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Kleiner Motor im Dauerbetrieb

36 Millionen Schläge pro Jahr mit einer Transportleistung von rund 2,6 Millionen Litern Blut – unser Herz ist ein echtes „Arbeitstier“. Ganz ohne Pausen und Urlaub folgt es seinem Kreislauf Tag für Tag, öffnet und schließt die Ventile, um unseren Körper mit Sauerstoff – mit Leben – zu versorgen. Doch was passiert, wenn diese Ventile erkranken? Oft schenken wir ihnen und unserem Herz viel zu spät unsere Aufmerksamkeit.
02. Februar 2022

Jeder menschliche Körper weist mit seiner Geburt 79 Organe auf. Sechs von ihnen sind zwingend lebensnotwendig – Gehirn, Herz, Lunge, Nieren, Leber und die Haut. Während die Leber etwa giftige Stoffe aus dem Körper filtert, das Gehirn Bewegungsabläufe steuert und für die Wahrnehmung der Umwelt sorgt, absolviert das Herz unermüdlich einen Marathon. Diese Leistung weiß mancher erst zu schätzen, wenn der Motor ins Stocken gerät, etwa dann, weil eine der vier Herzklappen ihren Dienst versagt.

Bumm, bumm – 70 Schläge in der Minute; bumm, bumm – 4.200 in der Stunde, 36 Millionen im Jahr, fast drei Milliarden ein Leben lang. Jeder Herzschlag pumpt cirka 70 Milliliter Blut durch den Körper. In einer Stunde sind das 300 Liter, am Tag 7.200 Liter, im Jahr 2,6 Millionen Liter. Bei körperlicher Aktivität steigert sich diese Leistung um ein Vielfaches. Unser Herz ist also ein echtes „Arbeitstier“, gönnt sich weder Urlaub noch Pause.

Nur der Dank dafür fällt bei den meisten Menschen geringschätzig aus. Dabei hat das Herz durchaus ein gehöriges Maß an Aufmerksamkeit verdient. Immerhin sorgt das Organ dafür, dass unser Blut in steter Bewegung bleibt, immer wieder in der Lunge mit Sauerstoff angereichert werden kann und damit die Zellen den Stoff erhalten, den sie zum Leben und Funktionieren benötigen.

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Zum reibungslosen Gelingen dieses Arbeitskreislaufes tragen vier Herzklappen bei – je zwei links und rechts.

Von der rechten Herzkammer gelangt das Blut in die Lunge, wird dort mit Sauerstoff angereichert und anschließend in die linke Herzkammer geführt, von wo aus es seinen neuerlichen Weg durch den Körper aufnimmt.

Probleme treten erst auf, wenn eine oder mehrere Herzklappen ihren Dienst versagen. Öffnen sie sich beispielsweise nicht richtig, was Mediziner eine Stenose nennen, kommt es zum Blutstau. Schließt sie hingegen nicht richtig, fließt zuviel Blut durch das Ventil, womit eine Insuffizienz vorliegt. Mit zunehmenden Alter besteht darüber hinaus die Gefahr, dass Gefäße und Herzklappen verkalken. Infolge dessen können die Ventile weder gut öffnen noch schließen.

Die Ursachen dafür, dass die Mitral-, die Aorten-, die Trikuspidal- oder die Pulmonalklappe (siehe Infokasten) erkranken, sind vielschichtig. „Das können angeborene Herzfehler sein, was zumeist die Pulmonalklappe betrifft, aber auch altersbedingt erworbene Fehler. Zudem setzen sich bei schweren Infektionen Bakterien auf den Herzklappen ab, was nicht minder gravierende Folgen hat“, betont Prof. Abdel-Wahab.

