Weihnachten ist nur ein Fest der Liebe? Von wegen. Die Feiertage sind für manche Menschen eine ziemliche Herausforderung und mit viel Stress verbunden. Tipps, wie man die Feiertage etwas relaxter angehen kann, gibt Dr. med. Thomas Heimig. Der Chefarzt der Altersmedizin der Helios Klinik Wipperfürth erklärt, wie die Festtage wirklich zu einer besinnlichen Zeit werden können.
Viele Menschen lassen sich an den Feiertagen unter Druck setzen. Haben Sie diese Beobachtung auch gemacht? Wie lässt sich Druck herausnehmen?
Dr. med. Thomas Heimig: Durch fantasierte oder reale Anforderungen, die entweder von Anderen oder die an sich selbst gestellt werden, lassen sich viele Menschen vor und während der Feiertage unter Druck setzen. Einige stellen sehr hohe Anforderungen an sich selbst und wollen das perfekte Fest auf die Beine stellen. Dabei sollte man sich selbst hinterfragen: Muss man daran festhalten, während der Feiertage alle Verwandten zu sehen? Muss ich es immer allen recht machen, es mir damit aber schlecht geht? Müssen alle alten Traditionen, auch wenn sie belastend sind, befolgt werden? So ist es vielleicht sinnvoll, Aufgaben zu delegieren und die Kinder um Unterstützung bitten. Das gilt nicht nur für ältere Menschen, auch jüngere Kinder freuen sich, wenn sie Aufgaben übernehmen können. So sind alle in die Vorbereitungen eingebunden und haben im besten Falle auch Spaß daran.
Weihnachten gilt gemeinhin als Fest der Familie. Was können Alleinstehende tun, damit sie sich nicht einsam fühlen?
Dr. med. Thomas Heimig: Für Alleinstehende können die Weihnachtstage zum Problem werden, weil sie keinen anderen mitmenschlichen Kontakt haben. Eine Möglichkeit ist es, sich mit Freunden, soweit diese nicht anders eingebunden sind, zu verabreden. Wichtig ist, diese Gefühle offen unter Freunden anzusprechen – niemand sollte sich an diesen Tagen einsam fühlen. Die Corona-Pandemie erschwert die Situation möglicherweise. Doch vielleicht findet sich so im Freundeskreis eine Möglichkeit, ein schönes gemeinsames Fest zu realisieren.
Auch wer in der Familie lebt, hat ja Weihnachten so seine Probleme. An Feiertagen ist die Familie so nah beisammen. Das birgt mitunter auch Konfliktpotenzial. Wie vermeidet man die große Krise zum Fest?
Dr. med. Thomas Heimig: Wenn die Familie so nah beieinander ist, wie an den Tagen des Weihnachtsfestes, können daraus Probleme erwachsen. Zunächst muss bei den Menschen ein Problembewusstsein für schwierige Situationen entstehen. Aufgrund der Vorerfahrung hat jeder eine Ahnung, was beim Weihnachtsfest passieren kann und wie die Probleme entstehen. Konfliktsituationen müssen zunächst als solche wahrgenommen werden. Dies kann durch eine achtsame, beobachtende Haltung erfolgen.
Oftmals „kochen“ Emotionen durch einen zu hohen Alkoholkonsum hoch. Der Alkoholkonsum beeinträchtigt in der Folge die Steuerungsfähigkeit. Wenn man weiß, dass es bei Familienfeiern durch zu viel Glühwein oder Wein zu Streit kommen kann, wäre ein entsprechender Umgang mit alkoholischen Getränken ratsam. In Gesprächen sollten Konfliktthemen vermieden werden.
Wichtig ist die Einsicht, dass man nicht den ganzen Tag gemeinsam miteinander verbringen muss. Auszeiten sind wichtig. Unterbrechen Sie die Familienfeier mit einem Spaziergang. Es sollte auch einen Weihnachtstag geben, an dem es entspannt und ruhig zugeht. Auch zum „chillen“ muss Zeit eingeplant werden.
Wie feiern Sie selbst Weihnachten?
Dr. med. Heimig: Ich feiere Weihnachten zusammen mit meiner Frau, unseren erwachsenen Kindern und deren Partnern sowie mit meiner immer noch sehr rüstigen 81-jährigen Schwiegermutter. Sie bringt nicht nur selbstgekochte Leckereien mit, sondern wird in diesem Jahr erstmals unsere Weihnachtslieder auf ihrer Ukulele begleiten. Eine große Freude aber auch Herausforderung besteht Jahr für Jahr darin, dass einer unserer Söhne am ersten Weihnachtstag Geburtstag hat. Meine Frau achtet immer ganz besonders darauf, dass er mit den Geschenken nicht zu kurz kommt - nach dem Motto: Du hast ja gestern am Heiligen Abend schon so viel bekommen.