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Pflege auf der Intensivstation - ein persönliches Interview

Lasse Coltzau (24) ist Gesundheits- und Krankenpfleger und arbeitet derzeit auf der Intensivstation.

Ab dem kommenden Jahr möchte er die Fachweiterbildung zum Intensivpfleger absolvieren. Um einen Einblick in diese besondere Fachrichtung zu geben, haben wir uns mit dem angehenden Intensivpfleger Lasse Coltzau zusammengesetzt und ihn zu seiner im kommenden Jahr anstehenden Fachweiterbildung befragt.

Im Interview berichtet Lasse offen über die Herausforderungen, aber auch über die erfüllenden Momente in seinem Arbeitsalltag – und gibt dabei einen authentischen Einblick in den Weg zur Intensivpflege.

28.05.2025 Lesedauer: - Min.

Wo hast du deine Laufbahn in der Pflege begonnen?

Schon mein ein FSJ und meine Ausbildung habe ich am Helios Klinikum Siegburg absolviert. Ich bin hier in den Beruf hineingewachsen.

 

Inzwischen arbeitest du auf der Intensivstation. Wie hast du die Arbeit auf der Intensivstation für dich entdeckt?

LC: Ich wurde von der Pflegedirektion darauf angesprochen, ob ich mir vorstellen kann, von der Normalstation auf die Intensivstation zu wechseln. Bereits zum Ende meiner Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger war es mein Ziel, irgendwann auf der Intensivstation zu arbeiten. Allerdings muss ich gestehen, dass ich selbst es mir zu dem Zeitpunkt noch nicht zugetraut hätte.

 

Was glaubst du, warum ausgerechnet du angesprochen wurdest?

Ich würde von mir selbst behaupten, dass ich mich immer sehr reingehangen habe, kompetent und zuverlässig bin.

 

Und warum dachtest du, nicht bereit zu sein?

Weil es eine große Aufgabe ist und viel Verantwortung bedeutet. Ich dachte, mich dafür noch nicht bereit zu fühlen.

Ich erinnere mich daran, dass ich die Intensivstation im FSJ und dann in meinem ersten Lehrjahr sogar angsteinflößend fand – das Bild, dass ich von den Patient:innen im Kopf behielt, überforderte mich etwas: viele Kabel, wenig Bewegung, viele Monitore, kritische Situationen, intubierte Patient:innen. Es waren ungewohnte Einblicke, es war anders auf der Normalstation.

Mir fehlte damals noch das Fachwissen darüber, was genau mit den Menschen passiert, warum welche Maßnahmen notwendig oder sogar überlebensnotwendig sind.

Je mehr Einblicke ich im Laufe meiner Ausbildung erlangte, desto interessanter wurde dieser Bereich des Krankenhauses für mich. Das Gefühl, noch nicht bereit zu sein, hat sich ebenfalls schnell geändert, denn das Team hat mich wahnsinnig gut mitgenommen und die Anleitung war super.

 

Das heißt, deine Bedenken haben sich verflüchtigt? Was macht inzwischen den Reiz dieses Bereichs für dich aus?

Die Erfahrung von der Normalstation haben dafür gesorgt, dass ich mich fachlich viel besser auskenne, mein Wissensschatz hat sich einfach erweitert. Die ersten Tage auf der Intensivstation waren dann zwar ungewohnt, aber nicht bedrückend.

Für mich machen die Möglichkeiten auf der Intensivstation den Reiz der Arbeit dort aus. Die Krankheitsbilder der Patient:innen sind etwas komplexer und fordernder, sodass fachliches Wissen jeden Tag abgerufen werden muss. Ich mag Herausforderungen!

 

Was motiviert dich in deinem Job?

Ich empfinde meine Arbeit als sinnvoll, weil man unmittelbar Ergebnisse an den Patient:innen sehen kann – manchmal sehr schnell, manchmal etwas langsamer. Patient:innen kommen zum Beispiel nach einem schweren Eingriff wieder auf die Beine, ich unterstütze sie dabei, zurück ins Leben zu finden und ihre Eigenständigkeit zurückzuerlangen.

