Die Charta der Vielfalt ist eine Selbstverpflichtung zur Diversität in Unternehmen. „Wir sind überzeugt: Gelebte Vielfalt und Wertschätzung dieser Vielfalt haben eine positive Auswirkung auf unsere Organisation und auf die Gesellschaft in Deutschland“ – unter diesem Schlusswort signierten das Herzzentrum und Helios Park-Klinikum kürzlich das Werteversprechen. Ziel ist es, eine Unternehmenskultur des gegenseitigen Respekts und der Wertschätzung für die Mitarbeitenden und Geschäftspartner:innen zu garantieren. „Wir sprechen uns für einen fairen Umgang miteinander aus, unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung und sozialer Herkunft“, betonen die Klinikgeschäftsführerin des Herzzentrums Leipzig Sabine Anspach und Julian Zimmer, Geschäftsführer des Park-Klinikums. Dafür werden im Unternehmen Voraussetzungen geschaffen, die es Führungskräften und Mitarbeitenden erlaube, diesen Grundsatz zu erkennen, zu teilen und zu leben. Um den Fortschritt der Umsetzung der Charta der Vielfalt zu dokumentieren, stellen die unterzeichnenden Unternehmen eine jährliche öffentliche Auskunft bereit. „Mit der Charta der Vielfalt gehen wir einen wichtigen Schritt, um nachhaltig Verantwortung für eine vielfältige, faire Gesellschaft zu übernehmen.“
Gleichberechtigung, Vielfalt und Respekt sollten gelebte, bunte Werte sein. Für die Gesellschaft des Jahres 2021 wäre es wünschenswert, sich verbindlich und ganzheitlich darum zu bemühen, all ihren Mitgliedern eine wertschätzende Haltung entgegenzubringen. Die Realität sieht vielerorts jedoch anders aus. Besonders Frauen leiden oftmals unter Ungleichbehandlung und männlichen Machtstrukturen. Teil dessen ist auch häusliche Gewalt – diese wurde vor allem während des ersten Lockdowns medial viel diskutiert. Sie bringt mehrheitlich weibliche Opfer hervor: „In Leipzig, wie auch in anderen deutschen Städten ist häusliche Gewalt, also die geschlechtsspezifische Gewalt, ein großes Problem“, fasst eine Mitarbeiterin des Leipziger Vereins Frauen für Frauen e.V. zusammen. Der 1990 gegründete Verein arbeitet an dem Ziel, Gewalt gegen Frauen aufzudecken und zu bekämpfen. In aktuell sieben Einzelprojekten werden Angebote für Frauen aller Altersstufen und Hintergründe geschaffen. Mit einer Spende anlässlich des Internationalen Frauentages unterstützen die Helios Kliniken in Leipzig die wichtige Arbeit des Frauen für Frauen e.V.: 2.500 Euro, ein symbolischer Euro je Mitarbeiterin der beiden Häuser. Wir haben uns mit einer Mitarbeiterin des Vereins unterhalten. Aus Schutz ihrer eigenen Sicherheit und derer, die sie beruflich begleitet, möchte sie anonym bleiben.
„Wir beraten jährlich mehr als 700 Personen. Sie kommen auf unterschiedlichen Wegen zu uns. Zum einen über eine Kooperationsvereinbarung mit der Polizei, die sich verpflichtet, uns in Fällen von häuslicher Gewalt oder Stalking zu informieren“, erzählt die Mitarbeiterin des Vereins. Soweit die Betroffenen dazu bereit wären, kontaktiere sie das Frauen für Frauen-Team proaktiv. Zum anderen gebe es die sogenannten Selbstmelderinnen, die von Mitgliedern des Netzwerks an den Verein verwiesen werden, „sei es über das Jugendamt, über Ärztinnen, über Schulen, Kitas und so weiter – überall da, wo Familien und Paare in Erscheinung treten.“ Die weitere Verfahrensweise werde im Folgenden individuell abgestimmt.
Doch besonders die erste Kontaktaufnahme stellt für viele Frauen ein enormes Hindernis dar. „Durch Corona sind die Zugangswege für uns nochmal sehr viel erschwerter. Wenn ich beispielsweise mit der Person, durch die ich Gewalt erlebe, 24/7 in der Wohnung sitze, die Person im Homeoffice ist, ich keine ruhige Minute finde, mich vielleicht im Internet zu informieren oder auch nur unentdeckt mein Handy zu zücken und anzurufen – dann ist das wirklich prekär.“ Die Canadian Women’s Foundation schlug für diese Situation kürzlich eine Lösung vor: Ein stiller Hinweis per Handzeichen. Im Videotelefonat mit Freundinnen, Freunden und Familie kann dieses während des laufenden Gesprächs unauffällig in die Kamera gezeigt werden. Diese könnten so alarmiert werden und sich um Hilfe für die Betroffenen bemühen.
Die Mitarbeitenden in Krankenhäusern und Arztpraxen spielen im Kampf gegen häusliche Gewalt eine besondere Rolle. Der größte Fortschritt sei geschafft, wenn alle um die Frauen für Frauen-Koordinierungs- und Interventionsstelle wüssten und sich trauten, aktiv Hilfe anzubieten. „Es gibt sicherlich Situationen, da kommt zum dritten Mal die gleiche Person mit bestimmten Hämatomen und Verletzungen. Und natürlich haben alle ein mulmiges Gefühl und denken sich ‚Irgendwas stimmt da nicht‘. Häufig beinhaltet der Gewaltkreislauf die Verleugnung der Geschehnisse. Das Wichtigste ist, dass man trotzdem aufmerksam bleibt und sich nicht über das Bauchgefühl hinwegtäuschen lässt“, appelliert die Frauen für Frauen-Mitarbeiterin. In dieser Situation sei Einfühlungsvermögen gefragt. Statt Betroffenen Hilfe aufzudrängen, könnten Pflegekräfte oder Ärzt:innen diskret Flyer oder Visitenkarten des Vereins überreichen und auf das Hilfsangebot hinweisen. Im Ernstfall könne man die Frauen unterstützen einen Schutzraum im Anschluss an den Klinikaufenthalt zu finden – so zum Beispiel das autonome Frauenhaus des Vereins.
Das Problem beginnt nicht hinter verschlossenen Türen. Es ist Teil unserer Erziehung, unserer Kommunikation und unserer Lebensweise. Heute ist Internationaler Frauentag – ein guter Anlass, um zu reflektieren, was jede und jeder von uns für Gleichberechtigung und Respekt tun kann – um es dann umzusetzen.
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