Welche Voraussetzungen werden für dieses besondere Verfahren benötigt?
Dr. Wiedemann: „Aufgrund unserer exzellenten Erfahrung im Team und interdisziplinären Zusammenarbeit sowie unserer besonderen Ausstattung eines Kardio-MRTs und zusätzlichem Instrumentarium konnten wir erstmals in Berlin diese MRT-gestützte Katheterablation durchführen. Für das OP-Verfahren mit MRT-Bildgebung benötigt man Herzkatheter, welche nicht vom magnetischen MRT-Gerät angezogen werden. Deshalb haben wir Katheter aus Kunststoff mit Goldspitze und zwei Elektroden verwendet, welche speziell für diesen Einsatz entwickelt wurden. Damit gehören wir zu den ersten zehn kardiologischen Zentren in Europa, die in der Lage sind, diese Methode umzusetzen.“
Was ist Vorhofflattern?
Dr. Wiedemann: „Bei typischem Vorhofflattern ist das elektrische Signal im Herzen gestört. Die Signale kommen vom Weg ab und „kreisen“ im rechten Vorhof. Dieser sogenannte Erregungskreis ist bei allen Patientinnen und Patienten gleich. Als Ergebnis können die Vorhöfe nicht mehr richtig pumpen: Sie „flattern“ und werden bis zu 300-mal pro Minute erregt. In Deutschland ist die Diagnose Vorhofflattern und insbesondere Vorhofflimmern der zweithäufigste Grund für einen Krankenhausaufenthalt. Vorhofflattern wird in der Regel durch eine Katheterablation behandelt.“
Was ist eine Katheterablation?
Dr. Wiedemann: „Eine Katheterablation ist bis auf wenige Ausnahmen das Standardverfahren zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen. Als bildgebendes Verfahren wird hier normalerweise eine Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen genutzt und mit einem Navigationsverfahren kombiniert. In dem minimalinvasiven Eingriff werden Katheter, biegsame Kunststoffschläuche, über die Leistenvene bis zum Herzen geschoben und im Herzen platziert. Über den Ablationskatheter wird mit Hitze, die durch Hochfrequenzstrom erzeugt wird, gezielt Herzmuskelgewebe verödet. Eine weitere Methode ist die Verödung durch Kälte. Die verödeten Zellen können das elektrische Signal nicht mehr weiterleiten und – wie in unserem Fall des Vorhofflatterns – werden die kreisenden Erregungen so unterbrochen. Das Signal im Herzen kann wieder geordnet weitergeleitet werden und der Herzrhythmus ist wieder intakt.
Wie viele Herz-MRT, Katheterablationen und elektrophysische Untersuchungen werden durchschnittlich im Jahr im Helios Klinikum Berlin-Buch durchgeführt?
Dr. Wiedemann: „In unseren vier hochspezialisierten kardiologischen Laboren führen wir spezielle kathetergestützte Herzuntersuchungen zur Diagnostik und Therapie durch. Zwei dieser Labore sind dabei speziell für die Behandlung von Herzrhythmusstörungen ausgestattet. So finden im Helios Klinikum Berlin-Buch jährlich rund 1000 Behandlungen wie Ablationen und elektrophysische Untersuchungen statt. In unserem Kardio-MRT unter der Leitung von Prof. Dr. med. Jeanette Schulz-Menger werden zudem rund 3000 Herzen pro Jahr untersucht.“
Welche Vorteile verspricht dieses Verfahren der MRT-basierten Katheterablation?
Dr. Wiedemann: „In Zukunft werden komplexe Rhythmusstörungen, insbesondere lebensbedrohliche Herzrasenzustände im Fokus dieser Behandlungsmethode stehen. Die MRT-Bildgebung kann nicht nur anatomische Besonderheiten des Herzens in Echtzeit darstellen, sondern auch narbige Veränderungen sichtbar machen. Häufig gehen gerade von diesen Narben ganz unterschiedliche, zum Teil lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen aus. Mithilfe des MRTs sollte es möglich sein, eine optimale Therapieplanung und Durchführung zu gewährleisten. Dies ist ein wichtiger Vorteil gegenüber dem klassischen „Röntgen“, einer Durchleuchtungs-gestützten Katheterablation. Zwar existieren bereits weitere Navigationssysteme für Eingriffe am Herzen, die eine 3D-Planung ermöglichen und bei der OP auch verwendet werden, allerdings können diese nicht in Echtzeit wie beim MRT die Behandlung und Ergebnisse darstellen. Zudem entsteht bei dem Verfahren keine Röntgenstrahlenbelastung für Patientinnen und Patienten oder das medizinische Personal. Weitere Forschungsarbeiten und technische Weiterentwicklungen sind erforderlich, um die genannten Vorteile in die Praxis zu bringen. Wir freuen uns auf diese interessante Arbeit.“
Was versteht man unter der Rhythmologie?
