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Aids - Die Gefahr ist deutlich gebannt

Menschen, denen in den 1980ziger und 1990ziger Jahren die Diagnose Aids gestellt wurde, hatten wegen fehlender Medikamente kaum Chancen auf Heilung. Ihre weitere Lebenserwartung war sichtlich begrenzt. Heute stellt sich die Situation deutlich anders dar. Gleichwohl bleibt die Krankheit gefährlich. Nicht zuletzt wegen der Medikamentennebenwirkungen. Vor allem das Herz ist davon betroffen.
29. November 2022

Nach Auskunft des Robert-Koch-Institutes lag die Zahl der Menschen mit HIV in Deutschland Ende 2021 bei 90.800. Von diesen sind etwa 8.600 HIV-Infektionen noch nicht diagnostiziert. Für den Freistaat Sachsen schätzt das Institut die Zahl derer, die bis Ende 2021 mit HIV/AIDS lebten, auf insgesamt 3.200, wovon 2.730 mit und 470 ohne HIV-Diagnose waren. Die geschätzte Zahl der Neuinfektionen tendiert demnach in Sachsen bei etwa 115, 95 Männer und 20 Frauen.

Auch vier Jahrzehnte nach dem erstmaligen Auftreten der Krankheit ist Aids somit noch immer ein Thema. Allerdings kennzeichnet die Krankheit inzwischen ein anderes Erscheinungsbild. HIV-Medikamente unterdrücken heute die Vermehrung der Viren im Körper erfolgreich. Gänzlich vernichten können sie den Virus und sein Schläferzellen im Körper aber nicht. Dennoch: Bei rechtzeitigem Behandlungsbeginn bestehen für die Patient:innen gute Chancen auf eine normale Lebenserwartung bei guter Lebensqualität.

Ungefährlich bleibt das Leben mit HIV damit aber nicht. “Menschen mit einer HIV-Infektion haben ein höheres Risiko, eine generalisierte Arteriosklerose, eine Herzkranzgefäßerkrankung, einen Schlaganfall oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (Schaufensterkrankheit) zu entwickeln“, betont Prof. Dr. Sandra Eifert, Oberärztin der VAD-/Herztransplantationsambulanz am Herzzentrum Leipzig. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig.

Hand holding Red Ribbon for December World Aids Day (acquired immune deficiency syndrome), multiple myeloma Cancer Awareness month and National Red ribbon week. Healthcare and world cancer day concept

Zucker- und Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht und Bewegungsmangel spielen für die Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankungen auch bei Menschen mit HIV eine wesentliche Rolle, sagt Prof. Eifert. Zudem, fügt sie an, stehen bei Männern Rauchen und Bluthochdruck im Vordergrund, bei Frauen Diabetes sowie Schwangerschaftskomplikationen. Autoimmun- und rheumatische Erkrankungen verstärken bei beiden Geschlechtern das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung.

Darüber hinaus belegten Studien, so die Medizinerin, dass die Entzündungsreaktion durch die chronische HIV-Infektion selbst bei erfolgreich medikamentös behandelten Patient:innen ein wesentlicher Faktor für vermehrte Arteriosklerose und Folgeerkrankungen im Herz-Kreislauf-System zu sein scheint. Frauen sind davon offensichtlich stärker betroffen als Männer. „Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Frauen mit HIV öfter Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickeln als Männern mit HIV. In der Partners-Kohorte war das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, bei Frauen mit HIV dreimal höher als bei Frauen ohne HIV. Im Unterschied dazu war das Risiko für Männer mit HIV 1,4-fach erhöht im Vergleich zu Männern ohne HIV“, erläutert Prof. Eifert.

Da HIV-Infizierte unter einer medizinisch engmaschigen Kontrolle stehen, können auch kardiovaskuläre Erkrankungen bei ihnen frühzeitig erkannt werden. „Die Patient:innen medizinisch zu behandeln, ist heute längst kein Thema mehr. HIV-positive Menschen sind grundsätzlich nicht mehr ansteckend, wenn sie ihre HIV-Therapie nach Plan befolgen und wenn ihre Virenlast nicht mehr nachweisbar ist. Sie können selbst ungeschützten Sex haben, ohne befürchten zu müssen, dass sie ihre Partnerin oder ihren Partner mit HIV anstecken“, verdeutlicht Sandra Bischoff von der Aidshilfe Leipzig. Problematischer sei laut ihrer Aussage vielmehr das fortdauernde Stigma und die Diskriminierung, denen diese Menschen unterworfen sind.

Insofern ein HIV-positiv getestete/r Patient:in im Herzzentrum oder im Park-Klinikum Leipzig medizinisch vorstellig wird, gelten dennoch erhöhte Vorsichtsmaßnahmen. “Es ist nicht auszuschließen, dass sich Ärzt:innen oder Pflegepersonal im Verlaufe einer Verletzung, etwa bei Operationen, infizieren”, sagt Prof. Eifert. Mit der Präexpositionsprophylaxe steht den Mediziner:innen jedoch ein zusätzliches Instrument zur Verhinderung von Infektionen zur Verfügung.

Als Oberärztin der Herztransplantationsambulanz beschäftigt sich Prof. Sandra Eifert folgerichtig auch mit der möglichen Organspende bei HIV-Positiven. „Auf diesem Sektor hat sich ebenfalls viel getan. Während eine Organspende für HIV-Infizierte vor Jahren noch ausgeschlossen war, ist sie laut Deutschem Transplantationsgesetz heute möglich. Allerdings nur innerhalb des Kreises der Erkrankten“, betont sie.

96 Prozent der HIV Diagnostizierten werden laut Robert-Koch-Institut erfolgreich mit Medikamenten behandelt. Ein gutes Zeichen und Signal. Vor allem an jene, die an Aids erkrankte Menschen noch immer, zu Unrecht, ins Abseits stellen wollen.