Die Helios Kliniken Mittelweser setzen ein Zeichen für den sensiblen Umgang mit demenziell erkrankten Menschen. Der Ein- und Ausgangsbereich der neurologischen Station 1 wurde durch die Arbeitsgruppe Demenz und Delir demenzsensibel umgestaltet, um die Sicherheit und das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten zu erhöhen. Dabei wurde eine Reihe innovativer Maßnahmen umgesetzt, darunter die Beklebung der Ausgangstüren. Hier wurden neben einem richtigen Zaunmotiv bewusst Bilder aus Nienburg gewählt, nämlich der Kirchturm und der Statue des sog. „Ros Beiaard“ im Stadtpark. Außerdem wurde eine Scheinbushaltestelle installiert. Das Haltestellenschild mit dem Aufdruck „Helios Kliniken Mittelweser – Neurologie“ wurde durch den Verkehrsservice Landkreis Nienburg/Weser (VLN) neu bedruckt und gesponsert.
Ein vertrauter Ort für Sicherheit und Orientierung
Die Scheinbushaltestelle dient nicht nur als Orientierungshilfe für die Patientinnen und Patienten, sondern vermittelt auch ein Gefühl der Vertrautheit. „Menschen mit Demenz bringen sich durch ihre Ruhelosigkeit und potenzielle Hinlauftendenz oft in Gefahr. Dies erleben wir täglich im Klinikalltag,“ erklärt Lea Stieber, Ergotherapeutin und eine der maßgeblichen Initiatorinnen und Initiatoren des Projekts. „Mit der Scheinbushaltestelle und weiteren Maßnahmen schaffen wir es, diesen Menschen einen Ort der Sicherheit und Ruhe zu bieten.“ Hier werden die Techniken der sog. Validation angewendet. Die Patientinnen und Patienten mit Hinlauftendenz werden durch die Bushaltestelle und die Gestaltung der Tür zum Anhalten und Hinsetzen angeregt. Dann werden sie durch gezielte Fragen des Personals in andere Richtungen vom ursprünglichen Gedanken, nach Hause zu wollen, abgebracht. So kommen die Patientinnen und Patienten zur Ruhe und vergessen, dass sie eigentlich die Station verlassen wollten. Auf diese Weise dienen die Validationstechniken ergänzend dem Schutz der Betroffenen.
Auch Parkinson-Nurse Petra Stolte, Mitglied der Arbeitsgruppe Demenz und Delir, betont die Vorteile der neuen Gestaltung: „Die Bushaltestelle kann eine Orientierungshilfe darstellen, denn sie stellt einen markanten Ort dar, der auch als Treffpunkt genutzt werden kann. Auf diese Weise wird die Autonomie der Betroffenen gefördert. Dies kann vor Allem bei Patientinnen und Patienten der Parkinsonkomplexbehandlung einen positiven Effekt erzielen.“
Bewusstsein schaffen und ethische Aspekte berücksichtigen
Ein weiterer Vorteil des Konzepts ist die Möglichkeit, auf das Thema Demenz aufmerksam zu machen. Christoph Koloff, Geriatrie-Koordinator der Klinik, erklärt: „Durch die Platzierung der Bushaltestelle im vorderen Bereich der Station erreichen wir auch Angehörige und nicht betroffene Patientinnen und Patienten.“ So fühlen sich vor allem Angehörige oft hilflos, können das Verhalten der Betroffenen nicht verstehen oder schämen sich gar dafür. Da steht die Aufklärung über den richtigen Umgang mit demenziell erkrankten Patientinnen und Patienten an erster Stelle. Dazu zählt unter anderem auch die richtige Ansprache in einfachen, kurzen Sätzen. „Mit dem Projekt der demenzsensiblen Umgestaltung möchten wir das Thema Demenz in die Öffentlichkeit rücken, aufklären und für mehr Verständnis sorgen“, erläutert Alltagsbegleiterin Ani Poghosyan.
Die ethischen Aspekte eines solchen Projekts wurden intensiv diskutiert. „Der Einsatz täuschender Methoden ist nur dann vertretbar, wenn das Wohl der Patientinnen und Patienten oberste Priorität hat,“ erläutert Chefarzt Dr. Martin Bästlein. „Wir nutzen die Bushaltestelle nicht, um Pflegezeit zu sparen oder Menschen 'abzustellen'. Vielmehr möchten wir einen Ort schaffen, an dem die Betroffenen sich nicht nur geborgen fühlen, sondern der auch maßgeblich zu ihrer eigenen Sicherheit beiträgt.“
Pflegedirektor Bernd Hartig betont die Bedeutung der offenen Kommunikation: „Gerade in diesem Fall ist es wichtig, Angehörige, Patientinnen und Patienten und sowie die Mitarbeitenden transparent über unsere Maßnahmen zu informieren. Nur so schaffen wir Vertrauen und Verständnis.“
Unterstützung und Zusammenarbeit
Auch extern fand das Projekt positive Resonanz. Simone Röver beim VLN zuständig für Marketing und Kommunikation erklärt: „Wir freuen uns, dieses großartige Projekt unterstützen zu können. Haltestellenschilder kennen die Menschen aus ihrem alltäglichen Leben, sie gehören zum gewohnten Straßenbild in der Stadt sowie im Dorf, können vertraute Erinnerungen wecken und somit Sicherheit bieten. Der VLN hat ein original Haltestellenschild, welches im Regionalbuslinienverkehr im Landkreis Nienburg/Weser zu finden ist, dem Zweck entsprechend bedrucken lassen und der Neurologie der Helios Kliniken Mittelweser zur Verfügung gestellt.“
Dennis Holtz, kaufmännischer Standortleiter der Helios Kliniken Mittelweser, bedankt sich bei allen Beteiligten: „Dieses Projekt ist ein echter Gewinn für unsere Klinik und ein Zeichen dafür, dass Demenz und Delir bei uns einen hohen Stellenwert einnehmen. Mein Dank gilt der VLN Nienburg und natürlich insbesondere der Arbeitsgruppe Demenz und Delir sowie Chefarzt Dr. Bästlein für ihr Engagement.“
Die demenzsensible Umgestaltung ist nicht nur ein Fortschritt im Umgang mit kognitiv beeinträchtigten Menschen, sondern auch ein Beitrag zur allgemeinen Patientenzufriedenheit und zur Förderung eines respektvollen Miteinanders.
Foto v.l.: Chefarzt Dr. Martin Bästlein, Pflegedirektor Bernd Hartig, Geriatrie-Koordinator Christoph Koloff, Parkinson-Nurse Petra Stolte, Ergotherapeutin Lea Stieber, Alltagsbegleiterin Ani Poghosyan, Simone Röver, Marketing und Kommunikation VLN Nienburg