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Prof. Michael Borger im Portrait: So gelang der Weg in die Fußstapfen von Prof. Mohr

Prof. Michael A. Borger, Direktor der Universitätsklinik für Herzchirurgie, standen bereits viele Türen offen. Der gebürtige Kanadier studierte, arbeitete und forschte in Toronto, bekam an der Universität Leipzig eine außerplanmäßige Professur angetragen und folgte als Herzspezialist einem Ruf der Columbia University Medical Center in New York. Sein berufliches und privates Eldorado fand der 53-Jährige jedoch in Leipzig.
25. März 2021

So selten kommt der Augenblick im Leben, der wahrhaft wichtig ist und groß. Ein kurzer, prägnanter Satz. Doch in ihm verpackte Friedrich Schiller genau das Empfinden des jungen Studenten Michael A. Borger, als der das erste Mal im Leben das schlagende Herz in der Brust eines Menschen sah. „Ich war total fasziniert“, sagt der Herzchirurgie-Chef des Herzzentrums heute. Zwei Jahre später, 1992, durfte er erstmalig als Assistenzarzt den Operateuren zur Hand gehen. Für ihn ein markanter Punkt im Leben. „Zu Beginn meines Studiums war die fachliche Richtung noch völlig offen. Doch diese Erlebnisse ließen in mir den Entschluss reifen, eines Tages auf der anderen Seite des Tisches zu stehen und selbst Entscheidungen zu treffen“, blickt er zurück. Chirurg wollte er werden, so viel stand für ihn bereits fest. Die Liebe zur Herzchirurgie hat er auf diesem Weg eher zufällig entdeckt. Welch ein Glück für die Medizin.

Prof. Michael Borger im Portrait: So gelang der Weg in die Fußstapfen von Prof. Mohr

Bis heute, fügt Borger an, sei er von seiner Arbeit fasziniert. Sie erlaube es ihm, mit Hand und Verstand gleichermaßen zu agieren, offenbare ihm schnellstmöglich ein Ergebnis und vermittle dem Arzt dieses wunderbare Gefühl, vielen Menschen helfen zu können. Bis es aber soweit war, bedurfte es einer intensiven Ausbildung. Zehn Jahre vergingen, bevor Michael A. Borger von sich sagen durfte, ein Herzchirurg zu sein. Das Bestreben, Neues zu entdecken, steckte aber schon damals in ihm. Eine Eigenschaft, die ihn unter anderem mit Prof. Friedrich Wilhelm Mohr verband, dem langjährigen Ärztlichen Direktor des Herzzentrums Leipzig. Mohr trieb als Spitzenmediziner die Forschungen zur minimal-invasiven Klappenchirurgie und roboterassistierten Herzchirurgie maßgebend voran und verstand es damit, dem Klinikstandort Leipzig international hohes Ansehen zu verschaffen. Als Prof. Mohr den Kanadier 2006 schließlich bat, im Herzzentrum Leipzig als Oberarzt zu arbeiten, begann sich ein Kreis zu schließen.

Bis zu dessen völligem Lückenschluss verging aber noch etwas Zeit. Zuvor unterbreitete die Columbia University Medical Center in New York Michael A. Borger ein Angebot, „das für den Moment kaum zu toppen war“, wie er selbst sagt. Doch der Drang nach Leipzig war längst stärker. Hier hatte Michael A. Borger inzwischen seine Frau kennengelernt, zudem verband ihn eine persönliche Freundschaft mit Prof. Mohr. Als dieser ihm schließlich 2017 seine Nachfolge als Direktor der Herzchirurg anbot, war die Entscheidung pro Leipzig schnell gefallen.

