Was wir tun

Innovative digitale Unterstützung für stationäre Patienten und Klinikpersonal in der Händehygiene

Hintergrund

Die Vermeidung von Infektionen gewinnt im Rahmen vermehrt vorkommender multiresistenter Erreger (MRE) und der globalen Ausbreitung neuer Infektionskrankheiten zunehmend an Bedeutung. Bekanntermaßen stellt die Händedesinfektion in diesem Zusammenhang eine wichtige Komponente dar, um Übertragungen von Erregern zu reduzieren. Sie ist die am besten wissenschaftlich bewiesene Maßnahme zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen. Die Berücksichtigung der WHO-Indikationen ist dabei besonders wichtig.

nosokomiale Infektionen

Die Zahl nosokomialer Infektionen („im Krankenhaus erworbene Infektionen“) belaufen sich in Deutschland auf 400.000 bis 600.000 Patienten pro Jahr, wobei eingeschätzt wird, dass 10.000 bis 20.000 tödlich enden. Betroffen sind dabei zwischen 3,3 und 4,5 % aller Patienten auf Allgemeinstationen und ca. 20 % auf Intensivstationen. Neben dem aufgezeigten Risiko für Morbidität und Mortalität gehen nosokomiale Infektionen, aufgrund einer Verlängerung der Krankenhausverweildauer sowie zusätzlich erforderlicher diagnostischer und therapeutischer Interventionen und einer steigenden Antibiotikaresistenz der Erreger, mit außerordentlichen Kosten für das Gesundheitssystem einher. (Quellen siehe Anhang)

Unsere Motivation

Wir sind uns der Gefahr bewusst, die insbesondere multiresistente Erreger (VRE und MRGN) für die Gesundheit unserer Patienten darstellen. Bereits im Jahr 2006 wurde die Helios Fachgruppe "Klinische Hygiene " gegründet, die als zentrale Schaltstelle die neuesten Forschungsansätze diskutiert, sowie unternehmensweite Maßnahmen plant und umsetzt.

Unser Hygiene- Standard

  • Frühzeitiges Screening unserer Patienten
  • Vorgegebene Prozesse im Umgang mit Patienten mit multiresistenten Erregern
  • fort- und weitergebildetes Hygienepersonal
  • spezielle ABS Teams
  • Einheitlicher Leitfaden der Krankenhaushygiene, verpflichtend
  • Aktuelle statistische Erreger- und Antibiotikaverbrauchsmodule 
  • Fachgruppe für Infektiologie und Antibiotic Stewardship 

Doch nun gehen wir noch einen Schritt weiter. Die Fachgruppe hat dieses Innovationscluster mit dem ersten Spezial-Thema „Innovative digitale Unterstützung für Stationäre Patienten und Klinikpersonal in der Händehygiene“ gegründet und bedient sich nicht nur der fachlichen Excellence aus allen Helios Kliniken in Deutschland, sondern auch neuster wissenschaftlicher Erkenntnisse und zukunftsweisende bedarfsorientierte Technologien. Auf Dauer angelegt stellen die FG-Tandems, bestehend aus Hygieniker und Hygienefachkraft aller Helios Regionen, zwei Aspekte sicher:

  • Zum einen, dass wir die fachlichen Anforderungen an die Technik aus der Perspektive der Anwender (der Krankenhaushygiene) genau definieren
  • Und zum anderen, dass wir fortlaufend neutral und fachlich das Anwendungs-Potenzial von Techniklösungen, die zum Einsatz kommen, mitbewerten. 

In das FG-Tandem-Projekt integriert ist unsere Forschungsabteilung, die uns in diesem Prozess tatkräftig unterstützt und die Schnittstelle zu Beteiligungen von Förderprojekten der Fachgruppen ist. Die Forschungsabteilung unterstützt uns dabei mit. 

Die Forschungsabteilung unterstützt uns dabei mit:

  • neutraler Projektkoordination 
  • individueller Projektunterstützung und Beratung interdisziplinärer Teams und Konsortien von der Projektidee bis zum eingereichten fertigen Antrag und i.d.R. auch bei der Projektdurch-führung.
  • der neutralen Bewertung der Innovationsansätze, Innovationshöhe, Technikwahl und dessen Förderfähigkeit
  • Zuständig für die gezielte Auswahl potentialträchtiger KMUs/Startups/Projektpartner

Der Zukunft einen Schritt voraus

  • für unsere Patienten und zum Schutz unserer Mitarbeiter

Insgesamt leistet unsere Arbeit die Basis, um eine bedarfsorientierte, neue, innovative Lösung für alle Helios Kliniken zu entwickeln, die nicht nur den Nachweis der Wirksamkeit, sondern vor allem qualitätsmedizinische Verbesserungen erzielen kann.

