SOP Heparine und antiFXa-Bestimmung
Niedermolekulares Heparin der Wahl in unserer Klinik ist Enoxaparin. Es wird sowohl zur Thromboseprophylaxe als auch zur therapeutischen Antikoagulation eingesetzt. Ausnahmen sind selten, z.B. nach bestimmten chirurgischen Eingriffen.
Inhaltsverzeichnis
1 Risikoabschätzung thromboembolischer Ereignisse
Risiko | Meschanische Herzklappe | Vorhofflimmern | Venöse ThromboEmbolie | Kritischer Bypass |
---|---|---|---|---|
Hoch: > 10 % | • Mitralklappenprothese • „alte“ Aortenklappenprothese • Schlaganfall < 6 Monate | • CHADS2-Score 5-6 • Schlaganfall < 3 Monate • Rheumatisches Vitium | • TVT <3 Monate • Schwere Thrombophilie | • Knieübergreifender Bypass |
Mittel: 5 – 7 % | • Doppelflügel- Kippscheibenprothese • Schlaganfall > 6 Monate • Hypertonie, Diabetes, • Herzinsuffizienz • Alter >75 Jahre | • CHADS2-Score 3-4 | • TVT vor 3-12 Monaten • Nicht-schwere Thrombophilie • Wiederholte TVT • Malignom | |
Niedrig: < 2 % | • Doppelflügelkippscheibenprothese & keine weiteren Risikofaktoren | • CHADS2-Score 0-2 und keine TIA in Anamnese | • Einmalige TVT >12 Monate • Keine weiteren Risikofaktoren |
2 Thromboseprophylaxe
- Die Dosierung zur Thromoboseprophylaxe beträgt 40 mg einmal täglich. Eine Therapiekontrolle mittels Bestimmen der Anti-Faktor Xa-Aktivität ist bei dieser Dosierung a priori nicht notwendig; der Vollständigkeit halber sei der Zielbereich von 0,2 – 0,5 E/ml dennoch erwähnt, denn er erscheint auf unseren Laborausdrucken ohnehin. Bei akutem Nierenversagen bzw. chronischer/ terminaler Niereninsuffizienzmacht es aber durchaus Sinn, den Anti-Faktor Xa-Spiegel zu bestimmen.
- Patienten mit mittlerem kardiovaskulärem Risiko erhalten 2 x täglich 40 mg Enoxaparin. Auch hier ist eine Spiegelkontrolle nicht erforderlich. Es gibt keine einheitliche Regelung darüber, ob 2 x 40 mg Enoxaparin der einmaligen Gabe von 60 mg oder gar 80 mg über- oder unterlegen ist. Bei der Entscheidung spielen Alter, Nierenfunktion und kardiales Risikoprofil eine Rolle. Es gibt keine feste Empfehlung. Bei Unsicherheiten oder Fragen stehen die kardiologischen Kollegen helfend zur Seite.
3 Therapeutische Antikoagulation
- Zur therapeutischen Antikoagulation benutzen wir Enoxaparin in einer Dosis von 1 mg/kg KG 2x täglich. Bei dieser Therapie kontrollieren wir die Effektivität der Antikoagulation durch Bestimmen des anti-Faktor Xa-Spiegels. Dabei ist zu beachten, dass das Blut für die Spiegelbestimmung 4 h nach Applikation von Enoxaparin abgenommen werden muss. Der angestrebte Zielbereich beträgt 0,4 - 0,8 E/ml.
- Wir dosieren nach dem Ist-Gewicht des Patienten. Laut Produktinformation liegt die maximale Dosierung pro Gabe bei 1,0 ml/kg KG. In einigen seltenen Fällen kann es passieren, dass diese Dosierung nicht für die gewünschte Antikoagulation ausreicht. In diesen seltenen und begründeten Fällen kann die maximale Dosierung kurzzeitig überschritten werden.
4 Kontraindikationen gegen Enoxaparin
- immobilisierte Patienten (Mobi-Skala = 6) mit Argatroban (Argatra®)
- mobilisierbare Patienten mit Danaparoid (Orgaran®).
Wie die Therapie mit diesen Präparaten im Detail aussieht, regelt die SOP HIT II.
- höhergradige Niereninsuffizienz (GFR ≤ 30), weiter mit nächstem Abschnitt
5 Unfraktioniertes Heparin zur Antikoagulation
- Ansatz:
- Heparin 8.000 E ad 50 ml NaCl 0,9% (1 ml = 160 IE)
- vor Therapie:
- PTT als Ausgangswert
- Start:
- 5.000 - 10.000 E als Bolus, alternativ: 70 - 80 IE/kg KM
- Perfusor:
- 15 - 20 IE/kg KM*h
- Berechnung:
- Laufrate [ml/h] = (x [kgKM] * (15-20)[IE]) / (160 [IE/ml][kgKM*h])
- Laufrate [ml/h] = (x * (15-20)[ml]) / (160 [h] )
- alternativ:
- Laufrate 6,3 ml/h (= 1008 IE/h bzw. 24.192 IE/d)
- Steuern der Therapie:
- PTT-Ziel: 60 - 90 (92) s (1,5- - 2,5-fache Verlängerung des Ausgangswertes)
- Anpassungen:
PTT [s] | Bolus | Dosissteigerung/ -reduktion |
---|---|---|
< 48 | wie initial | um 4 E / kg KM * h |
48 - 60 | Hälfte des initialen | um 2 E / kg KM * h |
60 - 92 | kein | nichts ändern |
92 - 120 | Dosisreduktion um 2 E / kg KM * h | |
> 120 | 1 h Pause! | Dosisreduktion um 3 E / kg KM * h |
- Labor:
- PTT alle 4 h in Anpassungsphase
- PTT alle 6 h bei stabilen Werten
- AT-III bei unerwartbarer PTT-Konstanz (Cave: AT-III-Konzentration oder -Aktivität?)
- Herausforderungen:
- schlechte Steuerbarkeit (deshalb geringerer Ansatz mit höheren Laufraten)
- hoher personeller Aufwand (Laborabnahme, zeitnaher Transport, Kontrolle der Werte, Reaktion)
- eingeschränkter Patientenkomfort durch venöse Dauerinfusion
6 Literatur
- Gage BF. JAMA 2001 Jun 13;285(22):2864-70
- Dtsch Ärztebl 2003; 100: A2220-2229 [Heft 34-35]
- Intensivmedizin up2date 2005; 1: 329-344
- Helios Handlungsempfehlung Perioperative Antikoagulation und Plättchenhemmung
Dr. med. Christian Icke
Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin
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