Die Fußstapfen, in die Prof. Borger trat, waren allerdings gewaltig. „Symbolisch gesehen übergab er mir die Schlüssel zu einem Ferrari. Das Team, das hier tätig war, handelte bereits auf einem sehr hohen Niveau, was natürlich auch den Druck auf mich erhöhte. Das war nicht immer easy“, resümiert Borger. Dass er es dennoch schaffte, sich schon nach kurzer Zeit ein eigenes Profil als Chef zu geben und die Arbeit seines Vorgängers auf Augenhöhe fortzusetzen, mache ihn stolz. „Heute“, sagt er, „fühle ich mich wohl an meinem Platz und bin dankbar, hier sein zu dürfen.“ Diese Sympathie schließt auch die Stadt Leipzig mit ein. Seit seinem ersten Besuch im Jahr 2001 habe sie sich spürbar entwickelt. Internationaler sei die sächsische Metropole geworden, moderner, ohne dabei ihren liebenswerten Kleinstadtcharme zu verlieren.

Einen gehörigen Sprung nach vorn hat seiner Ansicht nach aber auch das Herzzentrum gemacht. Europaweit gehöre man längst zu den Top Fünf der Branche, die hier betriebene Forschungsarbeit findet weltweit Beachtung und Wertschätzung. Doch während man früher verstärkt auf Innovation gesetzt habe, sei es heute die klinische Forschung und Grundlagenforschung, mit der das Herzzentrum Leipzig Einfluss auf die Medizin nimmt. Immer wieder werden im Ergebnis dieser Forschungsarbeit internationale Leitlinien verbessert und angepasst.

Der Entwicklungsschub, der die Medizin aktuell erfasst, ist gewaltig. „Man sagt, dass sich das medizinische Wissen alle zehn Jahre in etwa verdoppelt“, erläutert Borger. Wer hier mithalten will, muss bereit sein, Großes zu wagen. Schon unter Prof. Mohr wurde deshalb das minimal-invasive Eingreifen forciert. Heute ist es längst Standard. Anders als noch vor ein, zwei Jahrzehnten, als der Torso der Patienten für eine Herz-OP geöffnet wurde, findet der Operateur den Weg zum Herzen immer öfter über einen Eingang in der Leiste. Der technologische Fortschritt verlangt nach immer weiteren Spezialisierungen der Ärzte und zwingt sie, noch enger zusammenzuarbeiten. Auch über die Fachrichtungen hinaus.

„In Zukunft wird es deutlich weniger klassische Herzoperationen geben, dafür gewinnen katheterbasierte Verfahren stärker an Bedeutung“, betont Prof. Borger. Diese Spezialisierung, die parallel zur technischen Weiterentwicklung der Medizin verläuft, verlange noch mehr Teamgeist, Netzwerk, oder, wie er es nennt, „Heart-Team-Konzepte“. Nur so werde es gelingen, die auch von der Politik geforderte Zentralisierung der Medizin zu bewältigen. Der Fixstern, an dem sich das Herzzentrum Leipzig dabei orientiert, ist weiterhin die Verbesserung der Lebensqualität herzkranker Menschen.

Diesem Ziel opfert Prof. Borger viel. Täglich stehe er bis zu zweimal im OP. Die restliche Zeit der zur Verfügung stehenden 24 Stunden widmet er administrativen Dingen und der Forschung. Letzteres mit Vorliebe auch im heimischen Arbeitszimmer. Viel Freizeit bleibt dem Vater von zwei Kindern und leidenschaftlichem Eishockeyfan dadurch nicht. Doch wenn er sich diesen Luxus gönnt, dann lebt er ihn intensiv aus. Beim Skifahren, Radfahren und Schwimmen oder mit der Familie und Freunden im Stadion von RB Leipzig.

„Wir geben Menschen Lebenswert. Ein Leben lang. Das ist unsere Mission“, ist auf einer Dauerschleife des Bildschirmschoners von Prof. Borgers Rechner im Herzzentrum zu lesen. Für ihn ist das weit mehr als ein Spruch, eine Aussage. Es ist die Maxime, der er sein Leben widmet.

Das Herzzentrum Leipzig zählt weltweit zu den besten Kliniken für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Viele Operationstechniken, die heute Standard sind, wurden in Leipzig erfunden und weiterentwickelt. Wir behandeln leichte sowie komplexe oder auch angeborene Herzfehler vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter.