Was ist ein Herzinfarkt?
Für circa 20 Prozent aller Todesfälle in Europa sind Durchblutungsstörungen des Herzmuskels verantwortlich.
Eins ist klar: Der Herzinfarkt ist lebensbedrohlich. Doch was passiert in diesem Moment im Körper? Gibt es Vorzeichen? Wie kann ich vor Ort Betroffenen helfen? Welche Überlebenschancen und Therapiemöglichkeiten bestehen? Alle Fragen rund um das Schreckenswort Herzinfarkt beantwortet Prof. Holger Thiele, Kardiologe am Herzzentrum Leipzig.
Für circa 20 Prozent aller Todesfälle in Europa sind Durchblutungsstörungen des Herzmuskels verantwortlich.
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Koronararterien versorgen die Vorder-, Seiten- und Hinterwand des Herzmuskels mit Blut. Tritt ein akuter Verschluss eines dieser Herzkranzgefäße auf, sprechen wir von einem Herzinfarkt. Nach circa 15 Minuten sterben die Herzmuskelzellen in diesem Gebiet ab.
Die häufigste Ursache für den Verschluss eines Herzkranzgefäßes sind Plaqueablagerungen. Plaques bestehen hauptsächlich aus Cholesterin, Kalk und Entzündungszellen sowie einer feinen Bindegewebskappe. Reißt die zuletzt genannte ein, lagern sich - wie bei einer Wunde auf der Haut – Blutplättchen an. Das entstehende Gerinnsel verschließt das Blutgefäß, es kommt zu einem Herzinfarkt. Ebenso kann eine geschädigte Plaqueoberfläche eine Ansiedlung von Blutplättchen auslösen. Auch dann entsteht ein Gerinnsel, welches zum Verschluss des Gefäßes führt. Bei etwas mehr als zehn Prozent der Betroffenen wird der Herzinfarkt nicht durch verengte Koronargefäße hervorgerufen. Ursächlich können hier z.B. ein Krampf der Herzkranzgefäße oder auch verschleppte Blutgerinnsel sein.
Kann das ein Herzinfarkt sein? An diesen Vorzeichen erkennt ihr ihn. Ab Vorsicht: Nicht immer sind die Anzeichen eindeutig. Mehr dazu gibt es hier.
Prof. Thiele rät: „Bei Symptomen, wie anhaltender Schmerz oder Druck- und Engegefühl im Brustraum, gilt es, keine Zeit zu verlieren. Handelt rasch und ruhig!“ Diese Hinweise helfen euch dabei:
Liegt ein Kreislaufstillstand vor, müsst ihr unverzüglich mit der Wiederbelebung beginnen.
Euer letzter Erste-Hilfe-Kurs liegt bereits eine Weile zurück? Wir frischen euer Wissen zur Wiederbelebung hier wieder auf.
Besteht der Verdacht auf einen Herzinfarkt, so wird der Patient oder die Patientin nach der Erstversorgung durch den Rettungsdienst unverzüglich in ein Krankenhaus gebracht. Ein Elektrokardiogramm (EKG) sowie die im Blut bestimmten Infarktmarker Troponin T und I helfen den dort tätigen Mediziner:innen bei der Diagnosestellung. Mittels einer Ultraschalluntersuchung kann darüber hinaus geprüft werden, ob die Pumpfunktion beeinträchtigt ist. Zumeist folgt dann eine Herzkatheter-Untersuchung, in der die Herzkranzgefäße dargestellt und so Verengung bzw. Verschlüsse erkannt werden können.
EKG steht für Echokardiogramm. Wir erklären euch hier, wie diese Untersuchung abläuft und welche Erkenntnisse daraus gezogen werden können.
Auch hier ist die Zeit der Maßstab zum Handeln. „Um den Schaden am Herzmuskel so klein wie möglich zu halten, muss das verschlossene Herzkranzgefäß, welches den Herzinfarkt verursacht hat, sehr schnell wieder durchgängig gemacht werden“, beschreibt Prof. Thiele das Ziel der Therapie. Hierzu stehen in der modernen Medizin verschiedene Wege zur Verfügung. Goldener Standard ist die perkutane Koronarintervention, bei der unter Zuhilfenahme eines Ballonkatheters ein Stent als Gefäßprothese in das betroffene Koronargefäß eingeführt wird. In sehr seltenen Fällen kann ein akuter Herzinfarkt auch einer herzchirurgischen Versorgung bedürfen, z. B. bei einem Riss der Trennwand zwischen den Herzkammern.
Bereits seit einigen Jahren zertifiziert die Deutsche Gesellschaft Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. sogenannte Chest Pain Units (CPU). Sie dienen der Versorgung von Patient:innen mit unklarem Brustschmerz in der Notaufnahme bzw. im Krankenhaus. Die Zertifizierung beinhaltet eine Überprüfung der räumlichen und apparativen Voraussetzungen. Zugleich werden die Prozesse und Abläufe begutachtet, insbesondere vor dem Hintergrund der im Fall eines Herzinfarktes zur Erhaltung der Herzmuskelzellen gebotenen Eile.
Zertifizierte Chest Pain Units garantieren den Betroffenen also eine bestmögliche Versorgung. In Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg, der Helios Region Ost, sind in den Helios Kliniken mehrere Chest Pain Units mit diesem Gütesiegel ausgezeichnet worden.
Unserer fortgeschrittenen Medizin ist es zu verdanken, dass Herzinfarktpatient:innen heute eine weitaus bessere Überlebenschance als vor 30 Jahren haben. Aber was kommt danach? „Auch die langfristigen Aussichten haben sich in den letzten Jahrzehnten für Herzpatienten deutlich verbessert. Aber noch immer ist das Sterberisiko doppelt so hoch wie in der vergleichbaren herzgesunden Bevölkerungsgruppe“, weiß der Kardiologie-Professor und fügt hinzu: „Dies liegt – so zeigen es uns Studien – weniger an den Folgen des Infarkts als am gesamten Lebensstil.“ Es sind also genau die Faktoren, die zum Herzinfarkt geführt haben, die die Lebenserwartung auch danach einschränken. Hier sind die Patient:innen selbst und deren Angehörige gefragt, den Herzinfarkt als Weckruf zu verstehen und gemeinsam einen gesunden Lebensstil zu pflegen.
Jeder kann seinem individuellen Herzinfarktrisiko entgegenwirken. Wie das geht, liest du hier.