Therapien bei Trigeminusneuralgie - Was hilft?

Zu Beginn der Therapie wird eine Trigeminusneuralgie meist mit Medikamenten behandelt. Im ersten Behandlungsjahr können damit im Allgemeinen gute Erfolge erzielt und der Gesichtsschmerz gut zurückgedrängt werden. Oft lässt die Wirkung der Medikamente mit der Zeit jedoch nach oder ihre Nebenwirkungen nehmen zu. Dann können andere Therapiemöglichkeiten wie ein operativer Eingriff zum Einsatz kommen.

Klassische Trigeminusneuralgie

Zu Beginn der Therapie wird die klassische Trigeminusneuralgie meist mit Medikamenten behandelt. Wirken diese Medikamente gut, kann dies auch ein zusätzliches Diagnosekriterium sein, zum Beispiel zur Abgrenzung von psychosomatischen Erkrankungen.

Gut wirksame Medikamente haben allerdings häufig auch Nebenwirkungen, die vor allem durch dauerhafte Einnahme zu Organschäden, zum Beispiel in der Leber, führen können. Weil es vor allem für die klassische Trigeminusneuralgie mit der Mikrochirurgie eine ursächliche Behandlungsmöglichkeit gibt, sollten Betroffene diese Therapie in jedem Fall mit ihrem behandelnden Arzt besprechen.

Als Alternative zur Behandlung der klassischen Form steht die stereotaktische Bestrahlung zur Verfügung. Die Wirksamkeit dieser Behandlungsform ist ebenso hoch und eine Operation kann dadurch vermieden werden. Dennoch ist die Methode nicht ohne Risiken und statistisch kommt es danach häufiger zu Rückfällen als nach einer mikroneurochirurgischen Behandlung [1].

Symptomatische Trigeminusneuralgie

Folgende Behandlungsformen stehen zur Verfügung:

  • Medikamente
  • perkutane Verfahren (Ballonkompression, Glycerininjektion, Thermokoagulation)
  • Elektrostimulation

Wenn der Trigeminusneuralgie eine Multiple Sklerose oder eine andere Grunderkrankung zugrunde liegt, wird natürlich auch diese behandelt werden.

Medikamentöse Therapie

Anfangs ist die Behandlung der Wahl bei beiden Formen der Trigeminusneuralgie eine konservative Schmerztherapie mit Medikamenten – schon, weil man die quälenden Schmerzen rasch unterdrücken möchte. In der Regel werden Medikamente eingesetzt, welche die Beschwerden vermindern beziehungsweise die Schmerzsignale blockieren, die zum Gehirn gesendet werden.

Manchmal genügt eine kurzzeitige medikamentöse Behandlung. Eine länger andauernde Medikamenteneinnahme sowie eine Kombination mehrerer Medikamente sollten vermieden werden.

Typischerweise wird die medikamentöse Therapie mit Gabapentin oder Pregabalin begonnen. Beide Mittel stammen aus der Behandlung der Epilepsie und werden daher auch als Antikonvulsiva bezeichnet.

Was passiert im Körper bei der Therapie? 

Als Wirkstoffe der Gruppe der Gabapentinoide zählen Gabapentin oder Pregabalin zu den Kalziumkanalblockern. Indem Kalzium blockiert wird, wird die Freisetzung von wichtigen Neurotransmittern im zentralen Nervensystem normalisiert und damit die schmerzreduzierende Wirkung erreicht.   

Andere antiepileptische Wirkstoffe, die bei der Trigeminusneuralgie eingesetzt werden können, sind beispielsweise Carbamazepin, Oxcarbazepin, Lamotrigin oder Phenytoin.

Welche Risiken oder Nebenwirkungen gibt es? 

Gabapentin kann eine Vielzahl von Nebenwirkungen haben. Zu den häufigsten zählen Virusinfektionen, Schwindel, Müdigkeit, Bewegungsstörungen und Fieber.

Pregabalin gehört wie Gabapentin. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Schwindel, Müdigkeit, Benommenheit und Kopfschmerzen.

Behandlung der klassischen Trigeminusneuralgie

Mikrovaskuläre Dekompression

Die mikrovaskuläre Dekompression ist die einzige Behandlung, welche die wesentliche Ursache der klassischen Trigeminusneuralgie, den Konflikt zwischen Gefäß und Nerv, beseitigt. Die Operation wird auch nach ihrem Entwickler „Janetta-OP“ genannt.  

Was passiert im Körper bei der Therapie? 

