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Die richtige Ernährung bei Gicht

Gibt es die richtige Ernährung bei Gicht? Ja. Aber dabei handelt es sich nicht etwa um eine spezielle Diät, sondern vielmehr um eine gesunde Ernährungsumstellung. Andrea Stallmann ist Diätassistentin, Ernährungsberaterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und Ernährungspsychologin im Helios Cäcilien-Hospital Hüls. 

10. Januar 2024
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Wie entsteht Gicht?

"Gicht ist eine Purin-Stoffwechselerkrankung, bei der sich die Gelenke entzünden können", so Andrea Stallmann. Durch eine hohe Harnsäurekonzentration im Blut lagern sich Harnsäurekristalle in den Gelenken, Schleimbeuteln, Sehnen oder im Ohrknorpel ab. Das führt zu Entzündungen und im Verlauf zu Schäden an den Gelenken. Beträgt der Anteil der Harnsäure im Blut mehr als 6,5 Milligramm/Deziliter liegt eine Hyperurikämie vor. Betroffene haben dann zu viel Harnsäure im Blut.

Da der Körper die Harnsäure nicht abbauen kann, scheidet er sie vor allem mit dem Urin aus. Die erhöhte Harnsäurekonzentration kann zum einen durch eine vermehrte Bildung von Harnsäure und zum anderen durch eine verminderte Harnsäureausscheidung über die Nieren hervorgerufen werden. In Deutschland leben ein bis zwei Prozent der Bevölkerung mit der Stoffwechselerkrankung. "In der Regel erkranken eher Männer an Gicht. Etwa acht von zehn Patienten sind männlich", sagt die Ernährungsexpertin.

Welche Ernährung löst Gicht aus?

Das Entstehen von Gicht geht oft auf eine üppige Ernährung mit übermäßigem Alkoholkonsum zurück – das ist auch vielen Erkrankten bekannt. Betroffene sollten daher purinreiche Lebensmittel und Alkohol meiden. Vor allem Fleisch, Wurst, Innereien und Fisch sind bei einem erhöhten Harnsäurespiegel ungünstig. Auch Hülsenfrüchte, Säfte und Softgetränke können den Harnsäurespiegel steigen lassen.

Die Ernährung spielt bei Gicht eine zentrale Rolle und kann Folgen für den Harnsäuregehalt im Blut haben. Die richtige Auswahl an Lebensmitteln kann dem entgegenwirken. "Sowohl zur Vorbeugung als auch zur Behandlung einer Gicht ist eine Ernährungsumstellung die beste Therapie", erklärt Andrea Stallmann. Ziel ist die dauerhafte Senkung des Harnsäurespiegels im Körper und ein Harnsäurewert unter sechs Milligramm pro Deziliter.

Wie sieht eine purinarme Ernährung aus?

"Wer sich purinarm ernähren möchte, sollte vor allem bei Fleisch- und Fischerzeugnissen, aber auch bei einigen pflanzlichen Lebensmitteln aufpassen", rät die Ernährungsexpertin. Das Übermaß an Harnsäure stammt aus den Purinen in der Nahrung.

Konkret heißt das, rotes Fleisch und Geflügel sollte nur in geringen Mengen gegessen werden. Fisch und Meerestiere sollten nicht mehr als einmal pro Woche auf den Tisch kommen. Dabei gilt auch, die Omega-3-Fettsäure reichen Fischarten zu bevorzugen, etwa Wildlachs, Makrele und Hering. Die Haut von Fleisch und Fisch, als auch Innereien, sind wahre Purinbomben und sollten eher gemieden werden.

"Anders als früher häufig empfohlen, gilt nicht mehr, dass die Zufuhr tierischer und pflanzlicher Proteine grundsätzlich reduziert werden sollte", sagt Andrea Stallmann. Eher das Gegenteil ist der Fall, denn insbesondere Nüsse und Hülsenfrüchte sind empfehlenswert, da sich deren Zusammensetzung auch bei Gicht-Patient:innen positiv auf das kardiovaskuläre Risiko auswirken kann.

