Aorteninsuffizienz - was ist das?
Bei einer Aorteninsuffizienz, auch Aortenklappeninsuffizienz genannt, schließen die drei Klappensegel der Aortenklappe nicht mehr komplett. "Die Aortenklappe verbindet die linke Hauptkammer des Herzens mit der Hauptschlagader, der größten Arterie des Menschen. Ist die Funktion der Aortenklappe beeinträchtigt, strömt nach jedem Herzschlag Blut aus der Hauptschlagader zurück in die linke Herzkammer", erklärt Prof. Dr. Alexander Staudt, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Angiologie an den Helios Klinik Schwerin. Die Folge: Das Herz kann nicht mehr richtig arbeiten.
Eine Aortenklappeninsuffizienz äußert sich häufig durch Herzschmerzen, Müdigkeit, Atemnot, Schwindelgefühlen und Leistungsschwäche.
Wie wird eine Aorteninsuffizienz festgestellt?
Bei Verdacht auf eine Aorteninsuffizienz wird zunächst ein Ultraschall des Herzens (Echokardiographie) durchgeführt. Diese Untersuchung ermöglicht es, veränderte Strukturen und Funktionseinschränkungen der Herzklappen zu erkennen.
Die Ultraschalluntersuchung kann durch folgende Methoden ergänzt werden:
- EKG (Elektrokardiogramm) zur Messung der elektrischen Aktivität des Herzens
- Röntgen der Brust
- Herzkatheteruntersuchung: Mithilfe eines dünnen Schlauchs (Katheter) werden die Herzkranzgefäße und die Herzkammern auf einem Röntgenbildschirm sichtbar gemacht.
- Kardio-MRT zur genauen Quantifizierung der Aortenklappeninsuffizienz
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Wird bei Betroffenen eine leichte Form der Aorteninsuffizienz diagnostiziert, ist in der Regel keine Therapie erforderlich. Dann ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle ausreichend. Eine Operation ist notwendig, wenn die Aortenklappe strukturelle und funktionelle Veränderungen aufweist.
Prof. Staudt: "Meistens ist eine Reparatur der Klappensegel möglich. Wir sprechen dann von einer Aortenklappen-Rekonstruktion. Der Erhalt der eigenen Aortenklappe ist in den meisten Fällen die beste Therapieoption für Betroffene." In seltenen Fällen muss die Aortenklappe ersetzt werden, so der Helios Chefarzt.
Medikamente können Beschwerden verringern und die Herzfunktion stabilisieren. Blutdrucksenker helfen, den Druck in den Gefäßen zu senken, während entwässernde Medikamente (Diuretika) dabei unterstützen, Wasseransammlungen im Körper zu reduzieren. "Sie ersetzen jedoch keine Operation, wenn die Klappe stark geschädigt ist", erklärt der Schweriner Kardiologe.
Wie läuft eine Aortenklappen-Rekonstruktion ab?
Am Tag der Aufnahme finden eine ausführliche Befragung, eine Prüfung der Unterlagen sowie noch notwendige Untersuchungen wie Blutuntersuchung, Röntgen und Ultraschall statt. "Danach besprechen die Operateurinnen und Operateure sowie die Narkoseärztinnen und Narkoseärzte mit Ihnen den Eingriff", so Prof. Staudt.
Die Operation findet unter Vollnarkose statt. "Der Zugang zur Aortenklappe erfolgt standardmäßig über eine chirurgische Öffnung des Brustbeins. Das Herz wird mit der Herz-Lungen-Maschine verbunden und stillgelegt. Anschließend wird die Aortenklappe untersucht. Mithilfe verschiedener Nahttechniken oder Kunstprothesen wird die Aortenklappe wieder funktionstüchtig gemacht. Verlaufen die Tests der Klappenfunktion erfolgreich, wird die Herz-Lungen-Maschine entfernt und anschließend die Haut sorgfältig verschlossen" erklärt der Schweriner Chefarzt.
Alternativ zur Brustbeinöffnung kann der Eingriff auch minimalinvasiv durchgeführt werden. Die Auswahl der Operationsmethode richtet sich nach der Komplexität des Eingriffs sowie nach dem gesundheitlichen Zustand der Patientinnen und Patienten
"Nach Beendigung der Narkose wachen Sie im Aufwachraum auf. In den darauffolgenden 24 Stunden überwacht das Klinikpersonal Ihren Genesungszustand. Die Aufenthaltsdauer nach der Operation beträgt im Normalfall sieben Tage", sagt der Helios Kardiologe.
