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Von den Tropen bis in die Arktis – Wenn die Arbeit zum Abenteuer wird

Sie sind beruflich bedingt viel auf Reisen? Dann sind Sie besonderen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Unser Experte Dr. med. Tom Schüttoff berät Arbeitnehmer:innen regelmäßig innerhalb der reisemedizinischen Vorsorge. Welche Gefahrenquellen es gibt und worauf zu achten ist, erfahren Sie im Interview.
08. August 2023

Unabhängig von der Berufsgruppe ist die reisemedizinische Beratung für alle Arbeitnehmer:innen relevant, die berufliche Auslandsreisen unter besonderen klimatischen Belastungen. Relevante Faktoren können zum Beispiel Hitze, Höhe, vermehrte UV-Strahlung oder Luftfeuchtigkeit sein.

Ob Arbeitnehmer:innen aus dem Vertrieb, die weltweit Kunden betreuen, Ingenieur:innen, die an unterschiedlichsten Orten der Welt Flugzeuge reparieren oder auch Wissenschaftler:innen, die Primatenforschung durchführen – das Spektrum an Berufen ist breit.

Schutzimpfung.

Die reisemedizinische Vorsorge ist sehr individuell und abhängig von der Tätigkeit, dem Einsatzort, der Aktivität, der Dauer des Aufenthaltes sowie dem individuellen Gesundheitszustand.

So kann es für dasselbe Land eine sehr differenzierte Beratung geben. Denn die Situation vor Ort kann stark variieren: Handelt es sich um eine sitzende Bildschirmtätigkeit? Geht es um Feldforschung im Freien? Oder handelt es sich um eine stark körperlich belastende Tätigkeit?

Fakt ist: Mitarbeitende aus dem Vertrieb, die sich die meiste Zeit in klimatisierten Räumen aufhalten, tragen ein anderes Risiko, als Forscher:innen in der Wildnis, die sich im schlimmsten Fall mit Tollwut infizieren könnten.

Aber auch der Zeitpunkt der Reise spielt eine Rolle. Das Risiko für durch Mücken übertragbare Erkrankungen ist beispielsweise in der Trockenzeit geringer als in der Regenzeit. Zu Beginn der Regenzeit ist das Risiko wiederum geringer als Ende der Regenzeit.

Darüber hinaus spielt der individuelle Gesundheitsstatus eine Rolle: Gibt es Vorerkrankungen und Medikation, die regelmäßig eingenommen werden muss? 

Weitere wichtige Säulen der Beratung sind die Aufklärung über Trinkwasser, Mückenschutz und UV-Schutz. Die Kernaufgabe der Arbeitsmedizin ist dabei stets die Beratung und Aufklärung über Risiken am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung des individuellen Reisesettings.

Informieren Sie sich vorab über die Trinkwasserqualität Ihres Reiseziels. Innerhalb der EU ist es häufig möglich Leitungswasser zu trinken. Außerhalb Europas gilt es vorsichtig zu sein, denn über das Leitungswasser können Krankheitserreger aufgenommen werden, die zu Durchfällen führen. Das gilt nicht fürs Trinken, sondern schon beim Zähneputzen. Greifen Sie nur originalverpackte Wasserquellen zurück.

Mitarbeitende können selbst entscheiden, ob sie eine Impfung wünschen oder nicht.

Grundsätzlich empfehle ich immer die Standardimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie und COVID-19 – egal in welches Land man reist.

Je nachdem, die Reise hingeht und zu welcher Jahreszeit, empfehle ich darüber hinaus die Impfungen gegen Hepatitis A, Typhus, Cholera und Meningokokken. Weiterhin relevant sind Impfungen gegen Gelbfieber und Tollwut. Ich empfehle die individuellen Einreisebedingungen vor Ort zu beachten, da diese teils Impfungen voraussetzen.

Da Krankheiten, die durch Mücken übertragen werden, sehr weit verbreitet sind, ist eine Prophylaxe unabdingbar. Die erste Barriere und die sogenannte Expositionsprophylaxe für den Mückenschutz sind Netze, die an Fenstern angebracht und über dem Bett hängen. Diese sollten immer auf Löcher überprüft werden.

Als zweite Barriere dient der Hautschutz. Sprays und Cremes mit dem sogenannten DEET-Wirkstoff zum Auftragen auf der Haut eignen sich hierfür besonders. Die Malaria-Prophylaxe hängt zudem von dem Zeitpunkt der Reise ab und unterscheidet sich in der Regen,- beziehungsweise. Trockenzeit.

Erkrankungen, die durch Mücken übertragen werden, wie beispielsweise Malaria, Chikungunya-Fieber, Dengue-Fieber, Gelbfieber, Japanische Enzephalitis oder auch Zika-Virus-Infektionen sind Virus-Erkrankungen. Gegen diese gibt leider keine ursächliche Therapie.

Je nachdem, ob das Risiko gering, mittel oder hoch ist, kann eine Malariaprophylaxe sinnvoll sein. Bei geringem Risiko werden Malaria- Medikamente nur für den Notfall mitgeführt (Standby-Therapie). Bei mittlerem und hohem Risiko sollte diese während des gesamten Aufenthaltes eingenommen werden. Durch diese Maßnahmen kann man sich Zeit erkaufen, um in abgelegenen Gebieten medizinische Hilfe aufzusuchen und im Blut gezielt nach Parasiten zu suchen.

Je nach Tätigkeit und Einsatzort kann Hautschutz ein relevantes Thema sein. Wer viel draußen in der Sonne arbeitet, sollte lange Kleidung, Kopfbedeckung und Sonnencreme einpacken.

Vor der Reise gebe ich stets eine Liste mit individuellen Empfehlungen für die Reiseapotheke mit. Diese enthält eine ausführliche Auflistung aller Medikamente.

Arbeitgeber:innen müssen die sogenannte Gefährdungsbeurteilung durchführen. Sie müssen die medizinische Versorgung von Arbeitnehmer:innen am jeweiligen Einsatzort prüfen und eine Auslandkrankenversicherung für Ihre Mitarbeitenden abschließen.  

Tom Schüttoff ist seit Februar 2022 beim Mitteldeutschen Institut für Arbeitsmedizin in Leipzig. Aktuell ist er Arzt in Weiterbildung im Bereich Arbeitsmedizin und durchläuft dabei das gesamte Spektrum, ebenso wie die Reise- und Musikermedizin. Aus seiner persönlichen Leidenschaft zum Reisen hat sich sein Interesse für die Reisemedizin entwickelt. Die Vielfältigkeit der Reisemedizin und die Bedeutung der Prävention schätzt er dabei besonders. Er führt regelmäßig Vorsorgeberatungen durch, in denen er Arbeitnehmer:innen individuell reisemedizinisch berät. Neben der reisemedizinischen Beratung hat er die Musikermedizin als Schwerpunkt und hat einen Lehrauftrag für dieses Fach.