Inkontinenz – „Ein Tabu, das keines sein sollte“
Der Chefarzt der Gynäkologie und Frauenklinik im Helios St. Elisabeth-Krankenhaus Bad Kissingen klärt zum internationalen Inkontinenztag am 30. Juni auf.

Inkontinenz – „Ein Tabu, das keines sein sollte“

Bad Kissingen

Rund 10 Millionen Menschen in Deutschland leiden im Laufe ihres Lebens an Inkontinenz, was so viel bedeutet wie die mangelnde Kontrolle über die Ausscheidungen von Blase und Darm. Betroffene schämen sich oft und scheuen deshalb den Weg zum Arzt.

Rund 10 Millionen Menschen in Deutschland leiden im Laufe ihres Lebens an Inkontinenz, was so viel bedeutet wie die mangelnde Kontrolle über die Ausscheidungen von Blase und Darm. Betroffene schämen sich oft und scheuen deshalb den Weg zum Arzt. Hamdan Alhussein, Chefarzt der Gynäkologie und Frauenklinik im Helios St. Elisabeth-Krankenhaus Bad Kissingen, möchte dies ändern und animiert dazu, sich Hilfe zu suchen.

„Inkontinenz ist etwas was wir heute sehr gut behandeln können. Oft warten Betroffene sehr lange, bis Sie damit zu einem Arzt gehen und schränken sich in ihrem Alltag zunehmend ein,“ so Alhussein. Das könne sogar soweit führen, dass man sich teilweise kaum noch vor die Tür traue. „Der psychologische und soziale Aspekt dieser Erkrankung darf deshalb nicht vergessen werden und ist ein wichtiger Grund rechtzeitig zum Arzt zu gehen.“

Auch Männer und junge Frauen betroffen

Die Erkrankung ist in der Bevölkerung weit verbreitet. 25 Prozent der Frauen in Deutschland, aber auch 11 Prozent der Männer leiden daran. Häufig sind sogar schon junge Frauen inkontinent, dies hängt vor allem mit Schwangerschaft und Geburt zusammen.  Die Scham ist in solchen Fällen oft besonders groß, weshalb die Dunkelziffer in Deutschland vermutlich noch einmal deutlich höher.

Die häufigste Ursache für Inkontinenz ist eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur. Diese hilft, wenn gesund, den Harndrang und Stuhlgang zu steuern. Bei einer Geburt und mit zunehmenden Alter werden die benötigten Muskelgruppen schwächer und müssen deswegen gezielt trainiert werden. Oftmals hilft in diesen Fällen eine gezielte Physiotherapie und regelmäßiges Training. Aber auch funktionelle Störungen, zum Beispiel in Folge eines Schlaganfalls, können unter anderem eine Ursache sein.

Sollten konservative Methoden nicht zum Erfolg führen so gibt es auch verschiedene operative Behandlungsmöglichkeiten. „Wir schauen uns jeden Fall stets individuell an und schöpfen alle Möglichkeiten aus, bevor wir operieren. Im Sinne der Patientinnen und Patienten streben wir stets einen möglichst schonenden Behandlungsverlauf an,“ so Hamdan Alhussein.

„Sollten Sie Probleme mit Harn- oder Stuhlinkontinenz haben, schämen Sie sich nicht. Wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Haus- oder Frauenarzt und lassen Sie sich beraten. Inkontinenz ist ein Tabu, das keines sein sollte,“ plädiert der Mediziner abschließend.