Auch bei Getränken ist Vorsicht geboten. Bier, auch alkoholfrei, sowie Spirituosen enthalten viele Purine und sollten möglichst gemieden werden. Beim Bier ist das Problem auch die negative Beeinflussung des Harnsäurestoffwechsels – Alkohol kurbelt die Bildung von Harnsäure an und hemmt ihre Ausscheidung über die Nieren. Besonders kritisch ist das Bier, denn es enthält selbst Purine. Ab und zu ein Glas trockener Wein ist erlaubt. Die Obergrenze der täglichen Purinaufnahme liegt bei circa 500 Milligramm. Während und nach einem Gichtanfall sollte die Purinaufnahme auf höchstens 200 Milligramm pro Tag gesenkt werden.

Welche Lebensmittel sind purinarm?

Purine kommen in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor. Zu beachten ist, dass der Puringehalt einzelner Lebensmittel davon abhängig ist, wie das Produkt zubereitet wurde. So enthält gebratenes Fleisch mehr Purine als rohes Fleisch.

Bei Gicht ist eine ovo-lacto-vegetabile Ernährung günstig. Sie setzt sich aus Milchprodukten, Eiern und viel Gemüse (ausgenommen purinreiche Sorten wie Kohl, grüne Bohnen, Brokkoli, Spinat und Spargel) zusammen. Milch, Joghurt und Quark enthalten wenig bis gar keine Purine und können beliebig viel gegessen werden, ohne dass der Harnsäurespiegel steigt. Selbiges gilt für Eier und Hartkäse. Auch eiweißreiche, pflanzliche Lebensmittel, etwa Getreideprodukte- oder -flocken passen gut auf den Speiseplan. Ebenso wie Kartoffeln, Eiernudeln, Weißbrot und Reis, die ebenfalls einen geringen Puringehalt haben.

Neben der richtigen Ernährung ist auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig: zwei bis drei Liter Wasser, ungesüßte Kräuter- und Früchtetees sowie Kaffee sind hier empfehlenswert. Die aufgenommene Flüssigkeit verdünnt das Blut und führt dazu, dass Harnsäure besser ausgeschieden wird.

Diese Lebensmittel erhöhen die Harnsäure

Es gibt es ein paar Lebensmittel, die sich negativ auf den Harnsäuregehalt auswirken und einen Gichtanfall auslösen können.

Dazu zählen:

  • Haut von Fisch
  • Innereien (Leber, Bries, Herz, Nieren)
  • fettreiches Fleisch, wie Haxe, Gans, Ente (insbesondere die , lässt man diese weg, verringert sich der Puringehalt drastisch)
  • Speck, Schweine- und Gänseschmalz, Butterschmalz, Mayonnaise
  • fettreiche Wurst (zum Beispiel Bratwurst, Mettwurst, Salami, Leberwurst)
  • Alkohol, insbesondere Bier, auch alkoholfreies
  • Softdrinks und Fruchtsäfte mit zusätzlichem Fruchtzucker (Fruktose)
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Umrechnungshilfe:

 

1 Milligramm Harnsäure entspricht etwa 0,42 Milligramm Purine

1 Milligramm Purine entspricht etwa 2,4 Milligramm Harnsäure

 

Die Ernährungsexpertin rät: "Purinreiche Lebensmittel mit einem Gehalt von mehr als 250 Milligramm Harnsäure sollten Betroffene besser ganz meiden, insbesondere Innereien."

Wieso sollte bei Gicht der Fruchtzucker eingeschränkt werden?

Studien legen nahe, dass Gicht und Fruchtzucker zusammenhängen. So soll Fruchtzucker die Harnsäureausscheidung behindern und dadurch Gichtanfälle fördern. "Fruchtzucker ist ein Problem, aber nicht der tägliche Obstkonsum ist problematisch, sondern der industrielle Einsatz von Fruchtzucker als Süßungsmittel in Softdrinks, Multivitaminsäften, Müsliriegeln oder auch Süßigkeiten", sagt Andrea Stallmann. Fruktose ist das einzige Kohlenhydrat, dass einen direkten Effekt auf den Harnsäuregehalt im Blut und Urin hat. Eine Ursache ist der physiologische Fruktose-Metabolismus im Körper, der zu einer Steigerung der körpereigenen Purin-Synthese führt. Fruktose hemmt ähnlich wie Alkohol die Harnsäure-Ausscheidung. Gicht-Patient:innen sollten daher auf mit Fruktose gesüßte Säfte und Softdrinks verzichten.

