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Herz(beklemmende)-Zweiklassengesellschaft

Lachen macht gesund. Wenn es doch nur so einfach wäre, wie es die Chinesen in diesem Sprichwort definieren. Wenngleich eine fröhliche Seele auch so mancher Sorgen entledigt scheint, bedarf es doch weit mehr als eines zufriedenen Gesichts, um munter und fit durchs Leben zu schreiten. Anlässlich des Weltgesundheitstages berichtet Univ.-Prof. Dr. Holger Thiele, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig – Helios Stiftungsprofessur, wie es aus seiner Sicht um die globale Gesundheit steht.
05. April 2022

Es ist völlig egal, ob jemand Mann oder Frau ist und in Europa, Asien, Afrika oder Amerika zur Welt kommt - in jedem menschlichen Wesen sorgt ein Herz für die Aufrechterhaltung des Lebens. Der Dienst, den es dabei verrichtet, ist überall gleich: Es versorgt Organe und Gewebe kontinuierlich mit Blut und somit mit lebensnotwendigem Sauerstoff und Nährstoffen. Es ist der Garant unser aller Existenz.

Herz(beklemmende)-Zweiklassengesellschaft

Diese Last hat für das Herz aber auch ihren Preis. „In Deutschland, wie in allen anderen westlich orientierten Ländern, bilden die kardiovaskulären Erkrankungen die häufigste Todesursache”, verdeutlicht Prof. Thiele. Diesem Trend schließen sich mittlerweile auch die Schwellenländer und Staaten der so genannten Dritten Welt an. „Auch hier sind die kardiovaskulären Erkrankungen klar auf dem Vormarsch”, betont er und benennt zugleich die Ursachen dieser Entwicklung: Eine Anpassung weg von der traditionellen hin zur westlichen Lebenskultur, einschließlich deren Ernährungsweise. Fettleibigkeit, Bewegungsmangel und erhöhter Nikotin- und Alkoholkonsum bieten dieser Zunahme einen perfekten Nährboden.

Doch während am Herzen erkrankte Deutsche für sich einen hohen medizinischen Standard in Anspruch nehmen, um ihr Leiden zu lindern, gibt es diesen Service vielerorts nicht. Eine Auswahl effizienter und erprobter Medikamente sowie moderne Behandlungsmethoden gehören selbst in scheinbar entwickelten Ländern noch längst nicht zur Realität. Blutverdünner, wie sie in Deutschland tagtäglich tausende Patient:innen einnehmen, sind etwa in den Baltischen Staaten ein rares Gut. Ihr Kostenfaktor ist schlicht zu hoch. Auch in den asiatischen Ländern ist die medizinische Versorgung nicht auf dem Niveau des Möglichen. „In Kambodscha etwa können nur zehn Prozent der Herzinfarktpatient:innen auf die entsprechende Behandlung hoffen, während es in Indien kein Ambulanzsystem gibt. Somit entscheidet nicht nur in diesen Staaten vordergründig das Geld der Patient:innen über den Grad ihrer Behandlung”, nennt Holger Thiele Beispiele medizinisch-sozialen Ungleichgewichts.

Leider nehmen noch zu wenige wahr, wie privilegiert deutsche Staatsbürger:innen in punkto medizinischer Versorgung sind. Selbst in der führenden westlichen Wirtschaftsnation, den USA, besitzen Millionen Menschen keine Krankenversicherung. Und dennoch: Mediziner:innen wie Prof. Thiele sehen vor allem hinsichtlich der allgemeinen Gesunderhaltung sowie dem Vorbeugen von Krankheiten mittels Prävention noch Verbesserungsmöglichkeiten für unser Gesundheitswesen. Mit Unverständnis reagiert er derweil auf die Tatsache, dass Deutschland in Europa das einzige Land ist, in dem Nikotinwerbung erlaubt wird.

Dass die Lebenserwartung der Menschen global ansteigt, ist eine erfreuliche Tendenz. Allerdings sollte man in diesem Zusammenhang auch wissen, dass viele Krankheitsbilder zumeist im fortgeschrittenen Alter zur Geltung kommen. Krebs und Herzerkrankungen sind dabei führend. „Mehr als die Hälfte der über 70-Jährigen hat Bluthochdruck, fünf Prozent der über 80-Jährigen weisen eine Verengung der Aortenklappe auf. Aber auch die Verkalkung der Herzkranzgefäße nimmt mit den Lebensjahren zu”, sagt Prof. Thiele, einer der führenden Kardiologen weltweit. Wohl dem, der in solch einem Fall auf fachliche Qualitäten zugreifen kann, wie sie das Herzzentrum Leipzig bietet. Millionen anderer können das nicht. Gleichsam verhält es sich bei Kindern, die mit einem Herzfehler zur Welt kommen. Während dieser Umstand in ärmeren Ländern eine nur geringe Lebenserwartung verheißt, erreichen hierzulande die Patient:innen dank medizinischer Diagnostik längst das Erwachsenenalter.

Dankbarkeit ist dünn gesät, besagt ein deutsches Sprichwort. Wohlstand macht manchmal auch blind. Blind für das eigene Wohlergehen. Angesichts des Weltgesundheitstages wäre es daher angebracht, sich der eigenen, glücklichen medizinischen Versorgung stärker als bisher bewusst zu werden.

Lesen Sie mehr dazu auf den Seiten der Kardiologie. Hier finden Sie erfahrene Fachärzt:innen und einen Forschergeist, die Herzmedizin noch besser zu macht.
Herzzentrum | Kardiologie | Leipzig (helios-gesundheit.de)