Reduzierung von Einmalhandschuhen.

Helios lässt das Gummi weg.

Helios lässt das Gummi weg.

Wer Handschuhe trägt, möchte sich selbst und andere vor der Übertragung gefährlicher Erreger schützen. Aber wussten Sie, dass genau der gegenteilige Effekt eintreten kann? Nämlich besonders dann, wenn die Handschuhe zu häufig und zu lange getragen werden. Aus diesem Grund möchten wir bei Helios die falsche Verwendung von Einmalhandschuhen reduzieren.

Das nehmen Sie hier mit:

  • Wenn weniger mehr ist: Welche guten Gründe sprechen dafür, weniger Handschuhe zu tragen?
  • Besser mit oder besser ohne: Wann empfehlen wir den Einsatz von Handschuhen und wann nicht?
  • Wertvolle Fakten: Was sagen Expertinnen und Experten zum Thema und welche neuen Studien liegen vor?
  • Geschäftsführung: Warum ist die Reduktion von Einmalhandschuhe auch für Helios so wichtig?
  • Für Mitarbeitende: Exklusiver Zugang zum internen Schulungsbereich.

Fünf gute Gründe, weniger Handschuhe zu tragen.

Weniger Handschuhe =

1. Natürliche Hautbarriere

Wenn wir Handschuhe tragen, entwickelt sich Feuchtigkeit. Dadurch leidet die natürliche Hautbarriere und es kann leicht zu Infektionen oder Ekzemen kommen.

2. Weniger Übertragungsrisiko

Nackte Hände übertragen weniger Erreger als Einmalhandschuhe. Übrigens: Auch die Handschuhboxen können kontaminiert sein!

3. Indikationsgerechte Händedesinfektion

Häufiges Handschuhtragen führt zu weniger Händedesinfektion. Dies ist die wichtigste hygienische Schutzmaßnahme.

4. Mehr Nachhaltigkeit

Wer überflüssige Handschuhe weglässt, produziert weniger Müll und reduziert unseren CO2-Fußabdruck.

5. Menschliche Nähe

Wenn wir Menschen ohne Handschuhe berühren, wenden wir uns ihnen ganz zu und bauen schneller Vertrauen auf.

Besser mit? Besser ohne? Diese Faustformel hilft.

Fragen Sie sich: Entsteht Kontakt mit möglicherweise infektiösem, ätzendem oder toxischem Material?

 

Sechs Situationen und was wir empfehlen:

Ist die Antwort Ja, dann nutzen wir Handschuhe.

Ist die Antwort Nein, dann arbeiten wir ohne Handschuhe.

Besser mit: Zugang legen & Blut abnehmen

Besser ohne: Abhorchen & Abtasten

 

 

 

 

Besser mit: Wechsel von Urin- & Stomabeuteln

Besser ohne: Betten- & Rollstuhltransport

 

 

 

 

Besser mit: Wechsel von Inkontinenzmaterial

Besser ohne: Speisen ausgeben & anreichen

Expertin empfiehlt: Händedesinfektion statt Einmalhandschuh.

In medizinischen Einrichtungen sieht man sie überall ganz oft – die Einmalhandschuhe. Doch warum man sie öfter besser weglassen sollte, darüber sprechen wir im Interview mit unserer Expertin PD Dr. med. Irit Nachtigall, Leiterin der Fachgruppe Infektiologie bei Helios.

PD Dr. med. Irit Nachtigall

Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin
PD Dr. med. Irit Nachtigall
Leiterin der Helios Fachgruppe Infektiologie
Leiterin der Initiative Antibiotic Stewardship (ABS)

Frau Dr. Nachtigall, Sie haben bei Helios ein Projekt zur Reduzierung von Einmalhandschuhen ins Leben gerufen. Warum engagieren Sie sich hierfür?
Nachtigall: Als erstes möchte ich betonen, dass es natürlich Situationen gibt, in denen das Tragen von Handschuhen wichtig sein kann. Das heißt, bei der Arbeit mit Blut, Sekreten und Ausscheidungen. In vielen Fällen ist der Handschuh jedoch überhaupt nicht notwendig. Das Weglassen bedeutet eben nicht, dass es bei uns unhygienischer zugeht – im Gegenteil: Die Mitarbeitenden desinfizieren sich stattdessen gründlicher ihre Hände. Das ist viel besser. Es gibt zahlreiche Gründe, die gegen den Einsatz von Einmalhandschuhen sprechen. Oft tragen wir sie aus falsch verstandenem Infektionsschutz. Dabei wären sie gar nicht notwendig. Im Gegensatz zu einer ordentlichen Händedesinfektion steigt durch sie die Übertragungsrate von Erregern.

Das Weglassen bedeutet eben nicht, dass es bei uns unhygienischer zugeht – im Gegenteil: Die Mitarbeitenden desinfizieren sich stattdessen gründlicher ihre Hände. Das ist viel besser.