Bei der mikrovaskulären Dekompression werden der Nervus trigeminus sowie die mit ihm in Verbindung stehende Arterie über einen Hautschnitt hinter dem Ohr zugänglich gemacht. Anschließend wird die Arterie vorsichtig vom Nerv getrennt und ein Stück Kunststoff als Puffer zwischen die beiden eingebracht. Auf diese Weise wird eine weitere Reizung des Nervens durch das Blutgefäß verhindert. 

Welche Risiken oder Nebenwirkungen gibt es? 

Wird sie von erfahrenen Neurochirurgen durchgeführt, gilt die mikrovaskuläre Dekompression als sichere Behandlungsmethode. Studien zeigen, dass das Komplikationsrisiko bei rund 1,4 Prozent liegt [2]. Die häufigsten Nebenwirkungen – die für sich genommen mit rund einem Prozent trotzdem sehr selten auftreten – sind einseitige Taubheit oder Gefühlstörungen auf der operierten Seite.

Erfolgsquote des Verfahrens

Im Gegensatz zur medikamentösen Behandlung kann mit der Janetta-OP in sehr vielen Fällen die Ursache der Erkrankung behoben werden: Rund 75 Prozent aller Patienten sind nach der mikrovaskulären Dekompression über einen Zeitraum von 10 bis 20 Jahren schmerzfrei. Kommt der Schmerz zurück, kann die Operation noch einmal durchgeführt werden.

Stereotaktische Bestrahlung (radiochirurgische Behandlung)

Eine weitere Behandlungsmethode ist die radioaktive Bestrahlung der Trigeminuswurzel im Hirnstamm mit ionisierenden Strahlen (GammaKnife®, CyberKnife®). Wenn die Schmerzen zurückkehren, kann man noch einmal bestrahlen.

Durch die gezielte Bestrahlung wird ein millimeterkleiner Strahlenschaden im Nerven verursacht. Die Schmerzlinderung setzt nach wenigen Wochen ein. Die Langzeitergebnisse sind zwar nicht ganz so gut wie bei der mikrovaskulären Dekompression. Der Vorteil liegt jedoch darin, dass sie ohne operativen Eingriff erfolgt.

Nach heutigem Kenntnisstand eignet sich das Verfahren vor allem, wenn ein erhöhtes Operationsrisiko besteht oder eine Trigeminusneuralgie bei Multiple Sklerose vorliegt.

Was passiert im Körper bei der Therapie? 

Bei der stereotaktischen Bestrahlung wird eine hohe Strahlendosis gezielt auf einem kleinen Bereich angewendet. Dadurch wird das bestrahlte Gewebe vernichtet. Das Verfahren ermöglicht so eine Art Operation ohne Skalpell.

Welche Risiken oder Nebenwirkungen gibt es? 

Die häufigsten Nebenwirkungen sind Gefühlsstörungen im Gesicht, die auch die Hornhaut des Auges betreffen können.

Erfolgsquote des Verfahrens

Der Erfolg der radiochirurgischen Behandlung ist etwas geringer als der anderer Verfahren. Rund 70 Prozent der Patienten berichten nach der Behandlung davon, keine Beschwerden mehr zu haben. Fünf Jahre nach der Bestrahlung sinkt diese Zahl auf 45 Prozent, zehn Jahre später auf 25 Prozent [4]. 

Behandlung der symptomatischen Trigeminusneuralgie

Lage des Ganglion Gasseri und des Trigeminus Nervs mit seinen drei Ästen. | Grafik: Helios

Perkutane Verfahren

Zu den sogenannten perkutanen („durch die Haut“) Verfahren zählen:

  • die Ballonkompression
  • die Glycerininjektion
  • die Thermokoagulation

Bei den Verfahren wird zunächst ein Nervenknoten, das Ganglion Gasseri, mit einer Nadel (Kanüle) zugänglich gemacht und dann ein oder mehrere Äste des Trigeminusnervs durch Druck (Ballonkompression), Alkohol (Glycerininjektion) oder Hitze (Thermokoagulation) geschädigt.

Meist führen die verschiedenen Verfahren über einige Jahre zu Schmerzfreiheit. Stellen sich die Schmerzen dann erneut ein, können die Eingriffe im Allgemeinen wiederholt werden. Je häufiger sie zum Einsatz kommen, desto geringer fällt jedoch ihre Wirkung aus.

Die Ballonkompression

Bei der Ballonkompression wird eine Nadel in Richtung des Trigeminus Nervs geschoben. Dann wird ein kleiner flexibler Schlauch („4-French-Fogarty-Ballonkatheter“) eingeführt, an dessen Ende sich ein Ballon befindet. Durch das Aufblasen des Ballons werden Teile des Nervs zerstört und so die Schmerzleitung blockiert.

Taubheitsgefühle im Gesicht sind die häufigste Nebenwirkung.

