Angelina befindet sich mitten in ihrem dualen Studium bei der Polizei zur Kriminalbeamtin. In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit Freunden und Familie zu gemeinschaftlichen Unternehmungen. Als sie 16 Jahre alt ist, bemerkte sie zum ersten Mal, dass sie bestimmte Lebensmittel scheinbar nicht richtig „verträgt“:
„Ich hatte dann Schmerzen im Mund beim Essen und Trinken, konnte dann auch bestimmte Lebensmittel nicht mehr essen. Ganz schlimm war es, wenn es etwas Saures war. Auf der rechten Seite in meinem Mund ist dann irgendetwas angeschwollen. Dann ist es aber wieder zurückgegangen und kam später erneut wieder.“
Zu Beginn waren es Abstände von Wochen und dann wurden die Abstände immer kleiner. Als es richtig schlimm war, hatte Angelina eine auffallend große Beule. Durch diese Schwellung konnte Angelina ihren Kopf nicht nach oben strecken. Sie konnte auch nichts mehr essen und trinken, weil die Schmerzen so stark waren.
„Die Schwellung war so groß, dass man es mit einem Ei vergleichen könnte. Da habe ich noch bei meiner Mutter gewohnt. Wir sind von einem Restaurantbesuch nach Hause gekommen und dann habe ich ihr das gezeigt und gesagt, dass es enorm wehtut.“ Angelina selbst denkt zu dem Zeitpunkt noch, dass es vielleicht irgendwie mit ihren Mandeln zusammenhängt.
Doch Angelinas Mutter macht sich Sorgen und fährt mit ihrer Tochter sofort ins Krankenhaus. „Dann hatte ich auch Panik, auch aufgrund unserer Familiengeschichte – da ist viel vorgefallen, viele Krebserkrankungen und dann recherchiert man noch im Internet - spätestens dann ist die Panik da.“
Im Klinikum wurde festgestellt, dass Angelina unter einem Speichelstein (Sialolith) leidet, der den Speichelgang verstopft. Eine Tast- oder Ultraschalluntersuchung bringt hier meist schnell Klarheit.
Dr. med. Carolin Dieke, Assistenzärztin im Fachbereich HNO, Kopf- und Halschirurgie im Helios Klinikum Berlin-Buch, erklärt:
Ein Speichelstein tritt in den meisten Fällen nur einseitig auf. Ursache kann eine Veränderung der Speichelzusammensetzung ebenso wie zu dickflüssiger Speichel sein. Der genaue Hergang der Bildung eines Speichelsteins ist bislang jedoch nicht ausreichend erforscht.
„Was wir jedoch wissen, ist das sich im Speichel kleine, feste Partikel befinden, die sich im Speichelgang anlagern. Ab einer gewissen Größe können diese Partikel nicht mehr auf natürliche Weise mit dem Speichel abfließen und verstopfen den Gang. Die Drüse schwillt an und es entstehen Schmerzen sobald der Speichelfluss angeregt wird. Essen oder alleine der Gedanke an Essen wird so zur Qual. Das wirkt sich natürlich sehr negativ auf die Lebensqualität der Betroffenen aus“, berichtet Dr. Dieke.
Zunächst sollte Angelina versuchen, den Stein alleine herauszubekommen. Dafür sollte sie mehr trinken und vermehrt saure Lebensmittel zu sich nehmen, da diese speichelflussanregend sind. Ziel war es, die Speichelproduktion so stark anzuregen, dass sich der Stein „von selbst“ herausspült. Zusätzlich sollte Angelina die Beule ausstreichen und versuchen den Stein herauszudrücken.
„Dann hatte ich eine Weile lang keine großen Probleme. Dann wurde es wieder schlimmer, also wie bei so einer Kurve. Irgendwann habe ich mir gesagt, dass das so nicht mehr geht. Ich konnte meinen Kopf nicht mehr richtig bewegen, im Alltag musste ich immer darauf achten, was ich esse und trinke, es war einfach nur belastend und schmerzhaft. Wenn du mit Freunden zusammensitzt oder im Restaurant bist und du bekommst dann diese Beule und hast Schmerzen dabei, sodass dir wirklich die Tränen in die Augen schießen und du dabei bist, das irgendwie weg zu machen und du dann nicht essen kannst, dann ist das schon sehr anstrengend und bedrückend. Auch für meinen Freund und meine Mutter war es schwierig, weil sie auch immer Angst hatten, dass es schlimmer wird und der Fall eintritt, dass meine Speicheldrüse operativ entfernt werden muss und eine Narbe bleibt“, erzählt Angelina.
Angelina erhält eine Überweisung zur Speichelgangendoskopie (Sialendoskopie). „Dank des modernen Mikro-Endoskops können diese Steine bei uns in der Bucher HNO-Klinik nun risikoarm ohne Entfernung der Speicheldrüse behandelt werden. Wir verwenden extrem kleine Endoskope mit nur einem Millimeter Durchmesser (Sialendoskop). Mit diesem Instrument können wir den Speichelgang schonend einsehen. Der Eingriff erfolgt im OP-Saal und kann beim wachen Patienten in Lokalanästhesie oder bei ängstlichen Patienten in Vollnarkose (Intubationsnarkose) durchgeführt werden“, erklärt Dr. med. Dominik Jasulaitis, Oberarzt im Fachbereich HNO, Kopf- und Halschirurgie im Helios Klinikum Berlin-Buch.
Bei dem Verfahren wird das Sialendoskop von der Mundhöhle aus in den Speichelgang geführt. Der entsprechende Gang wird zunächst mit einem Spezialinstrument etwas aufgedehnt. Dann kann das Endoskop eingeführt werden und darüber in den Speichelgang geschaut werden. „Dank des integrierten Lichts sowie des Spül- und Arbeitskanals in dem Metallschaft kann ich den Stein gut sehen, freispülen und dann schonend mit einem kleinen Körbchen fangen. Bei der Patientin entleerte sich nach Entfernung des 6x5mm großen Steins reichlich Speichel“, erklärt Dr. Jasulaitis.
In einigen Fällen ist der Einsatz des modernen Endoskops nicht möglich, insbesondere dann, wenn der Stein sehr groß ist. Welches Verfahren in Frage kommt, wird bei der Diagnose durch einen HNO-Facharzt/Fachärztin festgestellt. Alternativ kann der Stein mittels Stoßwellentherapie oder Operation behandelt werden. Bei der OP muss dann oft die gesamte Speicheldrüse entfernt werden.
Damit es gar nicht erst zur Bildung eines Speichelsteins kommt, ist eine gute Mundhygiene wichtig. Dafür sollte täglich etwa zwei Liter Wasser oder Tee getrunken werden, damit der gesamte Organismus optimal mit Flüssigkeit versorgt und der Speichel ausreichend und in der richtigen Konsistenz gebildet wird.
Kaugummis und Bonbons können zudem die Speichelbildung anregen und vor Speichelstein schützen. Saure Lebensmittel haben einen ähnlichen Effekt.
„Ich war sofort nach dem Eingriff meine Schmerzen los und achte jetzt mehr darauf, ausreichend zu trinken, damit ich nicht wieder einen neuen Stein bekomme“, sagt Angelina. Ihren Stein hat sie als Erinnerung mit nach Hause genommen und appelliert an andere Betroffene: „Wenn ihr sowas habt, dann wartet nicht so lange, geht zum Arzt – je eher, desto besser!“