Um welche Dinge geht es bei der persönlichen Beratung in Ihrer Rheuma-Sprechstunde?
Silke Althoff: Rheuma beinhaltet 400 verschiedene Erkrankungen - um da auf dem neuesten Stand zu bleiben, die neuesten Medikamente zu finden, das ist ein Full-Time-Job. Das bedeutet auch, dass wir stets den Beratungsbedarf an die Bedürfnisse der Patienten anpassen müssen. Stillstand gibt es beim Thema Rheuma nicht. Und wir machen das alles ehrenamtlich im Rahmen unserer gesundheitlichen Möglichkeiten.
Claudia Grebe: Die Patienten brauchen alle ein offenes Ohr, das ihnen zuhört und wir haben bei uns im Büro schon so manche Träne fließen sehen. Meiner Kollegin und mir glaubt man, wenn wir versuchen, wieder Hoffnung und Zuversicht zu verbreiten, weil wir ja selber betroffen sind. Da ist auch die Hemmschwelle nicht so groß. Es gibt schließlich auch Dinge, die die Patienten beschäftigen, die man bei Ärzten nur ungern anspricht. Bei uns wissen die Leute: Sie sind hier in einem geschützten Raum und können auch unangenehme Fragen stellen.
Mitte November hat die Rheuma-Liga einen Infopoint in der Helios Klinik eingerichtet. Warum?
Silke Althoff: Mit dem Infopoint wollen wir auch die Leute erreichen, die vielleicht noch gar nicht wissen, dass es sich bei ihrer Erkrankung um Rheuma handeln könnte und sie umfassend informieren. Das gute Zusammenspiel mit den Krankenhausverantwortlichen hat ermöglicht, diesen in der Cafeteria kurzfristig einzurichten. Die Partnerschaft zwischen der Helios Klinik und uns ist seit Jahrzehnten vertrauensvoll gewachsen, sodass wir mit der Idee offene Türen eingerannt sind. Wir informieren hier über die Arbeit der AG Olpe und über die zahlreichen Erkrankungen, die unter den Oberbegriff Rheuma fallen.
Was hat sich inhaltlich in den letzten zehn Jahren in Sachen Rheumaberatung verändert?
Silke Althoff: Früher ging es inhaltlich nur um Funktionstraining. Die Leute kamen mit einer Verordnung zu uns, und wir sagten ihnen, wo und wann sie ihre Übungen machen können. Die Verordnung wurde dann mit den Krankenkassen und Therapeuten abgerechnet. Das war die Hauptaufgabe am Anfang.
Claudia Grebe: Das hat sich aber stark gewandelt. Viele Patienten werden im Hause Helios von Dr. Daniela Mettal-Minski und Dr. Manfred Kemmerling ganz neu vor die Diagnose gestellt und fragen sich: Was kommt da jetzt auf mich zu? Was passiert hier gerade? Welche Medikamente brauche ich und wie wirken sie? Wir haben uns immer weiter fortgebildet und sind dann mehr in die Beratung gegangen, was den Patienten sehr entgegenkam. Und die Beratung wird immer wichtiger, weil die Ärzte immer weniger Zeit für die immer weiter steigende Anzahl an Patienten haben. Es geht um ganz grundsätzliche Dinge dabei: Was bedeutet die Diagnose für mein Leben? Kann ich weiterarbeiten? Habe ich jetzt vermehrt Einschränkungen, und wie geht es weiter?
Welche Angebote gibt es über die persönliche Beratung hinaus noch?
Silke Althoff: Seit 2023 bieten wir regelmäßig einmal im Monat ein Rheuma-Café im DRK-Mehrgenerationenhaus in Olpe an. Hier treffen sich Betroffene zum Austausch und es gibt einen kurzen Fachvortrag zu diversen rheumatischen Erkrankungen, den Behandlungsmethoden, aber auch zu den Themen „Ernährung“ und „Bewegung“. Einmal jährlich gibt es in der Attendorner Helios Klinik einen großen Fachvortrag zu diversen Themen. Dieses Jahr referierte Frau Dr. Mettal-Minski zum Thema „Fibromyalgie“, was sehr gut angenommen und besucht war. Insgesamt unterstützen uns Dr. Kemmerling, Dr. Mettal-Minski und die Helios Klinik in jeder Hinsicht, wofür wir sehr dankbar sind.
Welches Problem können Sie nicht ändern?
Claudia Grebe: In Deutschland gibt es rund sieben Millionen Rheuma-Kranke und leider viel zu wenige Rheumatologen. Es ist fast leichter eine Audienz beim Papst zu bekommen als einen guten Rheumatologen, der die Erst-Diagnose stellt, der einen begleitet und medikamentös einstellt. Dieser Umstand ist für uns und die Menschen, die zu uns kommen, eine große Herausforderung. Denn die beste Beratung ersetzt keine gute fachärztliche Behandlung. Hier spielt auch der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle: je früher eine Diagnose gestellt und behandelt wird, besonders im Kindesalter, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit ernsthafter Spätfolgen.
Was würden Sie sich allgemein für die Zukunft wünschen?
Dass das Fachgebiet „Rheumatologie“ für Medizinstudenten attraktiver gemacht und von dem allgemeinen Fachgebiet „Innere Medizin“ getrennt wird. Rheumatologie ist ein ganz spezieller Bereich und Rheuma-Patienten sollte eine schnelle und unkomplizierte Behandlung zustehen. Auch wünschen wir uns mehr Therapeuten, die uns auch im Kreis Olpe auf Honorarbasis bei der Durchführung des Funktionstrainings unterstützen. Hier stehen wir für Rückfragen gerne zur Verfügung. Und um mit einem sich hartnäckig haltenden Vorurteil aufzuräumen: Rheuma ist keine „Alte-Leute-Krankheit“ – Rheuma kann Jeden, selbst kleine Kinder betreffen!