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Mit der medizinischen Behandlung ist es meist nicht getan: Psychoonkologie als unverzichtbarer Teil des Darmzentrums

Patientinnen und Patienten, die mit einer Krebsdiagnose im Krankenhaus sind, leiden nicht nur an der Krebserkrankung selbst, sondern benötigen häufig auch Unterstützung in vielen anderen Lebensbereichen und emotionalen Fragestellungen. Hierzu besteht eine enge Kooperation zwischen den Helios Kliniken Mittelweser – insbesondere dem Bereich des Darmzentrums - und dem Krebsnachsorge Nienburg e. V. Durch die Vernetzung haben Betroffene die Möglichkeit, noch während ihres Krankenhausaufenthaltes ihre Fragen mit Psychoonkologin Annette Schmidt zu klären. Doch auch danach steht sie den Patientinnen und Patienten sowie ihren Angehörigen als zuverlässige Ansprechpartnerin zur Seite.
02. August 2021

Eine Krebsdiagnose stellt das Leben von heute auf morgen komplett auf den Kopf. Unsicherheiten entstehen – wie wird meine Zukunft aussehen? Wie werde ich die Krankheit bewältigen? Werde ich hinterher wieder ein normales Leben führen können und kann ich eigentlich mein Haus weiter abzahlen, wenn ich „nur“ Krankengeld bekomme? Dies sind Themen, mit denen Psychoonkologin Annette Schmidt von der Krebsnachsorge Nienburg e.V. sich täglich befasst. Zweimal wöchentlich ist sie in der Nienburger Helios Klinik zu finden und nimmt sich Zeit für Gespräche mit Patienten.

„Entscheidend ist, die Patienten nicht nur ausreden zu lassen, sondern ihre Probleme auch ernst zu nehmen – denn auch wenn es sich um scheinbare Kleinigkeiten handelt, ist es wichtig, dass sie besprochen werden können“, so Schmidt. 

In den Helios Kliniken Mittelweser besteht eine enge Kooperation mit dem Nienburger Krebsnachsorgeverein. Dies zeigt sich besonders im Darmzentrum, in dem der Bedarf nach einer Beratung bereits beim stationären Aufenthalt im Krankenhaus mit dem sog. Distress-Thermometer abgefragt wird. Das Wort Distress steht hier für psychosoziale Belastungen im Rahmen einer Krebserkrankung. „Wenn wir im Rahmen des Darmzentrums Patientinnen oder Patienten mit Krebserkrankungen haben, prüfen wir anhand des Distress-Thermometers unterschiedliche Bereiche ab. Dies sind nicht nur praktische Probleme wie Kinderbetreuung oder auch die Wohnsituation, sondern auch familiäre Probleme im Umgang mit dem Partner oder den Kindern. Hinzu kommen emotionale Probleme wie Depressionen oder Nervosität, spirituelle und religiöse Belange und natürlich auch der große Bereich der körperlichen Beschwerden“, erläutert Oberärztin für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Stefanie Klaas-Brake.

Aus den Ergebnissen wird letztendlich ein Belastungswert erhoben, der sich in der Spanne von 1 (keine Belastung) und 10 (extreme Belastung) befindet. „Stellen wir eine hohe Belastung fest, werden die Patientinnen und Patienten automatisch von Frau Schmidt kontaktiert“, erläutert die Medizinerin. Denn: Viele Patientinnen und Patienten wissen überhaupt nicht, dass es diese Möglichkeit der Unterstützung gibt. „Oft ergeben sich Fragestellungen erst im Gespräch“, ergänzt Schmidt. Doch nicht nur bei einem stationären Aufenthalt, sondern auch schon in der Sprechstunde erhalten die Patientinnen und Patienten Informationsmaterial mit den Kontaktdaten des Krebsnachsorgevereins.

Das Beratungsspektrum ist hierbei sehr breit gefächert. „Generell bieten wir Unterstützung in allen Phasen der Erkrankung – und nicht nur im Bereich der emotionalen Sorgen und Ängste, sondern auch in ganz praktischen Dingen, in denen wir die Erkrankten unterstützen können“, so die Psychoonkologin. Dies können auch die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises oder Anträge auf finanzielle Hilfen sein. „Viele Menschen merken schnell, dass sie mit dem Krankengeld in der Bewältigung ihrer Ausgaben und möglicherweise noch laufender Kredite nicht auskommen. Es gibt dann unterschiedliche Möglichkeiten, z.B. den Härtefonds der Deutschen Krebshilfe oder des Bundespräsidenten.“ Natürlich zählt die Organisation von onkologischen Reha-Maßnahmen auch zu den Leistungen des Krebsnachsorgevereins.
 
Viele Menschen haben auch große Probleme mit den Nebenwirkungen der Erkrankung. „Man muss sich es so vorstellen: Wenn bei einer Früherkennungsuntersuchung Krebs festgestellt wird, fühlt sich der Mensch zu dem Zeitpunkt oftmals völlig gesund und steht mitten im Leben. Die Behandlung, oft die Chemotherapie, kann dann aber zu psychischen und körperlichen Belastungen führen – von Haarverlust über Nervenstörungen, so dass die Patienten nicht mehr gut laufen können oder gar kein Auto mehr fahren können. Solche Nebenwirkungen können Thema in der Beratung sein “, so Schmidt.
 
„Ich bin sehr froh über die Kooperation mit dem Nienburger Krebsnachsorgeverein. Frau Schmidt und ihre Kolleginnen und Kollegen leisten unschätzbar wertvolle Arbeit, um die Patienten aufzufangen. Für uns ist dies auch ein unverzichtbarer Teil unseres Darmzentrums“, so Klaas-Brake. Nicht zu vergessen: Die Krebsnachsorge Nienburg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein und wird hauptsächlich über Spenden finanziert.
 
Doch werden die Patientinnen und Patienten nur während des stationären Aufenthalts durch die Psychoonkologin betreut? „Nein, tatsächlich kommt der Großteil der Patienten nach dem Krankenhausaufenthalt zu mir. Außerdem gilt das Angebot auch für die Angehörigen, denn diese haben meistens mindestens genauso viele Fragen und Sorgen“, erläutert Schmidt. Und auch krebserkrankte Patientinnen oder Patienten aus niedergelassenen Praxen unabhängig des Fachbereichs können das Angebot wahrnehmen. „Dazu muss man gar nicht erst im Krankenhaus gewesen sein.“

Annette Schmidt ist jeden Dienstag von 13 bis 16 Uhr sowie jeden Mittwoch von 11 bis 13 Uhr im Nienburger Helios Klinikum persönlich vor Ort. Darüber hinaus bietet sie auch nach Absprache persönliche Besuche an. Zu erreichen ist sie unter der Telefonnummer 05021-5095 im Rahmen der Praxis Schulz-Dähn sowie unter der E-Mail-Adresse info@krebsnachsorge-nienburg.de.

Wir danken dem Nienburger Krebsnachsorgeverein für die wertvolle Arbeit und die Unterstützung unserer Patientinnen und Patienten! 

Foto: Psychoonkologin Annette Schmidt und Oberärztin Stefanie Klaas-Brake mit dem sog. Distress-Thermometer

Mit der medizinischen Behandlung ist es meist nicht getan: Psychoonkologie als unverzichtbarer Teil des Darmzentrums