Dr. Wiedemann: „Die Rhythmologie ist ein Spezialgebiet der Kardiologie und beschäftigt sich mit der Diagnostik und Behandlung von Herzrhythmusstörungen. Unter Rhythmologie versteht man die Wissenschaft der elektrischen Erregung im Herzen. Um Störungen dabei zu erkennen und zu therapieren, nutzen wir das EKG oder eine Herzkatheteruntersuchung. Standardtherapien sind dann zum Beispiel eine Katheterablation bei Herzrasen oder ein Herzschrittmacher bei einem zu langsamen Herzschlag. Die Untersuchungen zur Diagnostik sowie die Eingriffe führen wir in unseren hochmodernen Herzkatheterlaboren mit allen technischen Voraussetzungen für spezielle kathetergestützte Herzuntersuchungen durch.“
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„Mein Ziel ist es 100 zu werden.“
Gerd-Heiner Pippis (70) ist nach innovativem Eingriff mit Herz-MRT frohen Mutes
Nach einer Routineuntersuchung beim Hausarzt wird Gerd-Heiner Pippis ins Krankenhaus geschickt. Die Mediziner aus dem Helios Klinikum Berlin-Buch diagnostizieren eine schwere Herzrhythmusstörung, ein sogenanntes Vorkammerflattern. Dabei ist der Sinusrhythmus im Herzen aus dem Takt geraten und das elektrische Signal im Herzen kreist in den Vorhöfen und bringt sie zum Flattern, da das Herz nicht mehr richtig pumpen kann. Zunächst ist der Rentner aus Berlin-Buch etwas geschockt. „Ich hatte nie Symptome: kein Herzrasen, keine Schwächeanfälle“, sagt er.
Herz-MRT-gestützte Katheterablation
Gerd-Heiner Pippis kommt zum richtigen Zeitpunkt in die Klinik. Um das Herz wieder „in Takt“ zu bringen, wird bei ihm nicht nur das Standardverfahren einer Katheterablation angewandt, sondern ein komplett neues Verfahren: eine Ablation mit zeitgleichem Herz-MRT. Sein behandelnder Arzt, Dr. med. Michael Wiedemann, Leiter Herz-Rhythmus-Zentrum am Helios Klinikum-Berlin-Buch, erklärt den Eingriff. „Eine MRT-gestützte Katheterablation ermöglicht sehr präzise Untersuchungsergebnisse, da die Kardio-MRT-Bilder die individuelle Struktur des Herzens sehr genau darstellen. So können sogar Besonderheiten, wie eine komplizierte Gewebestruktur, während des Eingriffs dargestellt und berücksichtigt werden“, erklärt der Arzt. „Dieses Verfahren konnte aufgrund besonderem OP-Instrumentarium von den Bucher Kardiologen erstmals in Berlin durchgeführt werden. Damit gehören wir zu den ersten zehn kardiologischen Zentren in Europa, die in der Lage sind, diese Methode umzusetzen“, ergänzt Dr. Wiedemann.
Bereits der zweite Eingriff am Herzen
Vor rund sieben Jahren wurde bei dem Patienten Gerd-Heiner Pippis bereits mit Erfolg eine Ablation der Lungenvenen durchgeführt, was den gebürtigen Trierer nicht entmutigt hat oder daran hindert, aktiv zu bleiben.
Der ehemalige Betriebsinformatiker ist gerne mit seiner „Baby-Harley“ unterwegs. Nach der effektiven Behandlung seines „Vorhofflatterns“ mithilfe der MRT-gestützten Katheterablation, konnte Gerd-Heiner Pippis bereits am Folgetag mit seinem Motorrad nach Hause fahren. „Jetzt ist mein Sinusrhythmus in Ordnung und ich kann wieder mein Leben genießen.“ Nun fühlt er sich richtig gut: „Mein Ziel ist es 100 zu werden“, sagt der kontaktfreudige 70-Jährige.
Um mehr Menschen über Herzrhythmusstörungen aufzuklären, bietet Dr. med. Wiedemann am Donnerstag, 10. November und 17. November, von 16:00 bis 17:00 Uhr eine Telefonsprechstunde an. Fragen zu Therapie rund um das Thema Herzrhythmusstörungen können im Rahmen der Sprechstunde besprochen werden. Unter der Rufnummer (030) 9401-54444 können sich Betroffene beraten lassen. Die Sprechstunde ist kostenfrei und ohne Anmeldung nutzbar.