PD Dr. med. Irit Nachtigall

Das heißt, die Arbeit mit der bloßen Hand ist hygienischer als mit dem Einweghandschuh?
Ja, genau. In einer Studie wurde mit der Hand eine Hühnerbrust angefasst und anschließend noch mit derselben Hand nach Salat gegriffen. Im zweiten Schritt wurde das wiederholt, nur diesmal mit der behandschuhten Hand. Das Ergebnis war eindeutig: Die Übertragung der Erreger Enterobacter aerogenes von Huhn zu Salat war 1.000 Mal höher mit Handschuhen als ohne!

Gibt es auch Gründe jenseits der Hygiene?
Durch das Tragen von Handschuhen entstehen Hautschäden durch eine feuchte Kammer, in der die Haut aufweicht. Das kann zu einem richtigen Problem werden. Es ist auch wichtig zu wissen, dass viele Patient:innen, vor allem Kinder, es als unangenehm empfinden, wenn sie statt mit der bloßen Haut mit Handschuhen berührt werden. Das kann zur Verschlechterung des Patientenkomforts führen. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist schließlich die Nachhaltigkeit: Durch die Produktion, den Transport und die Entsorgung der Handschuhe werden in hohem Maße Ressourcen verschwendet und die Umwelt belastet.

Wann ist das Tragen von Handschuhen wichtig und wann überflüssig?
Nicht notwendig sind Einmalhandschuhe zum Beispiel bei der Bettenaufbereitung, bei der Mobilisation und dem Transport der Patient:innen, beim Essen austeilen oder beim Abhören des Körpers bei der Anamnese. Selbst beim Infusionswechsel oder bei Injektionen ist das Tragen von Handschuhen häufig nicht notwendig und es reicht aus, sich die Hände vorher gründlich zu desinfizieren. Definitiv weiterhin getragen werden sollten Handschuhe beim Kontakt mit scharfen Desinfektionsmitteln und beim Kontakt mit Sekreten.

Wir machen hier keine Abstriche in der Patientensicherheit! Wir lassen Handschuhe in Situationen weg, in denen sie eher schaden als nützen und desinfizieren stattdessen sorgfältig unsere Hände.

PD Dr. med. Irit Nachtigall

Und wann wollen Sie das Projekt starten?
Ab Juli 2023 schulen wir alle Mitarbeitenden an allen Standorten von Helios und klären über unser Hygienepersonal auf, wann es Handschuhe wirklich braucht. Unterstützend gibt es auch Plakate und Flyer, die auf alle Anwendungsfälle hinweisen.

Was verändert sich für Patientinnen und Patienten?
Wir machen hier keine Abstriche in der Patientensicherheit! Wir lassen Handschuhe in Situationen weg, in denen sie eher schaden als nützen und desinfizieren stattdessen sorgfältig unsere Hände. Sollte ein Patient oder eine Patientin sich wundern und nachfragen, dann klären unser Mitarbeitenden gern auf, warum wir auf Handschuhe verzichten. Dafür steht allen Mitarbeitenden Informationsmaterial zur Verfügung. Außerdem hängen wir an exponierten Stellen auch unsere Plakate zum Thema auf, um für ein besseres Verständnis zu werben. Gleichzeitig begleiten wir das Infektionsgeschehen tagesaktuell und berichten über die Veränderungen in unseren medizinischen Einrichtungen weiterhin transparent.

 

 

Robert-Koch-Institut

Auch das Robert-Koch-Institut klärt im Epidemiologischen Bulletin Nr. 18 2023 über die indikationsgerechte Nutzung von Einweghandschuhen auf.

In vielfacher Hinsicht ein wichtiger Schritt für Helios.

Die Geschäftsführung hat gemeinsam und auf Empfehlung der zentralen Infektiologie, Klinischen Hygiene, Arbeitssicherheit und der Stabsstelle Nachhaltigkeit entschieden: Wir wollen mit einem heliosweiten Projekt den Verbrauch von Einmalhandschuhen reduzieren. Wir sagen gemeinsam mit allen Mitarbeitenden dem falsch verstandenen Infektionsschutz den Kampf an. Denn Handschuhe wiegen uns in falscher Sicherheit, da sie sogar mehr Erreger übertragen können als die normale Hand. Gleichzeitig werden sie häufig anstelle der Händedesinfektion verwendet. Wir wollen unseren ökologischen Fußabdruck sichtbar verkleinern und etwas für unsere „Patientin Erde“ tun, ohne Abstriche bei der Mitarbeitenden- und Patientensicherheit.

Robert Möller, Vorsitzender der Helios Geschäftsführung (CEO)

Exklusiver Mitarbeitenden-Bereich

Schulungen Einmalhandschuhe

Alle Helios Mitarbeitenden in den medizinisch-pflegerischen Bereichen erhalten eine ausführliche Schulung über den Umgang mit Einmalhandschuhen. Hier geht's zu den vertiefenden Inhalten!