Forschungsvorhaben

Die enorme klinische und wirtschaftliche Belastung verdeutlicht - durch nosokomiale Infektionen bestärkt -  die hohe Bedeutung von Forschungsvorhaben zu neuartigen Infektionsidentifikations- und Präventionssystemen. Die Reduktion der vergleichbar hohen Krankheitslast in Deutschland ist nur über eine „[…] effektive Infektionskontrolle und –prävention“ möglich. Trotz der Verpflichtung zur Festlegung innerbetrieblicher Verfahrensweisen zur Infektionsprävention oder Festlegung innerbetrieblicher Hygienemaßnahmen in Hygieneplänen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) für Krankenhäuser, wird geschätzt, dass bis zu 30 % der nosokomialen Infektionen in Deutschland durch eine verbesserte Einhaltung der Hygieneempfehlungen und Optimierung der eingesetzten Hygieneverfahren und -Maßnahmen vermeidbar sind. Entsprechend den WHO-Indikationen ist in medizinischen Einrichtungen daher die Hygiene und speziell die Händehygiene die effizienteste, einfachste und wichtigste Maßnahme, um Infektionsübertragungen im allgemeinen und insbesondere die Übertragung multiresistenter Keime zu reduzieren. Die in medizinischen Einrichtungen praktizierte Händehygiene liegt mit bis zu 50 % der unterlassenen Händedesinfektionen – trotz zeitintensiver krankenhaushygienischer Interventionen – deutlich unter der notwendigen Häufigkeit. Die Wirksamkeit von Hygienemaßnahmen hängt entscheidend von deren Vollständigkeit und Abdeckung über ganze Stationen und Abteilungen ab.  (Quellen siehe Anhang)

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, wir können noch mehr für die krankenhaushygienische Arbeit und zur effektiven Reduktion von nosokomialen Infektionen tun. 

Wir möchten aktiv auch die neusten Technologien aus Forschung und Innovation nutzen und Innovationspotentiale ausschöpfen, um noch mehr die Händehygiene in den Fokus zu setzten.

Unser inhaltliches Ziel

Unser Ziel ist es, neben dem medizinischen Personal auch das Potential der aktiven Beteiligung des Patienten für die Vermeidung nosokomialer Infektionen durch medizintechnische Innovationen zu realisieren.

Wir betrachten dabei folgende Aspekte

  • Stärkung eines gesamtheitlichen Verständnisses der Hygiene und Infektionsvermeidung in Kliniken
  • Erhöhung der Anzahl der Händedesinfektion je Patient/Tag durch medizinisches Personal und Patienten selbst, entsprechend der WHO Indikationen am „Point of care“
  • schaffen von optimalen organisatorischen Abläufen
  • Reduktion der Belastung der Pflegekräfte sowie aller an der medizinischen Behandlung Beteiligten         
  • Senkung von Kosten stationär/ ambulant- sektorenübergreifend  
  • frühzeitige Präventionsmaßnahmen (Reduzierung nosokomialer Infektionen und der Reduktion der Antibiotikaverbräuche)
  • Exakte Hygieneparameter
  • echtzeitnahe Rückkoppelung der durch die erhobenen Daten repräsentierten Aussagen
  • Motivation aller Beteiligten
  • Eine vollständige Abbildung der WHO-Indikationen für die korrekte Händehygiene

Mit geballter Expertise prüfen wir, ob schon bald prädiktiver Risikostratifizierung entlang des Behandlungspfads mit Konsequenzen für das fallindividuelle Hygienemanagement durch zum Beispiel „machine-learning“ und KI Anwendung finden kann. Sinnvolle Datenauswertungen und Outcome-Messungen werden fokussiert - zum Beispiel:

  • IST-Soll Vergleiche Verbesserung der Händedesinfektionsrate
  • Bezug zur Vermeidung von Infektionen
  • Bezug zur Senkung NI und MRE-bedingter Wiederaufnahmen
  • Einfluss auf Verweildauer - Einfluss auf Antiinfektivaverordnungen
  • Verringerung der MRE-Transmission
  • geringere Todesfälle

Lesen Sie in den weiteren Rubriken „Wer wir sind“, erfahren Sie „Neuigkeiten“ und nutzen Sie die Möglichkeit uns über das „Kontaktformular“ anzuschreiben. Dort können auch Industrie- und Forschungspartner - insbesondere mit Interesse an Drittmittelprojekten - Anfragen zentral stellen.

Quellennachweis

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