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Was Prostatakrebs für Sexualität und Partnerschaft bedeutet

Prostatakrebs ist die häufigste Tumorerkrankung bei Männern. Neben der intensiven Krebsbehandlung und damit verbundenen Sorgen stehen die Betroffenen vor einer weiteren Herausforderung: Die Beeinträchtigung der Sexualität belastet die Patienten und deren Partnerschaften enorm.

cropped view of retired couple holding hands

Sex nach Prostata-Operation

„Werde ich nach meiner Behandlung noch Geschlechtsverkehr haben können?" Diese Frage treibt viele Männer mit der Diagnose Prostatakrebs um. Denn „eine erektile Dysfunktion, umgangssprachlich Impotenz oder Erektionsstörung genannt, ist nach der Entfernung der Prostata leider keine Seltenheit und verursacht beim Mann nicht selten hohen Leidensdruck“, so Dr. Olaf Reichelt, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie im Helios Klinikum Aue.

Die männliche Potenz und Erektion werden über sehr dünne und empfindliche Nervenfasern gesteuert, die auf ihrem Weg zum Penis in den sogenannten „Gefäß-Nerven-Bündeln“ sehr dicht an und entlang der Prostataoberfläche verlaufen.

Wann droht eine Impotenz?

Wenn der Tumor innerhalb der Prostata liegt, also deren Kapsel und Wände noch nicht durchbrochen hat, ist die radikale nervschonende Prostatektomie, die operative Entfernung der Prostata, eine primäre Therapieoption für den Patienten. Sie kann in vielen Fällen nicht nur zu einer vollständigen Heilung des Prostatakrebses, sondern auch zu einem zumindest nahezu vollständigen Erhalt der Erektion führen. 

Helios Klinikum Aue

Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie

Eine erektile Dysfunktion, umgangssprachlich Impotenz oder Erektionsstörung genannt, ist nach der Entfernung der Prostata leider keine Seltenheit und verursacht beim Mann nicht selten hohen Leidensdruck.

Fortgeschrittene Prostatakrebs-Befunde, bei welchen der Tumor die umschließende Prostatakapsel bereits durchbrochen hat, erfordern allerdings regelmäßig eine weitere Resektion, um eine vollständige Entfernung des Tumors zu gewährleisten. Hierbei kann eine Durchtrennung der Gefäß-Nerven-Bündel nicht vermieden werden. In diesen Fällen kommt es postoperativ zu einer Impotenz. Für diesen Fall werden Behandlungsmöglichkeiten durch die niedergelassenen Urolog:innen angeboten.

Um nur so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig Gewebe bei der Tumorresektion zu entfernen, erfolgen bereits während der Operation zusätzlich Schnellschnitt-Untersuchungen durch Patholog:innen mithilfe eines Mikroskops. Werden an den Rändern noch Tumorzellen nachgewiesen, ist ein Nachschneiden nötig.

Bei der Prostatektomie wird auch die Harnröhre in unmittelbarer Nähe des Schließmuskels durchtrennt und wieder an die Harnblase angenäht. Dies birgt immer auch die Gefahr einer Inkontinenz.

Präziser operieren mithilfe des Da-Vinci-Systems

Diese Risiken kennt auch Dr. Olaf Reichelt: „In den letzten zehn Jahren konnten wir die Ergebnisse bei der Entfernung der Prostata durch Anwendung von Schlüsselloch-Techniken immer weiter verbessern. Bei der radikalen Prostatektomie nutzen wir unter anderem ein robotergestütztes Verfahren: das Da-Vinci-System.“

Reichelt erklärt: "Sensible Eingriffe beim Mann verlaufen noch gewebeschonender. Denn das System ermöglicht uns kleinste Schnitte, zitterfreies, noch präziseres, millimetergenaues Operieren, dreidimensionale, 10- bis 40-fach vergrößerte Bilder und damit eine optimierte Darstellung der Gefäße und der feinen anatomischen Strukturen. So können wir die Gefäß-Nerven-Bündel in vielen Fällen erhalten und damit das Risiko einer Impotenz und Inkontinenz weiter minimieren". Voraussetzung hierfür ist ein frühes Erkennen des Prostatakrebses durch Vorsorge bei niedergelassenen Urolog:innen. Denn je größer das Karzinom ist, desto schwieriger wird es, das umliegende Gewebe zu schonen.

Und was viele nicht wissen: Auch bei Nichtdurchtrennung der Bündel besteht das Risiko einer Nervenschädigung durch den operationsbedingten Zug oder Druck dieser empfindlichen Strukturen. Eine Erektion ist dann, zumindest temporär, nicht mehr möglich.

Erektile Dysfunktion: Was kann helfen?

Wenn nach der Operation Probleme mit der Erektionsfähigkeit auftreten, sollte frühzeitig das persönliche Gespräch mit den nachbehandelnden Urolog:innen gesucht werden.

Dass sich viele Männer scheuen, offen über Probleme mit Sexualität und Geschlechtsverkehr zu reden, weiß Dr. Sven Fehrmann, ärztlicher Leiter im urologischen MVZ im Helios Klinikum Aue: „Eigene ‚Therapieversuche‘ oder ein falsches Schamgefühl sind nach einer Prostatakrebs-Behandlung absolut kontraproduktiv. Denn wurde die Prostata entfernt, kommt es fast immer zu einer temporären oder auch dauerhaften erektilen Dysfunktion. Nun gilt es, zeitnah zusammen mit dem Mann die weitere Behandlung abzusprechen, um eine dauerhafte Impotenz zu verhindern".

Und hier gibt es klare Empfehlungen: „Bereits während des stationären Aufenthaltes sollte die postoperative Durchführung einer Anschlussheilbehandlung geplant werden. Mit den spezifischen Möglichkeiten von Reha-Kliniken, die für dieses Krankheitsbild ausgerichtet sind, ist es im ganzheitlichen multimodalen Therapieansatz möglich, die physische und psychische Stabilität der Patienten in kurzer Zeit zu verbessern,“ so Dr. Fehrmann.

Oftmals wird in der Behandlung der postoperativen Impotenz auch eine medikamentöse Therapie mit PDE-5-Hemmern eingesetzt, um die sexuelle Aktivität auch zukünftig zu ermöglichen. Diese in Tablettenform einzunehmenden Präparate können zu einer Erweiterung der Penisgefäße führen und so für einen vermehrten Bluteinstrom in die Penis-Schwellkörper sorgen. Diese Medikamente sollten frühzeitig niedrigdosiert zum Einsatz kommen, damit beim Mann kein bindegewebiger Umbau der Schwellkörper und damit deren Funktionsverlust eintreten kann.

Alternativ zur Tabletteneinnahme besteht die Möglichkeit der Gabe eines anderen durchblutungssteigernden Medikamentes. Dieses kann sowohl direkt in die Schwellkörper injiziert (SKAT) oder mittels eines Applikators in die Harnröhre eingebracht werden (MUSE).

Übungen zur Erektionsfähigkeit nach der Prostataentfernung

Eine weitere Möglichkeit, die Erektionsfähigkeit beim Mann nach einer Prostata-Operation wiederherzustellen, besteht in der Nutzung einer Vakuum-Erektionspumpe. Hierbei kommt es durch das erzeugte Vakuum zu einem vermehrten Bluteinstrom in die Schwellkörper.

So trainieren Sie Ihre Schwellkörper:

  • Führen Sie den Penis in den Kunststoffzylinder.
  • Erzeugen Sie mit einer Handpumpe einen Unterdruck (Vakuum), so dass Blut in die Schwellkörper strömt, eine Erektion entsteht und die glatte Muskulatur trainiert wird.
  • Halten Sie diese Erektion eine Minute aufrecht.
  • Durch Ablassen des Vakuums wird die Erektion des Mannes wieder abgebaut.
  • Wiederholen Sie diesen Vorgang drei bis fünf Mal.

Das Schwellkörpertraining sollte täglich durchgeführt werden.

Die letzte Möglichkeit nach Ausschöpfung aller anderen Maßnahmen stellt der Einbau einer hydraulischen Penisprothese dar.

Dr. Fehrmann abschließend: „Sämtliche genannten Varianten müssen nicht sofort den gewünschten Erfolg zeigen, die Patienten sollen über eine erforderliche Geduld aufgeklärt werden. Ein entsprechender Therapieerfolg kann sich auch erst nach ein bis zwei Jahren zeigen.“

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