Badeunfälle bei Kindern © Foto: Canva
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Kleine Helden

Kinder- und Jugendmedizin

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Kindernotfälle – Die Erste-Hilfe-Serie

Badeunfälle bei Kindern

Endlich ist der Frühsommer da. Die Freibäder öffnen und auch die Badeseen locken Familien. Toben im Wasser ist toll, aber nie unbeaufsichtigt: Denn noch immer ist Ertrinken die zweithäufigste unfallbedingte Todesursache bei Kindern.

Zwei Mädchen im Schwimmbad. Sie nutzen eine Schwimmhilfe und lächeln in die Kamera.
Schwimmkurse geben Kindern Sicherheit im Wasser | Foto: Canva

Schon eine Badewanne oder das Planschbecken können für den Nachwuchs sehr gefährlich sein. Babys und Kleinkinder sollten nur in speziellen Badewannen baden und dabei auf keinen Fall allein gelassen werden. Erwachsene sollten ihre Kinder beim Baden und Planschen nie allein lassen. „Bei Kleinkindern ist Ertrinken die zweithäufigste Todesursache nach Verkehrsunfällen! Weil das Thema gerade im Urlaub, generell aber jetzt im Sommer aktuell ist, möchte ich heute ein wenig näher darauf eingehen, was Eltern in der Nähe von Wasser jeglicher Art grundsätzlich immer beachten sollten“, sagt Dr. Marco Thiele, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in der Helios Klinik Jerichower Land.

Ertrinken ist keine Frage der Wassertiefe

Jedes Jahr zur Sommerzeit häufen sich die Meldungen von Ertrinkungsunfällen. Kleinkinder sind bereits im flachen Wasser gefährdet, da sie meist noch nicht schwimmen können. Vertieft ins Spielen, geraten die Kleinen in tieferes Wasser oder fallen vom Ufer aus hinein. Schon wenige Zentimeter Wassertiefe reichen dann aus, um zu ertrinken. Auch in Zier- und Gartenteichen, großen Pfützen, Springbrunnen oder Regentonnen sind schon häufiger Kinder ertrunken. „Wegen ihres hohen Schwerpunkts können hingefallene Kinder nicht einfach die Beine unter den Körper ziehen und aufstehen. Fallen sie mit dem Kopf ins Wasser, löst dies eine Art Schockreaktion aus, die Stimmritze im Rachenraum schließt sich und macht die Atmung unmöglich“, berichtet Dr. Thiele. Bei diesem trockenen Ertrinken ersticken die Kinder häufig, ohne das Wasser in die Lunge gelang. 

Ertrinken ist keine Frage der Schwimmfähigkeiten

Zwei Kinder tauchen im Schwimmbad zwischen ihren Eltern.
Eltern sollten kleine Kinder nicht unbeaufsichtigt schwimmen lassen | Foto: Canva

Auch ältere Kinder mit Seepferdchen-Abzeichen können ohne weiteres ertrinken: beim Toben, wenn sie mit dem Kopf aufschlagen und benommen untergehen oder schlicht durch Entkräftung, wenn sie zu lange in tiefem Wasser gewesen sind.

Ertrinkende können nicht um Hilfe rufen

Um sprechen zu können, muss erst die Atmung sichergestellt sein. Da sich der Mund beim Ertrinken unter Wasser befindet und nur kurzzeitig auftaucht, ist die Zeit für Ausatmen, Einatmen und einen Hilferuf zu kurz.

Ertrinkende können nicht um Hilfe winken

Beim Ertrinken ist der Körper aufrecht im Wasser. Die Arme werden instinktiv seitlich ausgestreckt und von oben auf die Wasseroberfläche gedrückt, um den Körper über Wasser zu halten. Eine bewusste Steuerung der Arme ist nicht möglich. Ertrinkende Kinder bewegen sich gar nicht – sie strampeln nicht, sondern sinken bewegungslos zu Boden wie ein Stein.

Erste-Hilfe-Maßnahmen

  • Das Kind sofort aus dem Wasser bergen!
  • Das Kind ansprechen und die Bewusstseinslage prüfen.
  • Unverzüglich in eine Decke wickeln um die Körpertemperatur aufrecht zu erhalten, möglichst durchnässte Kleidung entfernen, Kind warm halten, beruhigen.
  • Ist das Kind bewusstlos werden die Atemwege kontrolliert und sofort mit der Mund-zu –Mund-, bzw. Mund-zu-Nase-Beatmung (bei Babys) begonnen.
  • Ist kein Puls tastbar, eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführen.
  • Notruf tätigen.
  • Begonnene Maßnahmen durchführen, bis Rettung eintrifft.
  • Kinder auf keinen Fall mit dem Kopf nach unten halten und schütteln um mögliches Wasser aus den Lungen zu bekommen.

Eine Mutter mit ihrem Baby im Schwimmbecken.
Babyschwimmen macht Kinder mit Wasser vertraut | Foto: Canva

Auch wenn ein Kind nach einem vermutlichen Ertrinkungsunfall keines dieser Anzeichen aufweist, sollte es auf jeden Fall ärztlich behandelt werden. Denn was viele Eltern nicht wissen: Ertrinken kann das Kind auch außerhalb des Wassers. Verzögertes Ertrinken - auch sekundäres oder zweites Ertrinken genannt – ist eine oft unterschätze Gefahr für Kinder und fordert jedes Jahr zahlreiche Todesopfer. Das in die Lunge eingedrungene Wasser kann nämlich auch noch Stunden später Komplikationen auslösen und zu schwerer Atemnot führen. Kinder, die nach einem Vorfall im Wasser auch nach einer beschwerdefreien Phase wieder anfangen zu husten, ungewöhnlich schnell atmen, teilnahmslos wirken oder deren Lippen sich verfärben, sollten umgehend in eine kinderärztliche Notfallaufnahme gebracht werden. Kinder reagieren in diesem Fall auch mit Fieber.

Wichtig!

Kleinere Kinder sollten im Wasser nie unbeaufsichtigt sein!

Kinderunfälle sind oft vermeidbar. Besonders zu empfehlen ist es, wenn Eltern ihr Erste-Hilfe-Wissen regelmäßig wieder auffrischen. Das kann Leben retten!

Kinder, die im Wasser spielen, sind laut und machen Lärm – wird es still, sollte man schleunigst nachschauen, weshalb.

Für den Ertrinkungsunfall gilt, egal wie gering die Lebenszeichen nach dem Bergen des Patienten sind, es sollten immer Reanimationsmaßnahmen ergriffen werden bis der Notarzt eintrifft.