Wer bestimmt, wie behandelt wird?
Leitlinien entstehen in einem mehrmonatigen, strukturierten Verfahren durch international besetzte Expertengruppen. Aus Studien, Metaanalysen und klinischer Erfahrung entwickeln sie Empfehlungen, die das medizinische Handeln standardisieren und absichern – besonders bei komplexen Krankheitsbildern. Sie dienen Fachpersonal als Orientierung, sind Grundlage für Fortbildungen und Qualitätsmanagement und spielen mitunter auch in juristischen Bewertungen eine Rolle.
Führende Rolle von Herzzentrum Leipzig und Helios Klinikum Berlin-Buch
Die ESC überträgt die Leitung ihrer Leitliniengruppen nur besonders erfahrenen Expertinnen und Experten. In diesem Jahr stammen gleich zwei dieser Co-Chairs aus Kliniken des Helios-Netzwerks: Prof. Dr. Michael A. Borger, Ärztlicher Direktor des Herzzentrums Leipzig und Direktor der Universitätsklinik für Herzchirurgie am Herzzentrum Leipzig, leitete zusammen mit Prof. Dr. med. Fabien Praz, Leitender Arzt an der Universitätsklinik für Kardiologie des Inselspitals Bern, die Taskforce zur Herzklappen-Leitlinie.
Prof. Borger wurde als Vertreter der European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS) berufen, um die chirurgischen Perspektiven bei Herzklappenerkrankungen in die Leitlinien einzubringen.
Vom Herzzentrum Leipzig waren außerdem drei weitere Kolleginnen und Kollegen in den Leitlinienprozess eingebunden: Prof. Dr. med. Holger Thiele, Stellvertretender Ärztlicher Direktor und Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie (Helios Stiftungsprofessur), Priv.-Doz. Dr. med. Janine Pöss, Leitende Oberärztin für Intensivmedizin in der Universitätsklinik für Kardiologie und Dr. med. Mateo Marin-Cuartas, Facharzt für Herzchirurgie in der Universitätsklinik für Herzchirurgie. Die Vielzahl an Teilnehmenden verschiedener Fachrichtungen aus einer Institution unterstreicht die hohe Fachkompetenz und den starken Kooperationsgeist am Herzzentrum Leipzig.
Erstmals Herzmuskelentzündungen im Fokus
Prof. Dr. Jeanette Schulz-Menger, Leiterin der nichtinvasiven kardiologischen Bildgebung in der Klinik für Kardiologie und Nephrologie des Helios Klinikum Berlin-Buch und Universitätsprofessorin der Charité sowie Leiterin der Hochschulambulanz für Kardiologie am Charité-Campus Buch und der Gruppe für Kardiovaskuläre MRT, stand gemeinsam mit Prof. Massimo Imazio (Udine, Italien) der Expertengruppe zur Myokarditis-/Perikarditis-Leitlinie vor.
Was ändert sich mit den neuen Leitlinien?
Beide Leitlinien tragen aktuellen Entwicklungen Rechnung: Die Untersuchungen können heute genauer und präziser durchgeführt werden, das individuelle Risiko lässt sich besser einschätzen, und bei der Behandlung wird gezielter entschieden, ob ein Eingriff über einen Katheter oder eine Operation sinnvoller ist. Dabei steht immer eine auf die einzelne Patientin oder den einzelnen Patienten zugeschnittene Therapie im Mittelpunkt.
Ähnlich ist es bei den Myo-/Perikarditis-Leitlinien: Der Fokus liegt zunehmend auf einer effizienten, multimodalen Bildgebung und einer gezielten klinischen Risikoeinschätzung, um eine personalisierte Therapieführung zu ermöglichen. Das umfasst medikamentöse und interventionelle Verfahren, erstreckt sich aber auch auf das wichtige Thema, wie lange eine körperliche Schonung nötig ist. Wie in vielen Leitlinien der ESC wird erneut die Bedeutung der Zusammenarbeit im Team unterstrichen.
Prof. Dr. Jeanette Schulz-Menger