Wenn Bach und Hardrock den Blutdruck senken

Wenn Bach und Hardrock den Blutdruck senken

Friedrich Nitzsche hatte recht: Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum. Der Takt bestimmt den Alltag. Aus dem Radio, im Kaufhaus, via Kopfhörer - es gibt nur wenige Augenblicke am Tag, an denen wirkliche Stille herrscht. Was Musik mit Herzmedizin zu tun hat, haben wir eine Psychokardiologin am Herzzentrum Leipzig gefragt.

Vielfach belegen Studien, dass Musik auf unseren Körper und unser Tun direkten Einfluss nimmt. Beispielsweise kann Musik entspannen, den Kreislauf in Schwung bringen oder die Seele trösten. Doch welcher Ton dient welchem Anlass?

Das zu ergründen, haben sich seit vielen Jahren Mediziner auf die Fahne geschrieben. Einer von ihnen ist Prof. Dr. med. Hans-Joachim Trappe vom Klinikum der Ruhr-Universität Bochum. „Seine Forschungen ergaben, dass Musik von Bach und Mozart zu einer deutlichen Senkung des Blutdrucks führt. Musik von ABBA hingegen erzielte diesen Effekt nicht“, erläutert Dr. Hilka Gunold, Oberärztin und Psychokardiologin der Universitätsklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig. Sie selbst verfolgt die Arbeiten ihres Bochumer Kollegen mit großem Interesse. Trappe, selbst Kardiologe und Organist, habe unter anderem auch in Leipzig schon Vorträge gehalten.

Nach Aussage von Dr. Gunold erziele die Musik von Johann Sebastian Bach den größten Effekt.

„Bei seiner Musik lassen sich eine Senkung von Blutdruck und Herzfrequenz über mehrere Stunden nachweisen“, betont sie. Dass klassische Musik generell einen positiven Einfluss auf den Organismus ausübt, ist nicht belegbar. Die impulsiven Werke Ludwig van Beethovens etwa bleiben hinsichtlich beruhigender Effekte auf den Organismus ohne Wirkung. Gleich verhält es sich mit den Songs von ABBA. Die zwar melodisch und einfühlsam sind, „aber Textgesang aktiviert möglicherweise andere Hirnregionen und führt dadurch zu unterschiedlichen Empfindungen“, erläutert Hilka Gunold. Demnach erfuhr der Blutdruck der Probanden im Verlaufe von Untersuchungen bei ABBA keine wesentliche Senkung.

„Musik löst Reaktionen in unserem Gehirn aus; und zwar nicht nur in der Großhirnrinde”,

verdeutlicht Dr. Gunold.

Musik kann also uns und unserem Körper guttun. „Übrigens muss man nicht zwingend Bach oder Mozart hören, um seinen Blutdruck zu senken. Ähnliche Wirkungen, ergaben Untersuchungen, erzielt auch Hardrock”, hebt Dr. Gunold hervor.

Doch warum führen klassische Musik oder Hardrock zu diesen Effekten?

„Bachs Werke weisen eine Gleichmäßigkeit, eine geordnete musikalische Struktur auf. Er schafft das durch die unterschiedliche Anordnung wohl sortierter Harmonien”, erläutert die Musikpädagogin Dr. Heike Drobner. Zudem, fügt sie an, seien die Tempi bei Musik von Bach. Mozart oder Strauß so ausgerichtet, dass sie dem menschlichen Puls im Wohlzustand entsprächen. „Mozart verstand es, allen melancholischen Stücken auch eine heitere Note zu geben und allen heiteren Werken etwas Melancholisches. Verbunden mit einer bestimmten Tonhöhe erzeugt das eine Balance, die uns in eine innere Mitte versetzt”, ergänzt Drobner.

Wissenschaftlich ist längst bewiesen, dass Musik das vegetative Nervensystem des Menschen beeinflusst.

„Je nachdem was angesprochen wir, erhöht es den Blutdruck durch Reizung des Sympathikus oder senkt ihn merklich durch Ansprache des Parasympathikus”, sagt Dr. Gunold. Die Liebe zu bestimmten Musikrichtungen verstärkten die Effekte sogar noch, fügt sie an.

gluehbirne

Zu Nutze machen kann sich diese Erkenntnisse jeder. Dr. Drobner rät:

Wenn der Puls am Anschlag ist, einfach mal zurücklehnen und ruhigen Klängen lauschen.

Wenn der Organismus nur schwerlich in Schwung kommt, dann sollte man etwas ungeordnete, lautere Töne wählen.

Nützlich werden könnten die Erkenntnisse der Forschung aber auch in der chirurgischen Medizin. „Studien belegen, dass sich durch die richtige Musikauswahl Schmerzen lindern lassen. Darüber hinaus könnte man mit ihr schon vor einer Operation die Ängste der Patienten reduzieren, was nachweislich den Bedarf an Schmerzmedikation reduziert und den anschließenden Heilungsprozess verbessert”, verdeutlicht die Kardiologin.

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