Halbwahrheiten rund um Darmkrebs

Darmkrebs: 10 Mythen im Check

Darmkrebs: 10 Mythen im Check

Unser Experte, Dr. med. Erich Bielesch, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, räumt mit (falschen) Annahmen rund um die Krankheit auf.

1. Darmkrebs kann auch junge Menschen treffen

Gruppe junger Menschen, die ihre Köpfe zusammenstecken
Auch junge Menschen können Darmkrebs bekommen. (Adobe Stock/BillionPhotos)

Die meisten  Patientinnen und Patienten, die die Diagnose Darmkrebs erhalten, sind über 50 Jahre alt, mehr als die Hälfte ist sogar jenseits der 70. Doch immer wieder wird auch bei jüngeren Menschen eine bösartige Geschwulst im Darm festgestellt. Genetische Prädisposition, ungesunde Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel können das Darmkrebsrisiko deutlich erhöhen.

2. Darmkrebs ist heilbar

Chefarzt Dr. Bielesch im Foyer des Helios Klinikums München West
Dr. Erich Bielesch ist Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Helios Klinikum München West. (© Helios)

Wenn der Tumor rechtzeitig erkannt wird, ist eine vollständige Heilung möglich. Selbst Metastasen in der Leber können heute oft sehr erfolgreich behandelt werden. Das A und O bei Darmkrebs ist immer die rechtzeitige Therapie.


3. Darmkrebs bleibt lange völlig unbemerkt

Viele von Darmkrebs Betroffene leben sehr lange völlig beschwerdefrei - das ist das heimtückische an Darmkrebs. In der Regel wächst er langsam und unbemerkt. Erste Symptome werden zudem oft nicht ernstgenommen. Früherkennung ist deshalb besonders wichtig.

4. Männer haben ein statistisch höheres Risiko an Darmkrebs zu erkranken

Älterer Mann mit Brille, der lacht
Männer haben ein etwas höheres Darmkrebsrisiko also Frauen. (© Adobe Stock/goodluz)

Das stimmt, Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Seit April 2019 können Männer in Deutschland deshalb bereits ab dem 50. Lebensjahr (und nicht erst ab 55) zwischen jährlichem Stuhlbluttest (bis 54 Jahre) und insgesamt zweimaliger Koloskopie (Darmspiegelung) im Mindestabstand von 10 Jahren wählen. Krankenkassen laden ihre männlichen Versicherten aktiv alle fünf Jahre zum Darmkrebs-Screening ein bzw. informieren zum Thema.

5. Der Stuhlbluttest ersetzt nicht die Darmspiegelung

Computertastatur mit Taste "Krebsvorsorge"
Die Darmspiegelung ist eine der wichtigsten Methoden der Damkrebsfürherkennung. (© Adobe Stock/momius)

Nicht sichtbares Blut im Stuhl kann lediglich ein erster Hinweis auf einen blutenden Darmkrebs oder Vorstufen (Adenomen) sein. Verschiedene Studien gehen von mindestens 70 Prozent der Tumore und Adenomen aus, die durch den Stuhltest erkannt werden. Ab 50 Jahren besteht in Deutschland für alle ein Anspruch auf einen jährlichen Stuhlbluttest. Ab 55 alle zwei Jahre. Der Stuhlbluttest ist ein wichtiges Instrument, kann aber eine Darmspiegelung niemals ersetzen.
 

6. Darmspiegelung – schmerzhaft und mit Scham besetzt

Zum Zahnarzt geht auch keiner gerne und dennoch muss jeder ab und an dort vorstellig werden. Die Darmspiegelung rettet aber zudem noch Leben. Die gedankliche Vorstellung an die Koloskopie ist eigentlich der unangenehmste Teil. Denn der Patient bekommt bei der eigentlichen Darmspiegelung durch moderne Geräte und perfekt abgestimmte Medikamente heute kaum mehr etwas mit. Lediglich die Darmvorbereitung wird von vielen als sehr lästig empfunden.

7. Nur im leeren Darm sind Veränderungen sichtbar

Frau mit weißer Bluse, die aus einem Glas Wasser trinkt
Auf Vorbereitung auf die Darmspiegelung muss eine Lösung zur Darmspülung getrunken werden. (© Adobe Stock/goodluz)

Eigentlich ist es logisch, dass nur im komplett entleerten Darm krankhafte Veränderungen sichtbar werden. Heute sind die Darmspülungssubstanzen durch stetige Weiterentwicklung sehr viel schonender als noch vor einigen Jahren. Es genügen heute meistens 2 x 0,5 Liter Lösung plus 2 x 0,5 Liter Wasser, also insgesamt 2 Liter, um Stuhlreste aus dem Darm zu spülen. Bewährt hat sich, dass Patienten einen Teil am Abend vor der Darmspiegelung und den Rest am Morgen der Untersuchung zu sich nehmen.

8. Darmpolypen sind schon Krebs

Nein, das stimmt so nicht. Alle Polypen sind zunächst einmal Schleimhautvorwölbungen. In deutlich mehr als der Hälfte der Fälle handelt es sich um Adenome (eine Art gutartige Gewebevorwölbung), die zwar entarten können, aber nicht müssen.

Die Wahrscheinlichkeit hierfür korreliert mit der Größe und den molekulargenetischen Besonderheiten der einzelnen Adenome. Genetische Dispositionen aber auch Umwelteinflüsse und Ernährungsgewohnheiten, sind wichtige Faktoren, warum aus einem Polyp Darmkrebs werden kann. Ziel ist es deshalb, immer alle bei einer Darmspiegelung entdeckten Adenome gleich abzutragen: entweder mit der Zange oder der Schlinge und im Einzelfall auch durch einen späteren operativen Eingriff.

9. Darmkrebs und Stoma – untrennbar?

Ein künstlicher Darmausgang (Stoma) ist nicht immer notwendig. (© Adobe Stock/Martina)

Auf gar keinen Fall. Lediglich bei sehr tief im Rektum (Enddarm) sitzenden Tumoren, wenn der Schließmuskel nicht mehr ausreichend funktionsfähig oder von Tumor befallen ist, ist ein künstlicher Darmausgang notwendig. Manchmal ist ein Stoma auch lediglich eine vorrübergehende Maßnahme auf dem Weg zur Heilung. Die beiden Darmenden sind bereits wieder miteinander verbunden und die Verbindung muss noch geschützt werden oder die Enden können final wieder miteinander verbunden werden.

10. Muss jeder Darmkrebs operiert werden?

Dr. Erich Bielesch und Dr. Michael Schenck bei einer Darmkrebs-Operation im OP-Saal des Helios Klinikums München West
Für viele Darmkrebs-Patientinnen und -Patienten ist eine Operation die wichtigste Behandlungsoption. (© Helios)

Auch hier ist die frühe Diagnose entscheidend. Denn bestimmte frühe Darmkrebsformen können durch endoskopische Abtragung behandelt werden. Denkbar ist der Verzicht auf eine Operation auch bei sehr fortgeschrittenen Fällen mit schon deutlich reduzierter Lebenserwartung. Die für die meisten Fälle wichtigste Therapie-Option bleibt bei Darmkrebs aber die Operation.

Titelbild: © Adobe Stock/ipopba