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Schulanfänger behutsam begleiten!

Für einen gelungenen Schulstart hat sich Dr. Andreas Fährmann, Diplompsychologe in der Kinderklinik des Helios Vogtland-Klinikum Plauen Gedanken gemacht und einige wichtige Tipps zusammengetragen.
26. August 2020

Jetzt geht es endlich los! Für unzählige Kinder beginnt mit der anstehenden Einschulung ein neuer, aufregender aber auch sehr sensibler Lebensabschnitt. Viele Abc-Schützen können den Einschulungstag voller Vorfreude und Spannung gar nicht erwarten, manche von ihnen aber erleben den neuen Lebensabschnitt deutlich angespannt und entwickeln möglicherweise Ängste.

Jetzt wird alles anders – der Ernst des Lebens beginnt! Schon dieser Satz kann ganz unbewusst große Sorgen bei Kindern hervorrufen, die nun aus ihrem so kuscheligen Kindergarten-Alltag in die Schule wechseln. „Die Angst vor dem Schulstart basiert fast immer auf Unsicherheit. Ein neuer Ort, neue Menschen, neue Regeln, zudem der Abschied vom vertrauten Kindergarten – Veränderungen sind auch für Erwachsene oft ein Grund für gewisse Ängste. Also prinzipiell ganz normal“, erklärt Dr. Andreas Fährmann. Was können Eltern nun aber tun, um ihren Abc-Schützlingen zu helfen?

ABC

Tipp 1: Reden Sie mit Ihrem Kind!

Wenn Eltern ihren Kindern beispielsweise den Ablauf des ersten Schultages möglichst konkret beschreiben und entsprechende Fragen beantworten, vorab schon einmal den Schulweg mit ihnen gehen oder sich das Schulgebäude anschauen, etwa beim Spaziergang am Wochenende, dann kann das bereits viele Unsicherheiten beseitigen. Auch der gemeinsame Einkauf der ersten Schulsachen kann eine Menge Vorfreude bereiten. „Das verknüpft positive Gedanken mit dem Schuleinstieg“, weiß der Psychologe.

Tipp 2: Positiv über die Schule sprechen!

Kommen wir noch einmal zu Aussprüchen wie: „Jetzt beginnt der Ernst des Lebens!“ oder „Bald ist Schluss mit lustig!“ – im Zusammenhang mit der Einschulung sollten Eltern und Familienmitglieder solche Sätze tunlichst vermeiden, rät Fährmann. Kinder sind von Natur aus neugierig und haben Spaß daran, neue Sachen auszuprobieren und zu erlernen. Diese Freude sollte bei allem „Alltagsernst“ unbedingt erhalten bleiben. Im Sinne des psychologischen Phänomens einer „selbsterfüllenden Prophezeiung“ sollte man sich immer zuerst und vorrangig auf das Positive konzentrieren. So kann vor allem darüber gesprochen werden, was schön und gut an der Schule ist. Später dann, im fortgeschrittenen Schulalltag, darf selbstverständlich auch konstruktive Kritik angebracht werden. Dieser Tipp gilt natürlich über den Schulalltag hinaus.


Tipp 3: Lernen muss auch gelernt werden!

Und nach dem ersten Schultag? In der Schule lernen Kinder lesen, rechnen und schreiben. Aber es gibt kein Unterrichtsfach, das ihnen gezielt Lernstrategien zeigt, Selbstorganisation oder Stressbewältigungstechniken beibringt. Ständig werden sie mit neuen Eindrücken und Anforderungen konfrontiert, bei denen sie individuell entscheiden müssen, was momentan das Wesentliche ist und worauf es beim Lernen ankommt. Manche sind dadurch völlig irritiert und abgelenkt. Es fällt ihnen schwer, Prioritäten zu setzen und sich auf diese zu konzentrieren. Hierbei ist es sinnvoll, den Lernstoff in kleine Portionen aufzuteilen und systematisch zu bearbeiten. Damit also das große Ganze nicht so abschreckend und überfordernd wirkt, sollte eine schwierige Aufgabe in Teilabschnitte aufgelöst und jedes Teilergebnis gelobt werden. Kleine Etappensiege stimmen zuversichtlich, stärken das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und schaffen Motivation, weiterzumachen.

Tipp 4: Lern- und Freizeit in eine gesunde Waage bringen!

Jedem dürfte klar sein – mit Beginn der Schulzeit kommen auch mehr Verpflichtungen auf die Kinder zu. Lernen, Hausaufgaben erledigen und den Unterrichtsstoff üben. Häufig sind zusätzlich noch Sportangebote, AGs, Vereinsleben, Musik- oder Tanzschule in den Wochenalltag zu integrieren. Wichtig ist, trotz all der geregelten Aktivitäten noch genügend „frei verfügbare“ Zeit einzuplanen, welche die Kinder mit gutem Gewissen ganz flexibel nutzen dürfen. Insbesondere Grundschüler sind am Nachmittag oft ziemlich erschöpft: Neue Umgebung, neue Mitmenschen, neue Abläufe, neue Herausforderungen – das kostet viel Kraft. „Lieber nur einen oder zwei feste Nachmittags-Termine pro Woche einplanen“, empfiehlt Fährmann. Da die Kleinen in der Schule ohnehin die meiste Zeit stillsitzen und „funktionieren“, ist es umso schöner, wenn ihnen anschließend möglichst viel Gelegenheit bleibt, um ausgelassen zu spielen, mit Freunden zu toben oder unbeschwert eigene Interessen zu erkunden. Entspannungs- und Erholungsphasen stellen einen notwendigen Ausgleich dar und sollten daher niemals zu kurz kommen. Auf diese Weise können Kinder wiederum am nächsten Schultag viel besser auf ihr Leistungsvermögen zugreifen. „Echte freie Zeit fördert außerdem die Kreativität“, weiß der Psychologe.


Tipp 5: Aus Misserfolgen lernen!

Schnell stellt sich Enttäuschung ein, wenn Schulkinder nicht wie erwartet abschneiden. Nicht nur, dass sie selbst traurig sind und sich womöglich schämen, auch Eltern neigen dazu, ihrer Enttäuschung deutlich Ausdruck zu verleihen. Und nicht genug, dass sich das Kind schon über seinen Misserfolg ärgert – kommen dann auch noch Vorwürfe der Erwachsenen hinzu, ist die Motivation rasch im Keller. Oftmals fühlen sich bereits Erstklässler derart stark unter Druck gesetzt, dass Lernblockaden entstehen.

"Eltern wollen das Beste für ihre Kinder und vergessen manchmal, dass langfristig nur diejenigen erfolgreich, glücklich und zufrieden sein können, die bei dem, was sie tun, Freude verspüren. Das gilt auch schon für unsere Kleinsten. Niederlagen gehören zum Leben. Und jeder Fehler kann sogar eine wertvolle Erfahrung für die Zukunft sein, solange nur das Selbstvertrauen bewahrt bleibt", versichert Dr.Andreas Fährmann.

" Eine schlechte Note stellt keine Katastrophe dar und kann passieren.“, so der Psychologe. „Der adäquate Umgang mit Misserfolgen zählt zu den wichtigsten kindlichen Erfahrungen und prägt ihr gesamtes späteres Leben. Resignieren oder daran wachsen? Sowohl Mütter und Väter, als auch Kinder sollten eine realistische Einstellung zu Leistungen aufbauen und regelmäßig die eigenen Erwartungen überprüfen. Niemand kann überall perfekt sein. Vielmehr können Eltern ihre Kinder fördern und ermutigen, niemals aufzugeben. Dabei ist nicht das Endergebnis, sondern die Anstrengungsbereitschaft das, was letztlich zählt und belohnt werden sollte. So entwickelt sich ein gesundes Selbstvertrauen und die entsprechenden Erfolge kommen ganz automatisch.“