome, Folgen und Prävention.

Was ist Schwangerschaftsdiabetes?

Schwangere Frau wird untersucht
Blutzuckerspiegelcheck | Foto: Helios

Ein Schwangerschaftsdiabetes, in Fachkreisen Gestationsdiabetes mellitus genannt, ist eine Störung des Blutzuckerstoffwechsels. Er tritt erstmals in der Schwangerschaft auf und kann mithilfe eines 75 g oralen Glukosetoleranztest diagnostiziert werden. Ein Schwangerschaftsdiabetes stellt die häufigste Begleiterkrankung einer Schwangerschaft dar und kann zu ernsten Komplikationen für Mutter und Kind führen.

Anzeichen und Symptome eines Schwangerschaftsdiabetes

Die typischen Symptome einer Diabeteserkrankung wie starker Durst, häufiges Wasserlassen oder Müdigkeit sind bei einem Schwangerschaftsdiabetes nur sehr mild bis gar nicht ausgeprägt. Prof. Dr. Michael Ritter, Chefarzt der Klinik für Angiologie, Diabetologie und Endokrinologie im Helios Klinikum Berlin-Buch, erklärt:

Ein Schwangerschaftsdiabetes verursacht in der Regel keine merkbaren Symptome – das ist ein wichtiger und problematischer Aspekt. Symptome, die den Müttern keine Beschwerden bereiten, werden oft vernachlässigt oder als Begleiterscheinung der Schwangerschaft abgetan. Das kann dazu führen, dass die gravierenden Folgen der Erkrankung übersehen werden.

Prof. Dr. Michael Ritter, Chefarzt der Klinik für Angiologie, Diabetologie und Endokrinologie | Helios Klinikum Berlin-Buch

Ursachen und Risikofaktoren von Schwangerschaftsdiabetes

Eine Schwangerschaft belastet die Organe des weiblichen Körpers erheblich. Liegt bei einer werdenden Mutter zudem eine Veranlagung für Diabetes vor, kann die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse ungenügend sein - es kommt zu Diabetes. Nach der Entbindung normalisiert sich der Blutzuckerspiegel meistens, allerdings kann ein Schwangerschaftsdiabetes ein Vorbote für einen späteren Typ-2-Diabetes sein.

„Die grundlegenden Ursachen für Schwangerschaftsdiabetes sind die weitverbreitete Veranlagung zu Übergewicht, Bewegungsarmut und ungesunder Ernährung. Viele Menschen haben dadurch auch ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Typ-2-Diabetes", erklärt Prof. Ritter.

Zu den wesentlichen Risikofaktoren für das Auftreten eines Gestationsdiabetes zählen:

  • Übergewicht
  • vergangene Schwangerschaft mit Gestationsdiabetes
  • hohes Geburtsgewicht des Kindes bei früheren Geburten
  • Verwandte ersten und zweiten Grades mit Diabetes
  • hohes Alter der Mutter (über 35 Jahre)

Folgen eines Schwangerschaftsdiabetes

Ein Schwangerschaftsdiabetes birgt Risiken und Folgen für Mutter und Kind. Zu den erhöhten Risiken für die Frau zählen:

  • Harnwegsinfektionen
  • Vaginale Infektionen
  • Bluthochdruck
  • Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung)
  • Geburtsverletzungen
  • Kaiserschnitt
  • Blutungen
  • Depressionen

Zu den erhöhten Risiken für das Kind zählen:

  • Frühgeburt
  • Geburtskomplikationen wie eine Schulterdystokie
  • ein zu hohes Geburtsgewicht
  • Atemstörungen
  • Elektrolytstörungen

Schwangerschaftsdiabetes: Der Test

Insulin-Check bei einer Schwangeren
Insulin-Check bei einer Schwangeren | Foto: Canva

In Deutschland haben alle Schwangeren Anspruch auf ein Schwangerschaftsdiabetes-Screening. Diese Untersuchung sollte zwischen der 24. und der 27. Schwangerschaftswoche stattfinden.

Die Mutterschaftsrichtlinien legen folgendes Vorgehen für die Diagnose fest: Ein Arzt führt bei der Schwangeren zunächst einen Test mit einer Trinklösung durch, die 50 Gramm Glukose enthält. Dieser Test erfolgt unabhängig von Tageszeit und Nahrungsaufnahme. Wenn eine Stunde nach dem Trinken der Glukoselösung ein auffälliger Blutzuckerwert gemessen wird (>= 135 mg/dl oder 7,5 mmol/l), folgt der sogenannte "große" Glukosetoleranztest. Für diesen wird bei der Schwangeren morgens nüchtern der Blutzucker gemessen. Anschließend trinkt sie eine Lösung mit 75 Gramm Glukose. Im Abstand von einer und dann zwei Stunden wird nochmals der Blutzucker bestimmt. Auf Basis dieser drei Werte kann eine Aussage getroffen werde, ob ein Schwangerschaftsdiabetes vorliegt.

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Behandlung von Schwangerschaftsdiabetes

Nach der Diagnose folgt ein Gespräch zwischen dem behandelnden Arzt und der werdenden Mutter. Der Arzt klärt über die Erkrankung auf und erklärt das weitere Vorgehen. Die Schwangere erhält Tipps für die ambulante Betreuung, außerdem wird ihr gezeigt, wie sie selbstständig ihren Blutzucker messen kann.

Ernährung bei Schwangerschaftsdiabetes

Eine vitamin- und ballaststoffreiche Ernährung ist die erste und wichtigste therapeutische Maßnahme bei Schwangerschaftsdiabetes. "Von strengen Diäten während der Schwangerschaft rate ich ab", erklärt Prof. Dr. Ritter. Ein spezifischer Ernährungsplan könne allerdings bei Bedarf mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden. Als Orientierung für eine gesunde Ernährung dienen die Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Bewegung bei Schwangerschaftsdiabetes

„Bewegung in der Schwangerschaft gehört – nach individueller Beratung durch den betreuenden Frauenarzt – unbedingt dazu. Wer vorher Sport getrieben hat, darf das auch weiterhin tun, nur maximale Belastungen sollten vermieden werden."

Prof. Dr. Michael Ritter, Chefarzt der Klinik für Angiologie, Diabetologie und Endokrinologie im Helios Klinikum Berlin-Buch

Sofern keine Einwände durch den behandelnden Frauenarzt bestehen, sollte mindestens dreimal wöchentlich eine zügige Bewegung, vorzugsweise nach dem Essen, stattfinden.

Insulin bei Schwangerschaftsdiabetes

Nur etwa jede fünfte Frau mit Schwangerschaftsdiabetes benötigt injiziertes Insulin. Ob eine Insulingabe notwendig ist, entscheidet der behandelnde Arzt anhand der erhobenen Blutzuckerwerte sowie dem Ultraschallbefund des Kindes.

Schwangerschaftsdiabetes vorbeugen

Gesunde Ernährung und viel Bewegung sind die wichtigsten Maßnahmen, um Gestationsdiabetes vorzubeugen. Übergewichtige Frauen sollten bereits im Rahmen der Schwangerschaftsplanung eine Gewichtsabnahme anstreben.

Eine lange Stillzeit verringert das Risiko für Mütter nach der Schwangerschaft an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken und auch das Auftreten eines erneuten Schwangerschaftsdiabetes.

Prof. Dr. Michael Ritter, Chefarzt der Klinik für Angiologie, Diabetologie und Endokrinologie im Helios Klinikum Berlin-Buch

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