Nach einer Aortenklappen-Operation ist in der Regel eine kurze Reha sinnvoll, um sich körperlich zu erholen. Die meisten Betroffenen können nach einigen Wochen wieder ihren Alltag aufnehmen
Wann muss die Aortenklappe ersetzt werden?
Prof. Staudt: "Die Aortenklappe muss ersetzt werden, wenn sie stark geschädigt ist, zum Beispiel, weil das Gewebe verhärtet oder verformt ist, also strukturelle Veränderungen vorliegen. Oder weil sie nicht mehr richtig öffnet und schließt, dann sprechen wir von funktionellen Veränderungen. Als Ersatz stehen biologische oder mechanische Aortenklappen zur Verfügung."
Wie sicher ist eine Aortenklappen-Operation?
Viele Betroffene haben vor einer Herzoperation Fragen und Sorgen. Prof. Staudt erklärt: "Der Aortenklappenersatz oder die Aortenklappenrekonstruktion zählen heute zu den sichersten Operationen an den Herzklappen." Das Operationsrisiko wird durch das Lebensalter, die körperliche Verfassung, Begleiterkrankungen sowie die Dringlichkeit der Operation (Notfalloperation oder geplante Operation) beeinflusst. Bei einem geplanten Eingriff werden alle Risiken im Vorfeld einer Operation in einem ausführlichen Aufklärungsgespräch mit den Betroffenen besprochen, so der Herzspezialist.
Welche Ergebnisse sind nach einer Aortenklappen-Operation zu erwarten?
Die Aortenklappen-Operation hilft, die Funktionsfähigkeit der Herzklappe und des Herzens wiederherzustellen und die Symptome einer Aortenklappen-Erkrankung (Atemnot, Brustschmerzen, Abgeschlagenheit, Herzrhythmusstörungen, Schwellungen der Beine) zu beseitigen oder zu reduzieren.
Lebenserwartung bei Aorteninsuffizienz
Dank moderner Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten hat sich die Prognose für Menschen mit Aorteninsuffizienz in den letzten Jahren deutlich verbessert. "Entscheidend ist, die Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und im passenden Moment zu behandeln", erklärt Prof. Staudt. Die Lebenserwartung hängt stark vom Schweregrad und vom Zeitpunkt der Behandlung ab:
- Eine leichte Aorteninsuffizienz ohne Beschwerden beeinträchtigt die Lebenserwartung meist nicht.
- Bei hochgradigen Formen ohne Behandlung kann sich die Lebenserwartung deutlich verkürzen. Mögliche Symptome sollten deshalb ernst genommen und mit einem Facharzt oder einer Fachärztin abgeklärt werden.
- Nach einer Operation (Klappenrekonstruktion oder -ersatz) verbessert sich die Prognose erheblich. Sofern keine schweren Begleiterkrankungen bestehen, können Patientinnen und Patienten mit einer Lebenserwartung rechnen, die der Normalbevölkerung entspricht.
- Biologische Klappenprothesen halten in Abhängigkeit von Alter und Risikoprofil 10 bis 20 Jahre, müssen jedoch manchmal erneuert werden. Mechanische Klappenprothesen funktionieren in der Regel ein Leben lang, erfordern allerdings die lebenslange Einnahme von Blutverdünnern.
Das Wichtigste zur Aorteninsuffizienz auf einen Blick
Eine Aorteninsuffizienz belastet das Herz, kann heute aber sehr gut behandelt werden. Entscheidend ist, dass die Erkrankung rechtzeitig erkannt wird. Menschen, bei denen bereits eine Aorteninsuffizienz festgestellt wurde oder die Symptome wie Atemnot, Brustschmerzen, Schwindel oder schnelle Erschöpfung bemerken, sollten sich ärztlich untersuchen lassen. Für sie sind Kontrolluntersuchungen wichtig, um die Herzfunktion im Blick zu behalten und den passenden Zeitpunkt für eine Behandlung nicht zu verpassen. Dank moderner Operationsmethoden und langjährig erprobter Herzklappenprothesen ist die Prognose bei rechtzeitiger Behandlung meist sehr gut. Viele Betroffene können nach dem Eingriff mit einer weitgehend normalen Lebenserwartung rechnen.