Interview

Zwei Jahre DiGA - wie sieht‘s aus?

Zwei Jahre DiGA - wie sieht‘s aus?

Seit zwei Jahren können in Deutschland Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verordnet werden. Dr. Michael Fiedler, ambulant und stationär tätiger Internist und Diabetologe im Helios Klinikum Berlin-Buch, gibt Einblicke in die aktuellen Entwicklungen und berichtet aus der Praxis.

Wie würden Sie die Entwicklung der letzten zwei Jahre beschreiben?

Aktuell können 32 DiGA durch ärztliche und psychotherapeutische Behandler:innen verordnet werden. Nachdem viele der Anwendung nur vorläufig in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen wurden, konnten mittlerweile viele Hersteller den Nutzen nachweisen. Andere DiGA sind aus dem Verzeichnis gefallen, da der Nutzen nicht oder unzureichend nachgewiesen wurde.

Für welche Bereiche in der Medizin gibt es DiGA und was ist deren Nutzen?

Sie dienen dem Erkennen, dem Management oder der Therapie einer Erkrankung. Vor allem im psychiatrischen Bereich gibt es viele DiGA mit Behandlungsschwerpunkt Depression, Angststörung oder Phobien. Weitere Einsatzgebiete sind Brustkrebs, Burnout, Tinnitus oder multiple Sklerose.

Wie erfolgt die Verordnung?

Wenn das Behandlungsteam vom Nutzen der App bei einem bestimmten Krankheitsbild überzeugt ist, kann diese verschrieben werden. Das Rezept wird bei der Krankenkasse eingereicht. Diese genehmigt dann die Kostenübernahme und stellt den Patient:innen einen Zugangscode für die App bereit. Perspektivisch soll das alles digital funktionieren, allerdings ist momentan noch der Umweg auf Papierrezept notwendig.

Gibt es aus Ihrer Sicht Punkte, die Behandler:innen und Patient:innen beachten sollten?

Mit den Patient:innen muss geklärt werden, ob sie mit der digitalen Nutzung zurechtkommen und es auch über den jeweiligen Behandlungszeitraum (in der Regel drei Monate) nutzen werden. Die Kosten für eine DiGA sind nicht unerheblich (200- 600 Euro pro Quartal) und sollten daher gezielt eingesetzt werden bei Menschen, die sehr wahrscheinlich einen Nutzen haben und digitalaffin sind.

Wie würden Sie den Nutzen für die Patient:innen in Ihrem Fachbereich bewerten?

Aufgrund meines Schwerpunktes habe ich in erster Linie Erfahrungen mit Anwendungen aus dem Bereich Diabetes und Adipositas sammeln können. Durch die konstante Unterstützung der jeweiligen DiGA konnten viele Patient:innen durch Wissenszuwachs, Bewegung, Ernährungsumstellung und mehr Gesundheitsbewusstsein ihr Gewicht reduzieren oder das Management ihres Diabetes deutlich verbessern. Natürlich gibt es wie bei jeder Therapie in der Medizin auch Menschen, die weniger profitiert haben. Hier ist die schon erwähnte Absprache zwischen Behandler:in und Patient:in ganz wichtig, um Fehlverordnungen und Enttäuschungen vorzubeugen.

Dr. Michael Fiedler, ambulant und stationär tätiger Internist und Diabetologe im Helios Klinikum Berlin-Buch.