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Rückengesundheit - So bleiben Ihre Mitarbeitenden fit und gesund

Rückenbeschwerden gehören zu den häufigsten Gesundheitsproblemen am Arbeitsplatz – und das betrifft längst nicht nur Menschen mit körperlich anstrengenden Jobs. Langes Sitzen, falsche Körperhaltung und zu wenig Bewegung können im Büro aber auch im Alltag schnell zu Problemen führen. Arbeitsmediziner Stefan Riewe erklärt, warum Rückenprobleme so weit verbreitet sind und welche einfachen Maßnahmen jeder ergreifen kann, um Rückenbeschwerden vorzubeugen.

08. April 2025
A storage worker having back pain and holding spine.

Zur Person:
Seit September 2022 ist Stefan Riewe Teil des Teams der Helios Arbeitsmedizin. Am Standort Berlin-Brandenburg kümmert er sich um ein breites Spektrum arbeitsmedizinischer Themen – von der Beratung bei Rückenbeschwerden bis hin zu vielfältigen präventiven Maßnahmen. Besonders motiviert ihn, wie viel man schon mit kleinen Impulsen im Arbeitsalltag der Menschen bewegen kann.

 

Was sind die häufigsten Ursachen für Rückenschmerzen am Arbeitsplatz?

In der Evolution hat sich der menschliche Körper durch aktive Tätigkeiten wie Gehen, Klettern und das Überwinden von Hindernissen geformt. Aus dem ständigen in-Bewegung-Sein und den dauerhaften Anforderungen an die Funktionalität entwickelten sich unsere Wirbelsäule und Muskulatur. Heutzutage sitzen wir jedoch meist und bewegen uns zu wenig, wodurch unser gesamter Bewegungsapparat nicht mehr ausreichend gefordert wird. Nach dem Prinzip „Was nicht gebraucht wird, wird eingespart“ führt die mangelnde Aktivität zu einem Abbau und einer Schwächung aller Strukturen. Rückenschmerzen entstehen oft durch eine Kombination aus zu wenig Bewegung im Alltag und plötzlichen und ungewohnt hohen Belastungen, beispielsweise beim Tragen eines schweren Einkaufs, die der Körper nicht kompensieren kann.

Arbeitsmedizinisches Institut Berlin-Brandenburg

Nicht die Arbeit selbst ist schädlich, sondern unsere gegenwärtige Lebensweise, die nicht den natürlichen Anforderungen an unseren Rücken entspricht.

Gibt es spezifische Berufsgruppen, die besonders anfällig für Rückenprobleme sind?

Rückenschmerzen sind überall vertreten und können jeden treffen. Dabei ist es oftmals dasselbe Grundproblem: Die zu geringe und nicht adäquate Nutzung des Rückens. 

Welche langfristigen Auswirkungen können falsche Bewegungsgewohnheiten oder eine schlechte Körperhaltung auf die Rückengesundheit haben?

Langfristige Rückenschmerzen können durch degenerative Veränderungen wie Bandscheibenvorfälle entstehen, bei denen die Pufferwirkung der Bandscheiben nachlässt und Knochen stärker aufeinandertreffen. Dies kann zu Versteifungen der Wirbelkörper und Verengungen im Rückenmarkskanal führen. Doch die gute Nachricht ist, dass viele Veränderungen reversibel sind und der Körper aktiv regeneriert werden kann.

Wie können Arbeitgeber die Rückengesundheit ihrer Mitarbeitenden unterstützen?

Es gibt bereits viele Ansätze zur Verbesserung der Rückengesundheit am Arbeitsplatz, aber es könnte noch mehr getan werden. Arbeitgeber erkennen zunehmend, dass Rückenschmerzen Arbeitsausfälle verursachen können. Mögliche Maßnahmen sind bewegte Pausen, ergonomische Arbeitsplätze und ein möglichst häufiger Wechsel der Körperhaltung, wie das Arbeiten im Stehen oder auf einem Sitzball. Auch Meetings mit zwischenzeitlichem Gehen oder Laufbänder unter dem Schreibtisch können helfen. Eine Veränderung der „Rückenkultur“, ein neu-Denken und selbstverständlich-Werden von regelmäßiger Bewegung im Alltag ist entscheidend, da ein ergonomischer Arbeitsplatz allein nicht ausreicht und den Trainingsreiz nicht ersetzen kann.

 

Rückengesundheit erfordert Bewegung (wie Gehen oder Laufen), Stabilität und Beweglichkeit der Gelenke, wobei Stabilitätstraining besonders wichtig ist. Der Fokus sollte darauf liegen, im Alltag jede Gelegenheit für entsprechende Signale an die stabilisierenden Bewegungskomponenten zu nutzen, wie das Zähneputzen im Stehen auf einem Bein, anstatt im Sitzen. Was häufig gebraucht wird, wird auf- und ausgebaut – und so entstehen nicht nur stärkere Muskeln, sondern auch im Gehirn Bewegungsprogramme, die wir nach ausreichender Wiederholung fast automatisch und ohne viel Energieauffand auch am Arbeitsplatz abrufen. Es bedarf ein Umdenken im Alltag, anstatt teure Geräte oder Ausstattung. 

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Wir sollten uns von der Vorstellung lösen, dass es ausreicht, dienstags einen Kurs im Fitnessstudio zu besuchen. Das ist zwar besser als nichts, bringt jedoch nicht den großen Lernerfolg.

Wie können Unternehmen das Bewusstsein für Rückengesundheit unter ihren Mitarbeitern stärken?

Rückenschulen und Seminare zeigen gute Ergebnisse, indem sie den Teilnehmenden helfen, die Ursachen von Rückenschmerzen zu verstehen und selbst aktiv zu werden. Sie lernen, wie sich der Rücken über Jahre verändert und wie man durch gezielte Übungen und Trainingsreize im Alltag entgegenwirken kann. Damit helfen praxisorientierte Schulungen dabei, das Grundproblem der Rückenschmerzen nachhaltig anzugehen.

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Mitarbeitende, die in Zwangshaltungen arbeiten, sollten alle halbe Stunde die Möglichkeit haben, eine Bewegungsübung durchführen zu können.

Welche Rolle spielt die psychische Gesundheit in der Entstehung von Rückenproblemen?

Die Wahrnehmung von Schmerz ist sehr subjektiv und spielt eine entscheidende Rolle bei Rückenschmerzen. Fokussiert man sich auf den Schmerz, kann dieser intensiver erscheinen.  Ablenkung hingegen durch beruflichen und privaten Aufgabendruck oder Freude bei der Tätigkeit, kann die Schmerzen manchmal deutlich verdrängen.

Andererseits können psychische Belastungen Schmerzen erzeugen: Stressfaktoren erhöhen den Grundtonus der Muskulatur.  Dauerhaft anhaltend können sie zu Verspannungen und Schmerzen und somit wiederum zu einem höheren Stresslevel führen und sich gegenseitig verstärken. Nicht umsonst spricht man beim Rücken vom Spiegelbild der Seele.

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Das Leben hat sich so gewandelt, dass wir unseren Rücken bei weitem nicht mehr so nutzen, wie er genutzt werden möchte. Oft macht er uns über Schmerzen deutlich, dass es so nicht mehr geht.