Meilenstein für die Region
„Es war ein Meilenstein für die Gesundheitsversorgung in unserer Region, als wir in Attendorn ein Herzkatheterlabor (HKL) bekamen“, erinnert sich Dr. Manfred Kemmerling. Er praktiziert seit fast einem Vierteljahrhundert an der Helios Klinik Attendorn und ist heute ihr Ärztlicher Direktor.
Vor zehn Jahren konnte sich längst nicht jedes Krankenhaus ein HKL leisten oder verfügte über die nötige Infrastruktur – geschweige denn über das erforderliche ärztliche und pflegerische Fachpersonal, um ein so anspruchsvolles Instrumentarium zu betreiben.
Früher mussten Herzpatientinnen und -patienten für eine Untersuchung in große Kliniken oder Herzzentren der Ballungsräume fahren. Heute stehen solche Labore häufiger zur Verfügung – auch wenn sie nach wie vor nicht zur Standardausstattung von Krankenhäusern gehören. „Umso mehr freut es mich, dass wir das in Attendorn stemmen konnten und können“, sagt Dr. Kemmerling. Und das sehr zum Wohl der Patienten: Im Jahr 2023 konnte die Schallmauer von tausend HKL-Untersuchungen in Attendorn durchbrochen werden.
Was ein HKL leistet
Beim HKL handelt es sich um einen spezialisierten Raum in einer Klinik, in dem Ärztinnen und Ärzte mithilfe eines dünnen Katheters das Herz und die umliegenden Blutgefäße untersuchen und gegebenenfalls behandeln. Über eine Ader am Handgelenk, an der Leiste oder in der Ellenbeuge wird der Katheter unter Röntgenkontrolle bis zum Herzen vorgeschoben, um zum Beispiel Engstellen zu erkennen und direkt zu behandeln.
Ein anschauliches Beispiel liefert der Fall von Eva Brodkorb. Die sportliche Mittfünfzigerin brach im vergangenen Jahr nach dem Attendorner Stadtlauf mit Schwindel und Übelkeit zusammen. Im HKL wurde ein Einriss in der Herzkranzgefäßinnenhaut festgestellt – die Ursache ihres Herzinfarkts. Dank schneller Versorgung mit einem Koronarstent war der Eingriff nach 30 Minuten abgeschlossen. Nach zwei Tagen konnte sie die Klinik ohne Folgeschäden verlassen.
„Ohne ein HKL hier in Attendorn wäre es notwendig geworden, die Patientin für einen Katheter-Eingriff in ein anderes Krankenhaus zu verlegen. Da der Faktor Zeit bei einem Herzinfarkt entscheidend ist, hätte dies ein zusätzliches Risiko bedeutet", sagt Prof. Dr. Attila Yilmaz, Chefarzt für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin.
Verfahren im Herzkatheterlabor
Das HKL der Helios Klinik Attendorn bietet ein breites Spektrum an Verfahren, darunter:
- Stent-Implantationen (Ballondilatation und Stenteinlage)
- Implantation von Herzschrittmachern, Defibrillatoren und CRT-Systemen
- Elektrokardioversionen
- Implantation von LAA-Occludern
- Rechtsherzkatheter bei Herzklappenvitien und pulmonaler Hypertonie
- Flussdrahtmessung
- Intravaskulärer Ultraschall
- Intravaskuläre Lithotripsie
- (geplant) Thrombusaspiration bei Lungenembolien
Technische Ausstattung:
Moderne Angiografie-Anlage, Monitore zur Darstellung von EKG, Blutdruck und Sauerstoffsättigung sowie spezielle Katheter für den minimalinvasiven Zugang über Arm- oder Leistenarterie.
Blick in die Zukunft
„Vor zehn Jahren haben wir Kardiologen in den HKL hauptsächlich Stents gesetzt und Diagnostik betrieben. Die Bildgebung und Messverfahren waren deutlich weniger komplex als heute. Der sogenannte intravaskuläre Ultraschall ermöglicht zum Beispiel einen direkten Blick ins Gefäß“, erklärt Prof. Dr. Yilmaz.
Mittlerweile können HKL auch Herzklappen implantieren oder reparieren sowie komplexe Rhythmusstörungen behandeln – präziser und schneller als je zuvor. Für die Zukunft sieht Yilmaz enormes Potenzial im Einsatz Künstlicher Intelligenz:
„Wenn KI anhand von Patientendaten vorhersagen kann, wie wahrscheinlich Komplikationen und Rückfälle bei Herzpatienten sind, können wir Therapien individueller steuern – mit deutlich besseren Ergebnissen.“