Als der Fachkräftemangel in der Pflege immer deutlicher zu spüren war, haben sich die Helios Kliniken Mittelweser entschlossen, qualifizierte Kräfte aus dem Ausland zu engagieren. Gemeinsam mit darauf spezialisierten Agenturen wurden diese Kolleginnen und Kollegen ausgewählt, interviewt und bereits im Heimatland auf die Zeit in Deutschland vorbereitet. Dazu zählte auch das Absolvieren eines Deutschkurses im Level B2.
Wir fragen uns: Was motiviert eigentlich die Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern, alle Zelte in der Heimat abzubrechen und nach Deutschland zu kommen? Für Jihène Abid, die als eine der ersten tunesischen Pflegekräfte im Oktober 2019 nach Nienburg gekommen war, stand fest: Sie wollte nicht nur für sich selbst einen sicheren und zuverlässigen Arbeitsplatz, sondern auch ihrem Sohn Yaakoub und ihrer Tochter Kenza eine bessere Zukunft bieten. „Die Lage in Tunesien ist sowohl wirtschaftlich als auch politisch unsicher“, erläutert Jihène. Doch um ihr Ziel zu erreichen, musste sie auf viel verzichten. „2014 habe ich geheiratet, ein Jahr später wurde mein Sohn und zwei Jahre später meine Tochter geboren. Die ersten Monate in Deutschland habe ich meine Kinder, damals gerade einmal vier und zwei Jahre alt, nicht sehen können – und dank Corona durfte man dann überhaupt nicht mehr reisen. Wir haben den Kontakt über Videotelefonie gehalten, doch trotzdem war es für mich als Mutter unglaublich schwer“, so Jihène.
Jihène lenkt sich ab mit viel Arbeit. „Deutsch hatte ich glücklicherweise schon im Abitur, daher war das für mich nicht schwer“, beschreibt die 32-jährige Tunesierin. Auch den Anerkennungslehrgang und die praktischen Einsätze auf der Station schafft sie mühelos. „Hier hatte ich auch wirklich tolle Unterstützung vom Bildungszentrum und dem Integrationsteam“, so Jihène.
Beruflich hatte Jihène sich nach ihrem Pflegestudium in Tunesien zunächst auf den sehr anspruchsvollen Bereich der Organspende spezialisiert und hatte dazu auch mehrere Lehrgänge in Frankreich absolviert. „Ich wollte gerne wieder zurück in den Bereich der Intensivmedizin und bin froh, dass das in der Nienburger Klinik geklappt hat“, so Jihène. Auch mit ihrem Team rund um Leitung Jakob Figoluschka ist sie sehr zufrieden. „Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten alle höchstprofessionell und haben mich sofort in ihr Team integriert.“
In Nienburg fährt sie gerne mit dem Fahrrad. „Die Landschaft ist wirklich schön, alles ist so viel grüner als in Tunesien“, so die Gesundheits- und Krankenpflegerin. Auch einkaufen geht sie gerne. „Durch die Stadt zu bummeln und in den Geschäften zu stöbern, hat mir immer schon Spaß gemacht“, lacht die junge Frau. Seit Juli 2020 hat sie eine eigene Wohnung, in der sie jetzt auch endlich mit ihrer Familie lebt. „Mein Sohn ist seit März im Kindergarten und spricht schon jetzt sehr gutes Deutsch. Es ist unglaublich, wie schnell Kinder die Sprache lernen“. Ihr Ehemann ist Ingenieur und war in Tunesien Abteilungsleiter in einem Unternehmen in der Lebensmitteltechnik. Arbeiten kann er noch nicht, da er zunächst das Deutsch-C1-Level bestehen muss. „Ab September geht der Kurs endlich los. „Aufgrund von Corona hat sich alles sehr stark verzögert und die Plätze waren begrenzt. Er kann es kaum abwarten, denn auch er möchte endlich wieder zurück ins Berufsleben“, so Jihène.
Und wie geht es weiter? „Ich freue mich auf die Zukunft und unser Leben in Deutschland. Beruflich könnte ich mir auch vorstellen, mich noch einmal weiterzuentwickeln, vielleicht in Richtung Anästhesiepflege“, erklärt die ambitionierte Kollegin.
Wir danken für das Interview und wünschen Jihène und ihrer Familie alles Gute!