Atemnot, vor allem bei körperlicher Belastung, Brustschmerzen, ja sogar Ohnmachtsanfälle können deutliche Warnhinweise für einen Herzklappenfehler sein. Mitunter, fügt Prof. Abdel-Wahab an, spüre man aber auch gar nichts. Umso wichtiger ist es, dass ein Arzt das Herz regelmäßig abhört. „Ein geübter Mediziner kann allein mit dem Stethoskop an den charakteristischen Geräuschen jeder einzelnen Herzklappe hören, welche von ihnen krank ist und worunter sie leidet“, betont er. Tiefgründigere Untersuchungen, etwa mit dem Herz-Ultraschallgerät, betreiben anschließend eine detaillierte Ursachenforschung.

Das Herz, sagt Prof. Abdel-Wahab, ist ein wunderbares Organ. „Es kann vieles Wegstecken und versucht manche Fehler sogar selbst zu überbrücken“, führt der Herzspezialist weiter aus. Um seine Pumpleistung zu erhöhen, etwa bei einsetzendem Herzklappenfehler, kann es wachsen oder muskulöser werden. Beides geht natürlich nur bis zu einer bestimmten Grenze. Wird diese erreicht, treten die Probleme bei den Betroffenen offen zutage.

Erkrankte Herzklappen zu behandeln, setzt genaue Diagnosen voraus. Ist das Stadium in einer noch milden Phase, reicht es mitunter, die Entwicklung zu beobachten. Erst bei schwererem Verlauf kommen Medikamente sowie in letzter Instanz eine Operation oder Intervention (minimalinvasiver Eingriff über einen Leistenzugang) zum Einsatz. Welche der letztgenannten Methoden angewandt wird, entscheidet der behandelnde Arzt. Im Herzzentrum Leipzig trifft sich täglich eine Gruppe führender Fachmediziner, die jeden Patientenfall separat bespricht und das weitere Vorgehen festlegt. Diese geballte Kompetenz garantiert den Patient:innen die bestmögliche Behandlung.

Kann man einer Erkrankung der Herzklappe überhaupt vorbeugen?

Älteren Menschen gibt er mit auf den Weg, eventuelle Atemprobleme nicht vorschnell auf das höhere Lebensalter zu schieben. Liegen die Ursachen letztlich doch am Herz, ist vorheriges Warten schädlich, verlängert nur unnötig den Krankheitsverlauf und erhöht das Risiko einer möglichen OP oder Intervention.

Für den Fall, dass eine Klappe ersetzt werden muss, stehen zwei Optionen zur Auswahl: eine mechanische Herzklappe oder eine biologische. Letztere stammen vom Schwein oder Rind, sind medizinisch vorbehandelt und haben nur eine begrenzte Lebensdauer. Allerdings lassen sie sich minimalinvasiv einsetzen. Mechanische Herzklappen hingegen sind aus Metall und machen im Weiteren die Einnahme von Blutverdünnern erforderlich.

Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar, ließ der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupery seinen kleinen Prinzen sagen. Wohl auch deshalb ist es wichtig, sein eigenes Herz im Auge zu behalten, damit es möglichst lange und unbeschwert seine einzigartige Arbeit verrichten kann.

Linke Herzkammer

  • Mitralklappe - durch sie gelangt das Blut aus der Lunge, in die linke Herzkammer, um von dort aus in den Kreislauf aufgeworfen zu werden.
  • Aortenklappe - sie regelt den Blutfluss aus dem Herzen in die große Hauptschlagader, die Aorta.

Rechte Herzkammer

  • Trikuspidalklappe - sie ist das Einlassventil der rechten Herzkammer. Durch sie fließt sauerstoffarmes Blut aus dem Körper in die rechte Herzkammer, um von da aus in die Lungen gepumpt zu werden. Zugleich verhindert sie den Rückfluss des Blutes während des Pumpvorgangs.
  • Pulmonalklappe - ist das Auslassventil der rechten Herzkammer. Durch sie fließt sauerstoffarmes Blut in die Lunge und wird dort mit Sauerstoff angereichert.

Das Team um den Leitenden Oberarzt Prof. Dr. Mohamed Abdel-Wahab versorgt ältere Patientinnen und Patienten mit strukturellen Erkrankungen des Herzens. Hierzu zählen insbesondere auch die Herzklappen. Mehr erfahren