Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
"Ursprünglich habe ich eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht und lange auf der Unfallchirurgie eines anderen Krankenhauses gearbeitet. Nach einer Familienphase war ich zunächst in der Beratung für MS-Patienten für einen Pharmahersteller tätig. Danach arbeitete ich als BackOffice-Spezialistin für einen US-Pharmakonzern im Bereich der Augenheilkunde. In dieser Position konnte ich bereits Erfahrungen im professionellem Beschwerdemanagement sammeln.
Dort hat mir jedoch der direkte Kontakt zu den Menschen gefehlt. Als ich die Stellenausschreibung vom Helios Klinikum Berlin Buch sah, dachte ich, dass es eine tolle Gelegenheit wäre, um wieder mehr mit Menschen zu arbeiten."
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag aus?
"In erster Linie versuchen wir durch verschiedene Kanäle, die Patient:innen und Besucher:innen zu ermutigen, ihre Beschwerde oder Lob zu äußern. Dazu gibt es auf jeder Etage gut sichtbar Briefkästen und Meinungskarten, wo die Patient:innen ihre Meinung an uns richten können. Dazu kommt die Befragung im Rahmen des Service Monitiors: alle stationären Patienten werden einmal pro Woche befragt, ob sie mit unserem Service zufrieden sind: z. B.: Sauberkeit, Verpflegung und Pflege, ärztliche Versorgung, insgesamt 12 verschiedene Kategorien. Diese Rückmeldungen werten wir anschließend statistisch aus und geben es weiter an die Klinikleitung. Sinn und Zweck der Befragung ist, dass wir sehen, wo die meisten Probleme liegen und wir Schlüsse ziehen können, wo noch Bedarf besteht.
Sollte es zu Beschwerden von Patient:innen kommen, nehmen wir diese auf, bearbeiten sie, kooperieren mit den verschiedenen Abteilungen und lösen diese zu der Zufriedenheit des Beschwerdeführers. Solch eine Bearbeitung kann schon mal einige Wochen in Anspruch nehmen, da die nachhaltige Umsetzung mit allen Beteiligten abgesprochen werden muss.
Dazu betreuen wir noch die Patientenfürsprecher, die ebenfalls häufig Beschwerden an uns weiterleiten. Gleichzeitig sind wir auch für das Ehrenamt zuständig, das neben der Pflege die Patienten ergänzend unterstützt.
Ein kleiner Bereich sind noch die Kritiken und Lob, die uns über Social Media erreichen. Diese werden von uns auch beantwortet, bearbeitet und an die Pflege und Ärzteschaft weitergeleitet. "
Wie kommen die Beschwerden zu Ihnen? Über Telefon, Persönlich oder per Mail?
"Das ist total unterschiedlich. Meist über Telefon und per Mail, doch auch direkt von Station. Dabei sind wir jedoch nicht nur für die Patient:innen, sondern auch für die Angehörigen, Betreuer und externe Firmen Ansprechpartner. Es gab auch schon einige Situation, wo eine Beschwerde am Infopunkt abgegeben wurde. Auch die Stationsleitungen brauchen manchmal Unterstützung, wenn es einen Konflikt mit einem Patienten/einer Patientin gibt. Je nachdem, wie sich der- oder diejenige das wünscht, kommen wir vorbei oder machen mit den Patient:innen einen Gesprächstermin aus. Wir haben ein Gesprächsbüro, wo die Beschwerden persönlich aufgenommen und alle weiteren Schritte kurz besprochen werden."
Dabei braucht man ein dickes Fell, oder?
"Man darf es nicht persönlich nehmen - das ist unser oberstes Gebot. Ja, man braucht ein dickes Fell, man muss eine Frohnatur sein und gleichzeitig viel Empathie zeigen. Es liegt in der menschlichen Natur, sich über bestimmte Dinge zu beschweren. Einige Beschwerden sind nicht ohne Grund. Dennoch gibt es Dinge, die bis zu einem Jahr Bearbeitungsdauer benötigen - vor allem bauliche Veränderungen. Dass es uns gibt, gibt den meisten Beschwerdeführern ein gutes Gefühl, denn sie werden ernst genommen und nicht alleine gelassen. Oft können wir auch Rechtstreitigkeiten abwenden, da wir bereits eine gute Lösung für die Patient:innen gefunden haben. Das kommt den Beschwerdeführern und der Klinik zu Gute und erspart viel Arbeit.
Es gibt auch viele Patient:innen die sich nach der Bearbeitung ihrer Beschwerde mit einem Dankeschön und kurzem Lob zurückmelden. Das ist eine schöne Bestätigung für uns."
Können Sie auf jede Beschwerde und jedes Lob eingehen?
"Ja! Jede Kritik und jedes Lob ist individuell, da gibt es keine Standartantwort. Dabei geht es nicht um Zeit, denn jede Person kriegt eine lösungsorientierte Antwort auf deren Mitteilung. Zuerst geben wir eine kurze Rückmeldung, dass die Beschwerde in Bearbeitung ist. Anschließend wird die gründlich geprüft, was einige Tage dauern kann. Das liegt daran, dass wir Gespräche führen müssen, um eine passende Lösung zu finden. In der Regel dauert das nicht länger als 14 Tage bis 3 Wochen. Dennoch gibt es Dinge, die bis zu einem Jahr Bearbeitungsdauer benötigen - vor allem bauliche Veränderungen."
Haben Sie hier Ihren Traumjob gefunden?
"Als kleines Mädchen träumt man natürlich nicht davon Beschwerdemanagerin zu werden, aber mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammenzuarbeiten macht mir großen Spaß. Andererseits ist es auch ein kreativer Beruf, weil man aus diesen Beschwerden kleine Projekte machen und etwas bewegen kann. Auch die positive Resonanz der Beschwerdeführer gibt einem eine kleine Erfüllung."