Dabei gibt es objektive Erfolge (wie das Laufen oder neu-laufen-Lernen) und es gibt subjektive Erfolge  (wie die Wertschätzung für die geleistete Arbeit).

 

Was magst du an deiner Arbeit besonders gerne?

Generell mag ich es, mit Menschen zu arbeiten und natürlich gibt mir auch die Dankbarkeit der meisten Patient:innen etwas.

Außerdem faszinieren mich die medizinischen Themen Anatomie und Physiologie im Laufe der Zeit immer mehr. Ich finde es auch spannend, was heute medizinisch alles möglich gemacht wird und was der menschliche Körper zu leisten in der Lage ist.

Mir gefällt außerdem der fachliche Austausch im Team, die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Arbeit mit den Ärzt:innen. Generell muss ich betonen, wie stark und zuverlässig die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachabteilungen in Krisensituationen – wie zum Beispiel Reanimations-Situationen – ist.

 

Worin ergänzen sich deiner Meinung nach Pflege und ärztlicher Dienst besonders gut?

Die Ärzt:innen bringen natürlich die medizinische Expertise mit, aber die Pflege ist meist näher an den Patient:innen dran – erlebt sie über Tage hinweg viele Stunden lang und hat ein engeres Verhältnis zu den Menschen, sodass hier wichtiger Input entsteht. Wichtig ist immer ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe.

 

Was empfindest du an deiner Arbeit auf der Intensivstation als besonders herausfordernd?

Besonders herausfordernd sind delirante und fremdaggressive Patient:innen. Es gibt leider Zustände, in denen ich und auch meine Kolleg:innen kommunikativ nicht mehr weiterkommen.

Neben den schönen Erfolgserlebnissen, wenn Patient:innen auf die Normalstation oder sogar nach Hause können, gibt es außerdem auch traurige Erlebnisse, wenn Patient:innen trotz aller Bemühungen versterben.

Schwierig ist für mich dann auch der Umgang mit den Angehörigen, wenn es darum geht, dass wir einem Patienten/einer Patientin nicht mehr helfen können und es letztendlich um Trauerarbeit geht. Wie spreche ich mit den Hinterbliebenen? Da habe ich einfach noch nicht genug Erfahrungen gesammelt und diese zwischenmenschliche, seelsorgerische Ebene ist für mich eine Herausforderung. Zum Glück habe ich aber viele, dienstältere Kolleg:innen, die damit besser zurechtkommen.

 

Wie gehst du persönlich damit um, wenn ihr einen Patienten/eine Patientin verliert? Zum Beispiel eine Person, zu der zu vielleicht schon eine Bindung aufgebaut hast? Wie gehst du mit dem Thema Tod um?

Ich denke, es ist wichtig, immer eine gewisse Distanz zu wahren, damit man diese Dinge nicht so nah an sich heranlässt. Und ganz wichtig ist auch die Unterscheidung zwischen Mitgefühl und Mitleid – ich habe immer Mitgefühl, aber ich versuche, nicht mitzuleiden. Es gibt durchaus Fälle, die mich einige Tage begleiten, die ich auch mit nach Hause nehme. Aber die negativen Gedanken überwiegen nicht. Ich führe mir immer vor Augen, dass wir ausnahmslos immer alles uns Mögliche für die Patient:innen tun.

 

Meinst du, man kann diesen reflektierten Umgang mit dem Thema Tod und Sterben lernen? Oder muss man ihn mitbringen? Dafür „gemacht sein“?

Ich denke, dass man vieles erlernen und sich Coping-Strategien aneignen kann. Allerdings darf man auch nicht zu nah am Wasser gebaut und emotional sein.

 

Du bist bereits Gesundheits- und Krankenpfleger und arbeitest bereits auf der Intensivstation – warum strebst du im kommenden Jahr zusätzlich noch die Fachweiterbildung für Intensivpflege und Anästhesie machen?

Mich reizt primär für das Wissen, das ich zusätzlich erlangen kann – und die Fachweiterbildung ermöglicht mir außerdem freieres Arbeiten auf der Station. Die Fachweiterbildung wird noch einmal zwei Jahre dauern – das ist es mir wert!