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Für die Versorgung der Kleinsten: Helios Klinikum Niederberg kämpft um seine Neonatologie

Das Helios Klinikum Niederberg kämpft um seine Frühchen-Versorgung. Als einziges Krankenhaus im Kreis Mettmann verfügt das Helios Klinikum Niederberg neben der Geburtshilfe über eine Kinderklinik mit perinatalem Schwerpunkt. Jetzt droht der Klinik eine Aberkennung des Versorgungsauftrags für Risikoschwangere und Frühgeborene (Level III). Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales sieht offenkundig aktuell keinen Bedarf für die frühgeburtliche Versorgung im Kreisgebiet mit knapp 500.000 Einwohnern – das verdeutlicht der Ende Dezember zugestellte Feststellungsbescheid, der vorbehaltlich der Entwicklung in den anderen Regionen erteilt wurde. Hier ist Velbert die Stadt mit der höchsten Geburtenzahl im Kreis Mettmann, in dem das Helios Klinikum Niederberg die größte Geburtshilfe sowie die einzige perinataleSchwerpunktversorgung vorhält

01. Februar 2024

Adrian Borner, Geschäftsführer des Helios Klinikums Niederberg, warnt vor den Folgen dieser Entscheidung: „Dies würde bedeuten, dass wir in Velbert künftig keine Frühgeborenen und Risikoschwangerschaften mehr versorgen dürfen und dadurch gezwungen wären, die Neugeborenen-Intensivstation zu schließen. Leidtragende wären ausgerechnet diejenigen Schwangeren, die unsere Fürsorge am meisten brauchen.“ Borner sieht darin auch eine ernsthafte Bedrohung für die Kinderklinik am Standort. Zu dieser Einschätzung kommt auch der Kreis Mettmann in einer Stellungnahme: Dem Helios Klinikum Niederberg den Status des perinatalen Schwerpunkts zu entziehen, würde auch die Existenz der einzigen Kinderklinik im Kreis Mettmann drastisch beeinflussen und wäre wenig zielführend, heißt es. Ferner hebt der Kreis hervor, dass die enge Verknüpfung der Leistungsbereiche Pädiatrie, Geburtshilfe und frühgeburtliche Versorgung bei der Planung dringend berücksichtigt werden müsse, um eine plausible und bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten und weist auf eine drohende Unterversorgung durch längere Weg- und Transportzeiten hin.

Dabei erfüllt das Helios Klinikum Niederberg alle erforderlichen Qualitätskriterien und verfügt über eine etablierte Struktur, die von den Einwohnern im Kreis geschätzt wird. „Die Zielsetzung einer bedarfsgerechten und effizienten Gesundheitsversorgung und die Leistungskonzentration auf medizinische Zentren halten wir für richtig. Hier aber können wir das vorgezogene Verfahren und insbesondere die vorläufige Aberkennung des Versorgungsauftrages mit all seinen absehbaren Wechselwirkungen nicht nachvollziehen“, betont Adrian Borner, „zumal die vorläufige Nichtzuweisung gravierende und möglicherweise irreversible Effekte auf die Patientenversorgung und das hochqualifizierte Personal haben könnte.“ Denn: Stehen nicht mehr die für einen perinatalen Schwerpunkt erforderlichen Strukturen zur Verfügung, wenden sich zuerst die mobilen Patientinnen anderen Einrichtungen zu. Zugleich wendet sich spezialisiertes Personal aus fachlicher Sicht attraktiveren Standorten zu. Beides bewirkt in einem Dominoeffekt eine Schwächung der Angebote der Geburtshilfe.

Das Nachsehen hätten weniger mobile Patientinnen, denen dann das Angebot in Wohnortnähe fehlt. Was bedeuten würde, dass gerade diese Familien im Ernstfall einen langen Fahrtweg mit ungünstigen Verbindungen zu einem der Krankenhäuser in Kauf nehmen müssten, die im Radius von 30 Kilometern noch frühgeburtliche Schwangerschaften und Risikopatientinnen behandeln dürften. Auch eine Verlegung oder die primäre Vorstellung in den Geburtskliniken Wuppertal, Essen und Düsseldorf würde für diese Familien eine zusätzliche Belastung darstellen. „Es ist daher nicht nur widersprüchlich, sondern zutiefst besorgniserregend, dass eine solche Entwicklung in Anbetracht der bereits bestehenden Probleme in deutschen Kinderkliniken scheinbar so leichtfertig hingenommen wird. Und es geht völlig an den Bedürfnissen in der Region vorbei“, sagt Prof. Stefan Wirth, langjähriger Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin in Wuppertal und Velbert.

Das Klinikum beabsichtigt, seine Leistungen bis zur endgültigen Entscheidung weiterhin anzubieten und hofft auf eine positive Lösung dieses Konflikts, auch unter Einbeziehung der Kommunalpolitik und der Öffentlichkeit.

Perinataler Schwerpunkt (Level III) umfasst:

  • Schwangere mit erwartetem Frühgeborenen mit einem geschätzten Geburtsgewicht von mindestens 1500 Gramm oder mit einem Schwangerschaftsalter von 32 + 0 bis kleiner oder gleich 35 + 6 SSW
  • Schwangere mit Wachstumsverzögerung des Kindes (für die Schwangerschaftswoche zu leicht, zwischen dem 3. und 10. Perzentil des auf das Schwangerschaftsalter bezogenen Gewichts)
  • Schwangere mit insulinpflichtiger diabetischer Stoffwechselstörung ohne absehbare Gefährdung für Fetus bzw. Neugeborenes