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Ein zweites Leben für Christine Graul

Als Christine Graul aus Strausberg einen plötzlichen "Vernichtungskopfschmerz“ erlebt, denkt sie sich zunächst nichts weiter dabei. Doch als es nicht besser wird, sucht sie dann doch eine Rettungsstelle auf. Das Ergebnis der Untersuchungen: ein geplatztes Hirnaneurysma das nun in die umliegenden Bereiche blutet. Die 56-Jährige wird ins Helios Klinikum Berlin-Buch verlegt, wo Prof. Hartmann und sein Team ihrer Patientin das Leben retten.
21. April 2021

Christine Graul ist verheiratet und hat eine Tochter. Die gelernte Telefonistin hat zuvor viele Jahre als Fernschreiberin bei der Armee gearbeitet und war dann Telefonistin in einem Krankenhaus. Nach einer Umschulung vor ein paar Jahren ist sie mittlerweile Gesundheits- und Krankenpflegerin in einem ambulanten Pflegedienst.

Am 11. Juli 2020 ist Christine Graul arbeiten. Bei der Versorgung eines Patienten bückt sie sich und fühlt plötzlich einen starken Kopfschmerz – „wie vom Blitz getroffen“, sagt sie. Sie kann nicht weiterarbeiten, ihr ist übel, sie muss sich übergeben.

„Naja habe ich gedacht. Keine Ahnung was das jetzt ist.“ Sie geht zurück ins Büro, dass ganz in der Nähe ist und wartet auf den Nachdienst, der sie ablösen kann. Zwischenzeitlich ruft sie ihren Mann an und bittet ihn, sie abzuholen, denn alleine Auto fahren will sie in diesem Zustand nicht. Wieder zu Hause überlegt Frau Graul die Rettungsstelle aufzusuchen, entscheidet sich dann aber doch noch bis zum nächsten Morgen zu warten, um zu schauen, ob es dann vielleicht schon besser ist.

Hirnaneurysma, Christine Graul, Neuroradiologie, Helios Klinikum Berlin-Buch, Prof. Marius Hartmann

So fährt sie gemeinsam mit ihrem Mann erst Sonntag früh zur Rettungsstelle. Dort wird ihr Blut abgenommen und ein CT gemacht: „Und da haben sie es gesehen und mich dann mit Blaulicht nach Buch gebracht“, berichtet Christine Graul. Im CT zu erkennen: Ein Hirnaneurysma das geplatzt ist und eine Hirnblutung verursacht hat.

Im Helios Klinikum Berlin-Buch erfolgt die weiterführende Akutdiagnostik und Behandlung.

Prof. Dr. Marius Hartmann, Chefarzt des Instituts für Neuroradiologie, erklärt:

„In etwa 85 Prozent der Fälle entsteht eine Subarachnoidalblutung (SAB) durch das Aufreißen eines sogenannten Aneurysmas im Gehirn: Dabei handelt es sich um eine Gefäßfehlbildung in Form einer sackartigen Erweiterung der Gefäßwand. In diesem Bereich ist die Gefäßwand weniger fest und kann leicht einreißen – die Folge ist eine solche Blutung. Das Einreißen des Aneurysmas geschieht häufig bei voller Gesundheit ohne vorherige Beschwerden. Bei einigen Menschen geht der SAB eine körperliche Anstrengung voraus, zum Beispiel schweres Heben.“

Leitsymptome sind schlagartig auftretende, heftigste, noch nie erlebte Kopfschmerzen, die sich rasch über den ganzen Kopf und innerhalb der folgenden Stunden auch in Richtung Rücken ausbreiten. Dieser "Vernichtungskopfschmerz" wird oft von Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu und Nackensteifigkeit begleitet.

Jeder einzelne dieser Fälle ist immer ein katastrophales Ereignis. Denn 20 bis 30 Prozent der Patienten kommen nicht rechtzeitig in eine spezialisierte Klinik und sterben.

Sofort wird eine Angiografie (Gefäßdarstellung) gemacht und das Aneurysma gecoilt. „Beim Coiling bringt der Neuroradiologe Platin-Spiralen in das Aneurysma ein. Dazu schiebt er einen Mikrokatheter über die Leistenarterie bis zur Gefäßaussackung vor. Die Platinspiralen füllen das Aneurysma aus und verhindern eine erneute Blutung“, erläutert Prof. Hartmann.

Im Anschluss liegt Christine Graul für drei Wochen auf der Intensivstation. Menschen mit einer SAB müssen umgehend intensivmedizinisch behandelt und überwacht werden. Eine Komplikation der SAB sind Gefäßverkrampfungen, sogenannte Vasospasmen. Diese setzen nach dem vierten Tag nach der SAB ein und halten etwa zwei bis drei Wochen an. Vasospasmen können die Hirndurchblutung soweit reduzieren, dass ein Schlaganfall eintritt und Patienten im schlimmsten Fall daran versterben.

Bei Christine Graul sind die Vasopasmen so schlimm, dass sie drei Wochen ins künstliche Koma versetzt werden muss. Prof. Hartmann und sein Team führt in dieser Zeit dreimal eine endovaskuläre Spasmolyse durch, um die Gefäßengstellungen zu lösen. Dabei wird ein Medikament über Mikrokatheter direkt am Hirngefäß verabreicht und ein Schlaganfall verhindert.

Christine Grauls Körper erholt sich. Nach dem Erwachen aus dem künstlichen Koma geht es ihr so gut, dass sie entlassen werden kann und Anfang September zur Reha nach Grünheide kommt. Konditionstraining, Bewegung und Treppensteigen helfen ihr wieder in Form zu kommen. Anfang Mai möchte sie mit dem Hamburger-Modell in ihren Job einsteigen.

Die Prognose einer SAB ist von vielen Faktoren abhängig, zum Beispiel vom Alter des Betroffenen, von der Schwere der Blutung und dem Ort des Aneurysmas. Generell gilt: Die SAB ist eine lebensgefährliche Erkrankung.

Prof. Hartmann ist froh über den so positiven Verlauf bei seiner Patientin:

Im März 2021 wird bei Christine Graul vorsorglich ein zweites Aneurysma mit Coiling erfolgreich behandelt. Sie ist jetzt Aneurysma-frei und kann sich nun voll und ganz auf die Genesung konzentrieren und auf den Wiedereinstieg in den Job. Als eingefleischter Eisbären Fan, wünscht sie sich endlich mal wieder bei einem Eishockeyspiel dabei zu sein. Gemeinsam mit ihrem Mann, ihrer Tochter und Freunden waren sie früher regelmäßig bei den Spielen.

Das fehlt und ist ein großer Traum, der hoffentlich demnächst wieder in Erfüllung gehen kann. „Das wäre schon toll. Aktuell bin ich einfach sehr dankbar für das zweite Leben, das mir geschenkt wurde. Am 12. Juli, also am Tag der ärztlichen Behandlung, feiere ich ab sofort meinen zweiten Geburtstag im Jahr – schön im Garten mit Grillen.“