Mythen und Fakten zum Thema (Krankenhaus-) Hygiene

Ob in den Zeitungen, Talkshows oder der Werbung, das Thema (Krankenhaus-)Hygiene begegnet uns mittlerweile fast täglich. Meist ist es dabei allerdings mit negativen Emotionen besetzt, mit der Furcht vor Krankheiten oder tragischen Patientenschicksalen. Dabei verdanken wir der „Lehre von der Verhütung der Krankheiten“ ungleich mehr gerettete Leben als jedem anderen Fach der Medizin. Wir klären über die wichtigsten Irrtümer auf.

Unsere Regionalkrankenhaushygienikerin der Helios Region Mitte-Nord, Priv.-Doz. Dr. med. Irit Nachtigall, begegnet im Krankenhausalltag bei Patienten und Besuchern immer wieder einer großen Verunsicherung. Darunter sind auch viele Irrtümer oder Verwechslungen, die die Angst noch schüren. Dabei gehören viele Bakterien zur normalen Flora des Menschen und werden uns nur im Falle eines geschwächten Immunsystems gefährlich. Hier beantwortet sie die wichtigsten Fragen rund um Bakterien, Infektionen und wirklich saubere Hände.

Nein. Bakterien gehören zu unserem natürlichen Umfeld, ohne sie wären wir gar nicht überlebensfähig. Ein Organismus etwa, der vollständig ohne bakterielle Besiedlung aufwächst, hätte Einflüssen von außen rein gar nichts entgegenzusetzen und würde schon nach kurzer Zeit verkümmern. Wir alle tragen daher auf und in uns Milliarden verschiedenster Bakterien mit bestimmten Funktionen unter anderem im Darm, auf der Haut oder im Mund – teilweise bis zu 10 000 Stück pro Quadratzentimeter.

Nur sehr wenige davon machen uns tatsächlich krank: Das Risiko steigt etwa bei einem geschwächten Immunsystem oder nach einer Operation im Krankenhaus, weil dabei natürliche Schutzbarrieren durchbrochen werden oder Keime an „falsche“ Orte gelangen, etwa Darmbakterien in eine Wunde.

Etwa 90 Prozent der Infektionen im Krankenhaus gehen von Bakterien aus, die mit einem Antibiotikum wirksam bekämpft werden können. Schwieriger wird es, je mehr der erfindungsreichen Bakterienstämme sogenannte Resistenzen entwickeln. Manche Bakterien geben die Resistenzen zudem an andere Stämme weiter. In einer Umgebung mit hohem Antibiotikaeinsatz wie in Kliniken, haben die resistenten Erreger so einen klaren Überlebensvorteil gegenüber ihren Artgenossen und können sich dann besser vermehren.

Aber: Für jede bakterielle Infektion ist auch eine bestimmte Menge von Erregern notwendig. Erst dann kann daraus etwa eine Lungenentzündung, Wundinfektion oder Blutvergiftung entstehen. Wichtig ist zudem, die Infektion von einer Besiedlung (Kolonisation) zu unterscheiden: Besiedlung bedeutet, dass die Erreger auf oder im Körper vorhanden sind, ohne aber eine Krankheit zu verursachen. Eine Behandlung (med. Sanierung) ist hier in der Regel nicht notwendig, kann aber vor einer Operation sinnvoll sein, um das Infektionsrisiko zu senken.

Grundsätzlich wichtig für den Alltag: Möglichst die Hände aus dem Gesicht lassen. Denn über die Augen oder die Schleimhäute in Mund und Nase können Bakterien viel leichter in den Körper eindringen.

Resistente Erreger können in der Theorie für alle Patienten gefährlich werden, zusätzlich erhöhen bestimmte Faktoren aber das Risiko:

  • Alter: Besonders junge oder alte Patienten sind besonders gefährdet, da ihr Immunsystem schwächer ist.
  • Schwere Grunderkrankungen: Sind Patienten bereits erkrankt, kann sich ihr Körper kaum noch wehren. So können Infektionen, die für gesunde Menschen kaum ein Problem darstellen, schnell gefährlich werden.
  • lange offene Wunden: Heilen bestimmte Wunden nur schwer, erhöht sich das Risiko, dass über diese "Öffnung" Keime an Stellen gelangen, wo sie nicht hingehören.
  • mangelhafte Händehygiene in der Klinik (von Mitarbeitern und Angehörigen)

Erreger gelangen meist über direkten Körperkontakt, Gegenstände oder (seltener) durch die Luft von Mensch zu Mensch. Deshalb ist die Händedesinfektion und in bestimmten Fällen auch ein Mundschutz obligatorisch.

  • vor Patientenkontakt
  • vor aseptischen (keimfreien) Tätigkeiten (z.B. Anlegen eines Katheters, Gabe von Injektionen)
  • nach Kontakt mit potenziell infektiösen Materialien
  • nach Patientenkontakt
  • nach Kontakt mit Oberflächen in unmittelbarer Umgebung des Patienten

Quelle: Robert-Koch-Institut / WHO

Für Besucher ist vor allem wichtig, vor dem Betreten und nach Verlassen des Patientenzimmers die Hände zu desinfizieren. Darüber hinaus gelten in der Klinik die gleichen hygienischen Grundregeln wie im Alltag auch. Über besondere Schutzmaßnahmen, etwa bei einer Kontakt- oder einer Einzelzimmerisolierung, werden Besucher vorab vom Personal informiert. Auch der Patient selbst kann, sofern für ihn möglich, darauf achten, dass die fünf Richtlinien in seiner Umgebung eingehalten werden und er sie auch selbst befolgt.

„Sauber“ ist natürlich im privaten Umfeld anders definiert als etwa in einer Klinik. Bei der Versorgung von kranken, abwehrgeschwächten Menschen kommt es vor allem darauf an, dass die Anzahl an Erreger auf den Händen deutlich reduziert wird. Das gelingt nur mit einem alkoholhaltigen Desinfektionsmittel, Seife reicht hier nicht aus. Eine gründliche Händedesinfektion in der Klinik dauert rund 30 Sekunden.

Übrigens

Um sich hier einem nationalen Vergleich zu stellen, sind die HELIOS Kliniken Teilnehmer des Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS = Erfassung von nosokomialen Infektionen) des Nationalen Referenzzentrums für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ). Die Ergebnisse zeigen: Die Maßnahmen in unseren Kliniken greifen.  

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Priv.-Doz. Dr. med. Irit Nachtigall

Krankenhaushygiene
Priv.-Doz. Dr. med. Irit Nachtigall

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