Hypnose: Mythos und Wirklichkeit

Hypnose: Mythos und Wirklichkeit

Jährlich am 4. Januar findet der Tag der Hypnose statt. Zwischen der seriösen medizinisch-therapeutischen Hypnose und den bisweilen kuriosen Mythen klafft mitunter eine große, nebulöse Lücke. Wir bringen Licht ins Dunkel, räumen mit falschen Vorstellungen auf und zeigen, worum es wirklich geht.

Hypnose ist alles andere als eine Zirkusnummer. Dennoch denken viele gleich an Show-Hypnose, wo scheinbar hypnotisierte Menschen mit verklärtem Blick und völlig willenlos komische Dinge tun. Kontrollverlust und negative Manipulation liegen in der Luft. Wir nehmen bekannte Hypnosemythen unter die Lupe und klären mit Fakten auf.

Sieben Hypnosemythen und was dahintersteckt

Weit gefehlt! Verstehen Sie Hypnose als eine Art der Kommunikation zwischen zwei Menschen – mit Blicken, Worten und Gesten. Bei einer Hypnose erreicht der Hypnotisierte unter Anleitung des Hypnotiseurs, dass er seine Aufmerksamkeit nach innen kehrt, ablenkende äußere Umstände ausblendet und so in einen sehr gelösten Entspannungszustand gehen kann. Dreh- und Angelpunkt ist die Kommunikation zwischen Hypnotiseur und Hypnotisant. Der Hypnotisant stellt sich Bilder vor und folgt Suggestionen, die der Hypnotiseur ihm anbietet.

Ja, Hypnose ist Manipulation. Aber keine Sorge! Der Begriff Manipulation wird landläufig falsch verwendet im Sinne von: Ich werde dazu bewegt etwas zu tun, was ich im Grunde nicht will. Dabei bedeutet Manipulation im eigentlichen Sinne nur Handhabung, etwas formen und bearbeiten. Bei der Hypnose heißt das: Es werden Gedanken angeregt und neue Betrachtungsweisen eröffnet. Es wird gemeinsam etwas geformt.

Nein, das tut sie nicht. Der Hypnotisant entscheidet. Wenn er die Hypnose nicht mitmacht, Suggestionen nicht folgt, passiert schlichtweg nichts. Hypnose ist eher ein Austausch, bei dem sich die Gesprächspartner aufeinander einlassen. Die Wahl der richtigen Worte ist hierbei ein Schlüssel zum Erfolg. Weil die Hypnose auf das Unterbewusstsein abzielt, kommt auch dessen Schutzfunktion ins Spiel. Falls das Unterbewusstsein bei einer Hypnose an einer Suggestion Anstoß nehmen sollte, würde der Hypnotisierte diese ablehnen und kann die Hypnose sogar selbst beenden. Das ständig wachende Unterbewusstsein speichert alle negativen und positiven Erfahrungen. Es vergleicht neue Situationen, die uns begegnen, mit früheren. So können wir unbewusst und schnell reagieren.

Tatsächlich ist der Begriff Hypnose vom altgriechischen hýpnos abgeleitet, was Schlaf bedeutet. Und das ist etwas irreführend. In Wirklichkeit handelt es sich um einen veränderten Bewusstseinszustand, der medizinisch zwar zwischen Wachsein und Schlafen eingeordnet wird, bei dem der Geist aber trotz tiefer Entspannung wach und sehr aktiv ist sowie hoch konzentriert bei der Verarbeitung der Suggestionen, die vom Hypnotiseur kommen.

Im Grunde genommen ist jede Hypnose eine Selbsthypnose. Denn der Hypnotisant ist der entscheidende aktive Teil. Er entscheidet selbst, ob er den positiven Suggestionen und den Bildern folgt und sich diese vorstellt. Er macht letztlich etwas mit sich selbst. Wenn wir z.B. in Richtung Meditation denken, wir das wahre Wesen der Hypnose klarer. Ebenfalls gibt es ganz praktische Möglichkeiten der Audiohypnose, die man alleine zu Hause durchführen kann mittels CDs oder anderer Audiomedien.

Ja und nein. Unser Unterbewusstsein speichert generell alles Wesentliche ab – aber nicht jedes kleinste Detail. Auch nach einem normalen Gespräch bleiben nicht alle einzelnen Wörter hängen, wichtige Botschaften aber schon. So ist es auch bei der Hypnose. Es ist ausdrücklich gewünscht, dass das Unterbewusstsein sich an die positive Hypnoseerfahrung erinnert.

Zuerst sei gesagt: Bei einer Hypnose geht es nicht darum, etwas gegen einen Willen zu tun. Und Willensstärke oder Willensschwäche machen nicht den Unterschied. Der Schlüsselbegriff ist die Suggestibilität, die Fähigkeit eines Menschen, sich auf Suggestionen einlassen zu können. Im Schnitt sind etwa 60 % der Menschen gut hypnotisierbar. Weil wir aber alle tagtäglich und naturgegeben verschiedene Trancezustände erleben (z.B. direkt nach dem Wachwerden oder wenn wir Gedanken und Bildern nachgehen) gibt es eigentlich für jeden hirnorganisch gesunden Menschen eine Basis für Hypnose.

Hypnose ist fantasierte Realität. In einem hypnotisierten, entspannten Zustand stellt man sich eine Realität vor. Da das Unterbewusstsein nicht zwischen tatsächlicher und vorgestellter Realität unterscheidet ist es möglich, abgespeicherte negative Erfahrungen mit positiven Erlebnissen aus der Fantasie zu korrigieren.

Matthias Lerche, Hypnosetherapeut und Arzt am Herzzentrum Leipzig

Hypnose ist nichts Neues und Unbekanntes

Die Hypnose ist seit dem Altertum bekannt. Bereits die Sumerer haben 4.000 Jahre vor Christus mit Hypnose therapiert. Im alten Ägypten wurde der sogenannte Tempelschlaf zur Heilung angewendet. In der griechischen Antiken hat man die Methode weiterentwickelt und unter Zuhilfenahme positiver Suggestionen auch psychische Leiden behandelt. Etwa 300 Jahre v. Chr. übernahmen die Römer den Tempelschlaf wegen seiner heilenden Wirkung. Der Begriff der Hypnose wurde Anfang des 19. Jahrhunderts vom englischen Arzt James Braid in die Medizin eingeführt. Er untersuchte die Hypnose wissenschaftlich. Seine Ergebnisse wurden nachfolgend von anderen Ärzten und Wissenschaftlern bestätigt. Auch Sigmund Freud und weitere berühmte Ärzte nahmen sich des Themas an. Die Hypnose, wie wir sie heute kennen, nahm zusehends Gestalt an.

Hypnose kann erfolgreich in vielen Bereichen medizinisch-therapeutisch angewendet werden. Das ist mittlerweile wissenschaftlich belegt,

sagt Matthias Lerche.