Die Glycerininjektion

Bei diesem Verfahren wird eine Nadel im Bereich der Wange eingestochen und unter Röntgenkontrolle bis zur Schädelbasis vorgeschoben. Die Spitze der Nadel liegt dann in der sogenannten Trigeminus Zisterne, einem kleinen flüssigkeitsgefüllten Raum, welcher die Teilungsstelle des Trigeminus umgibt. An dieser Stelle wird steriles Glycerin eingespritzt, die Fasern des Trigeminus zerstört und so die Schmerzleitung blockiert.

Viele Patienten empfinden ein Taubheitsgefühl oder Kribbeln im Gesicht.

Die Thermokoagulation

Bei der Thermokoagulation werden Trigeminusfasern durch Hitze zerstört. Dafür wird eine Nadel unter Kurznarkose in der Wange der vom Schmerz betroffenen Gesichtshälfte platziert, anschließend wird der Patient kurzzeitig aufgeweckt. Gleichzeitig wird über eine Elektrode, die durch die Nadel in Richtung Schädelbasis geschoben wurde, ein geringer Strom geleitet. Dadurch wird ein Kribbeln ausgelöst, dessen Ausbreitungsort der Patient beschreiben soll. Wenn der Ort identisch mit den Schmerzen der Trigeminusneuralgie ist, wird die Narkose wieder eingeleitet und die betreffende Nervenregion durch Hitze zerstört.

Ebenso wie bei den anderen perkutanen Verfahren tritt auch bei dieser Methode häufig ein Taubheitsgefühl in der betroffenen Gesichtsregion auf.

Elektrostimulation

Was passiert im Körper bei der Therapie? 

Bei der Elektrostimulation wird zunächst eine Teststimulation über eine Nadelelektrode durchgeführt. Wirkt diese, so wird über verschiedene Zugangswege eine Elektrode im Bereich des Nervenknotens (Ganglion) eingesetzt. Mit der dauerhaft implantierten Elektrode kann zum Teil eine gute Schmerzlinderung erzielt werden. Der Vorteil gegenüber den oben beschriebenen zerstörenden Techniken ist, dass die Nebenwirkungen umkehrbar (reversibel) sind.

Welche Risiken oder Nebenwirkungen gibt es? 

Bei der Teststimulation kann es zu leichten Blutergüssen und Schmerzen im Bereich der Elektrodeneinführung kommen. Ebenso wie beim Einsetzen einer dauerhaften Elektrode besteht ein geringes Risiko von Infektionen und Verletzungen des Nervens.

Neuer Ansatz: Therapie mit Botox

Die Injektion von Botulinumtoxin in den schmerzhaften Bereich ist ein neuer Therapieansatz, der vor allem bei Patienten nützlich sein kann, die auf andere Medikamente nicht mehr ansprechen.

Bisher liegen nur wenige Studien zu dieser Therapieform vor, keine davon aus dem europäischen oder nordamerikanischen Raum [2]. Da noch weitere Forschungsarbeit zu dieser Behandlung nötig ist, stellt sie noch keine gängige Therapie dar, sondern wird nur nach Einzelfall-Entscheidungen genutzt.

Alternative Medizin

Alternative Methoden bei der Behandlung der Trigeminusneuralgie wurden bisher nicht so gründlich untersucht wie die medikamentösen oder chirurgischen Verfahren. Deshalb gibt es auch wenig Evidenz, welche die Wirksamkeit solcher Methoden belegt.

Dennoch konnte manchen Patienten mit alternativen Behandlungen geholfen werden, z.B. mit Akupunktur, Biofeedback, Chiropraktik, Vitaminen oder Nahrungsergänzungsstoffen. Besprechen Sie solche Behandlungen bitte mit Ihrem Arzt, weil es zu Wechselwirkungen mit anderen Behandlungen kommen kann.

Krankheitsbewältigung und Unterstützung

Das Leben mit einer Trigeminusneuralgie ist oft schwierig. Die Erkrankung kann den Umgang mit Freunden und Familie beeinträchtigen, ebenso wie die Produktivität bei der Arbeit und die generelle Lebensqualität.

In Patientenorganisationen können Sie Verständnis und Unterstützung finden. Die Mitglieder in diesen Organisationen kennen sich oft mit den neuesten Behandlungsmethoden aus und können ihre eigenen Erfahrungen weitergeben. Wenn Sie daran interessiert sind, dann kann Ihr Arzt Ihnen den Kontakt zu einer solchen Gruppe in Ihrer Region vermitteln.

Die Inhalte dieser Seite wurden in Zusammenarbeit mit unserem Experten erstellt

15.06.2021
Prof. Dr. med. Steffen Rosahl
Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie im Helios Klinikum Erfurt Prof. Dr. med. Steffen Rosahl