Mehr im Freien spielen
„Oft wird das Gewicht des Ranzens für Rückenprobleme verantwortlich gemacht“, sagt Dr. Rolf Christophers, Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie in der Helios Klinik Cuxhaven. „Doch das ist nicht der einzige Grund. Die Entstehung von Haltungsschäden durch den Schulranzen ist bisher nicht bewiesen. Viele Kinder bewegen sich einfach viel zu wenig. Als Folge ist die Bauch- und Rückenmuskulatur zu schwach und zu untrainiert.“
Hinzu komme stundenlanges Sitzen in für den Rücken ungünstigen Positionen – erst in der Schule, später zu Hause vor den Hausaufgaben, dem PC, dem Smartphone oder dem Fernseher.
„Bei Kindern ist das Knochengerüst noch nicht voll entwickelt“, so Dr. Christophers. „Zu langes Sitzen und einseitige Belastung können deshalb leicht zu Fehlhaltungen führen.“ Nach der Schule sollten Schüler Sport treiben oder im Freien spielen und so ihre Muskulatur benutzen und damit kräftigen. „Ideal ist ein regelmäßiges Training im Verein“, so der Rückenexperte. „Es reicht auch, einfach auf dem Spielplatz oder im Park zu toben. Hauptsache die Kinder bewegen sich.“
Schulranzen „anprobieren“
Für das Gepäck der Kleinen gilt: Ein voller Schulranzen sollte nicht mehr als zehn bis 15 Prozent des Körpergewichts betragen. „Vor allem muss er gut sitzen und für das Kind angenehm zu tragen sein“, so der Experte. Daher ist es wichtig, dass das Kind beim Kauf unbedingt dabei ist.
Bei der Anprobe sollte auch eine Jacke oder ein dicker Pulli mitgenommen werden, damit der Ranzen auch mit dickeren Kleidungsstücken getestet werden kann. Der Rücken werde am wenigsten belastet, wenn der Ranzen eng anliegt, mit den Schultern abschließt und die Riemen nicht von den Schultern rutschen. Er sollte nie einseitig getragen werden, die Riemen sollten verstellbar und gepolstert sein, damit der Ranzen an das wachsende Kind angepasst werden kann. Zu lange Gurte verlagerten das Tragegewicht und zögen ins Hohlkreuz.
Ranzen oder Rucksack: Was eignet sich für wen?
Ein Schulranzen unterscheidet sich von einem Schulrucksack durch das Grundgestell, das ihm die klassische Kastenform gibt. Der Rucksack ist etwas flexibler und etwas leichter als ein Ranzen. Schulranzen sind für Grundschüler:innen gut geeignet, da sie eine gleichmäßige Gewichtsverteilung auf dem Rücken garantieren und übersichtlich gepackt werden können.
Ältere Kinder in höheren Klassen bevorzugen oft Rucksäcke. Seit einiger Zeit gibt es auch ergonomische Schulrucksäcke, die ein rückenfreundliches Tragen ermöglichen. Freizeitrucksäcke, Koffer und Umhängetaschen, die viele Jugendliche gerne nutzen, sind als Schultaschen allerdings ungeeignet: Zum einen können Bücher und Hefte darin leicht beschädigt werden. Zum anderen fehlt die nötige Eigenstabilität und meist auch eine ausreichende Rückenpolsterung. Bei Umhängetaschen kann das seitliche Tragen zu einer Krümmung der bei jungen Menschen noch weichen, formbaren Wirbelsäule führen.
Schulranzen jeden Tag neu packen
Wichtig ist auch, dass die Schüler:innen ihren Schulranzen jeden Tag neu packen: Nur Bücher und Hefte, die am nächsten Tag gebraucht werden, kommen abends in den Ranzen. Noch besser wäre es, wenn schwere Bücher gleich in der Schule deponiert werden können.
Und noch ein Tipp von Dr. Christophers: „Die schweren Bücher sollen körpernah am Rücken liegen, während die leichten Hefte in die vorderen Fächer nach außen kommen. Zwischenfächer sind notwendig, um zu vermeiden, dass Bücher bei schnellem Laufen innerhalb des Schulranzens hin und her fliegen. Darüber hinaus setzen sich in Deutschland kleine Schulrollkoffer, die in südeuropäischen Ländern sehr verbreitet sind, nicht durch. Solche Koffer wären eine gute Alternative das Tragen von schweren Schulranzen zu vermeiden“ so Dr. Christophers abschließend.
Starker Rücken schützt vor Schmerzen
Die häufigsten Beschwerden, die durch eine ungeeignete oder zu schwere Schultasche auftreten, sind Rückenschmerzen. Rund sieben Prozent der Sieben- bis Zehnjährigen, 18 Prozent der Elf- bis 13-Jährigen und 44 Prozent der 14- bis 18-Jährigen leiden an Rückenschmerzen. Neben schlecht sitzenden und oft zu schweren Schulranzen oder Rucksäcken können Wachstumsschmerzen und auch Stress die Ursache sein. Aber auch Übergewicht spielt eine Rolle.
Ausreichende Bewegung kann bei Rückenschmerzen helfen. Das stärkt die Muskulatur und wirkt sich positiv auf die Haltung und Kraft der Kinder aus. Ob Klettern, Springen, Rennen oder einfach nur Herumtoben – der Aufbau von Muskeln wird so gefördert und der Rücken kann sich gesund entwickeln. Den Schulweg auch mal zu Fuß zurücklegen oder gezielte Übungen wie Rumpfbeugen oder Bauchmuskeltraining stärken den Rücken ebenfalls.
Unsere Tipps im Überblick
Tipps für den richtigen Schulranzen:
- Achten Sie beim Ranzen auf Größe und Gewicht.
- Der Schulranzen sollte eng am Körper anliegen, nicht über die Schultern Ihres Kindes hinausragen und mit seiner Oberkante am Nackenansatz abschließen.
- Achten Sie darauf, dass der Schulranzen auf dem Rücken auf beiden Schultern getragen wird.
- Die Trägerriemen sollen ausreichend breit (mindestens fünf Zentimeter), gut gepolstert und immer symmetrisch eingestellt sein.
- Bei Schul-Rucksäcken ist ein zusätzlicher Beckengurt sinnvoll zur Stabilisierung und Krafteinleitung auf das Becken.
- Schwere Sachen wie Bücher etc. immer ins Fach möglichst nah am Rücken in platzieren.
- Achten Sie darauf, dass Ihr Kind nur die Schulsachen mitnimmt, die es an dem Tag wirklich braucht.