„Ich weiß schon gar nicht mehr, ob ich mich verhoben oder einfach nur falsch bewegt habe.“ Auch wenn Leonas Mosler sich nicht mehr an den konkreten Auslöser erinnert, den heißen Sonntagabend wird der 25-Jährige so schnell wohl nicht vergessen. Helios Klinik Attendorn, Ende Juni: Mit kleinen Tippelschritten und den Oberkörper weit nach vorne gebeugt, betritt Mosler die Zentrale Notaufnahme. Weil die verabreichten Schmerzmittel nicht helfen, folgt am Tag darauf ein Wiedersehen. Und diesmal geht es nicht gleich wieder nach Hause.
(K)ein Thema für Junge?
Nach Sichtung der MRT-Bilder stellen die Rückenspezialisten eine unerwartete Diagnose: Der junge Mann hatte bereits vor mehreren Jahren einen Bandscheibenvorfall erlitten, der unbemerkt geblieben war und in letzter Zeit unerklärliche Schmerzen verursachte. Nun war ein weiterer hinzugekommen, der die Beschwerden deutlich verschlimmerte. „Damit hatte ich niemals gerechnet. Das Thema Bandscheibenvorfall kannte ich nur von Älteren aus meinem Umfeld. Und ich bin ja auch nicht gerade unsportlich“, sagt der großgewachsene und schlanke frühere Hobbyfußballer.
Ali Aljawadeh, Leiter der Sektion Wirbelsäulenchirurgie an der Helios Klinik Attendorn, erklärt, dass auch junge Menschen mit Bandscheibenvorfällen bei ihm operiert werden – das sei durchaus keine Seltenheit. „Herr Moslers Bandscheiben im unteren Rückenbereich zeigen bereits Verschleißerscheinungen. Das ist meist genetisch bedingt. Sie halten das Körpergewicht und bestimmte ruckartige Bewegungen nicht mehr aus“, so der Facharzt. Bandscheibenvorfälle können daher schon in frühen Jahren auftreten. „In besonders schweren Fällen helfen konservative Behandlungsmethoden nicht mehr. Dann müssen wir operativ vorgehen und den herausgerutschten Teil der Bandscheibe entfernen, um die Nerven zu entlasten.“ Doch dieser Eingriff sei heutzutage längst nicht mehr so schwerwiegend wie noch vor einigen Jahren, betont Aljawadeh.
Wirbelsäulen-Endoskopie seit Frühsommer an Helios Klinik
Seit Neuestem setzen die Mediziner in Attendorn auch endoskopische Verfahren in der Wirbelsäulenchirurgie ein – eine Technik, die sich besonders für jüngere Patienten eignet. Grundsätzlich wird diese Methode in Deutschland bereits seit einigen Jahren angewandt und breitet sich aktuell immer weiter aus. „Die Eingriffe werden minimalinvasiv durchgeführt. Das bedeutet, wir arbeiten mit sehr kleinen Schnitten, die kaum größer als Nadelstiche sind. Das schont Gewebe, Nerven und Muskulatur, sodass die Patienten schon nach sehr kurzer Zeit wieder mobil sind und dementsprechend auch weniger Schmerzmittel benötigen“, erläutert der Mediziner die Vorteile der Endoskopie.
Dank der exzellenten Kamerasicht im Körper kann gezielt nur der Bandscheibenvorfall behandelt werden, ohne gesundes Bandscheiben- oder Knochengewebe zu beschädigen. Diese Präzision macht das endoskopische Verfahren besonders attraktiv für junge Menschen, da es eine schnelle Erholung, maximale Gewebeschonung und damit die Rückkehr zu einem aktiven Leben ohne bleibende Einschränkungen ermöglicht. Selbstverständlich ist dies auch für ältere Patienten von Bedeutung, jedoch besonders für jüngere entscheidend, die möglichst schnell wieder aktiv am Alltag teilnehmen wollen und müssen. Natürlich wird stets individuell anhand der bildgebenden Diagnostik entschieden, ob das Verfahren für den jeweiligen Patienten geeignet ist.
Sehr schnell ging es bei Leonas Mosler. Bei ihm wurden beide Bandscheibenvorfälle ausgeschabt und die Bandscheiben wieder in Position gebracht. „Ich konnte bereits anderthalb Tage nach der OP wieder stehen und kurz darauf auch wieder erste Schritte machen“, so Mosler. Nicht nur das: Die Schmerzen waren gleich nach der OP verschwunden. Eine kaum erkennbare Narbe bleibt als Andenken. Seitdem stärkt er mit Physiotherapie und Fitnesstraining seinen Rücken. Nur von der Fußball-Karriere musste sich der frühere Mittelfeldspieler des TV Rönkhausen schweren Herzens verabschieden, denn dieser körperbetonte Sport ist zu riskant für die wiedergewonnene Rückenstabilität geworden.
Überhaupt sind trotz des erfolgreichen Eingriffes weitere Bandscheibenvorfälle bei Leonas Mosler künftig nicht auszuschließen. „Darum ist es sehr gut, wenn uns solche schonenden Verfahren zur Verfügung stehen, damit die Belastungen der angrenzenden Bandscheiben und Wirbelgelenke möglichst gering bleiben“, so Ali Aljawadeh. „Schließlich soll er noch viele Jahrzehnte damit möglichst aktiv und mobil leben.“