Ausreichend trinken

Wer an Gicht leidet, sollte ganz besonders darauf achten, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen – mindestens zwei Liter Wasser oder auch Kräuter- oder Früchtetees täglich. Wassermangel kann ein auslösender Reiz für eine Gicht sein. Betroffene, die ausreichend trinken, tragen dazu bei, die Harnsäure im Blut zu verdünnen und können dadurch das Risiko eines Gichtanfalls verringern.

Auf die Ernährung kommt es an

Anstatt sich bei einer Gichterkrankung auf eine bestimmte Diät zu konzentrieren, sollten Betroffene sich mehr mit dem Thema gesunde Ernährung beschäftigen und bestimmte Lebensmittelgruppen meiden. Wer übergewichtig ist, sollte langsam und bewusst abnehmen. Werden bestimmte Lebensmittel in der Ernährung gemieden, lassen sich Gichtanfälle vermeiden und Beschwerden verringern.

Häufig gestellte Fragen rund um die Ernährung bei Gicht

Lesen Sie hier Antworten auf die häufigsten Fragen rund um das Thema Gicht.

Ist eine Gicht-Diät sinnvoll?

"Bei einem zu hohen Körpergewicht besteht ein Risiko für die Stoffwechsel-Krankheit Gicht", erklärt Andrea Stallmann. Liegt der Body-Mass-Index über 25, ist es ratsam, abzunehmen. Dabei sollten Betroffene bei der Gewichtsreduktion langsam vorgehen und nicht mehr als zwei bis drei Kilogramm pro Monat verlieren. Denn: Eine zu schnelle Gewichtsabnahme kann ein Auslöser für einen Gichtanfall sein. Spezielle Gicht-Diäten gibt es nicht. Wer abnehmen möchte, sollte dazu mit seinem Arzt oder seiner Ärztin sprechen und einen individuellen Plan erstellen.

Welches Brot kann ich bei Gicht essen?

Vollkornbrot eignet sich besonders gut für eine purinarme Ernährung.

Welches Obst sollte ich bei Gicht nicht essen?

Gezuckerte Obstkonserven, Obstmus und kandiertes Trockenobst sollte möglichst gemieden werden. Auch beim Einsatz von industriellen Fruchtzucker ist Vorsicht geboten, da dieser den Harnsäureabbau hemmt. Gut sind hingegen zwei Hände voll frisches Obst – egal was.

Welches Fleisch kann ich bei Gicht essen?

Hühnerfleisch, Putenfleisch ohne Haut und Putenaufschnitt sind in Maßen in Ordnung. Auch mageres Rind-, Kalb- oder Wildfleisch kann in Maßen auf den Speiseplan.

Sind Bananen bei Gicht gesund?

Der hohe Kaliumgehalt in Bananen hilft, Harnsäurekristalle in flüssige Form umzuwandeln, um sie beim Urinieren aus dem Körper zu spülen. Zudem enthalten Bananen moderate Mengen an Vitamin C, das bei der Bekämpfung von Schwellungen und Schmerzen sehr effektiv sein kann. Aber: Bananen sollten nicht in größeren Mengen verzehrt werden. Besser ist Gemüse, das reich an Kalium und Vitamin C ist.

Warum Vitamin C?

Vitamin C hat einen harnsäuresenkenden Effekt und kann bei Schwellungen und Schmerzen effektiv sein. Aber: Es bringt nichts, Vitamin C in großen Mengen zu sich zu nehmen, da der Körper dies nicht verwerten kann und dann einfach wieder ausscheidet.

Helios Cäcilien-Hospital Hüls

Diätassistentin

Anders als früher häufig empfohlen, gilt nicht mehr, dass die Zufuhr tierischer und pflanzlicher Proteine grundsätzlich reduziert werden sollte

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