Suchen
Menü
Schließen

Rhythmologe stellt Schutzausrüstung im 3D-Drucker her

Die Corona-Krise fordert jeden Einzelnen heraus. Rhythmologe Dr. Sebastian Hilbert vom Herzzentrum Leipzig hat seinen eigenen Weg gefunden: Er fertigt Schutzvisiere aus dem 3D-Drucker.
07. April 2020
Schon als sich das Coronavirus in China ausbreitete war schnell klar, dass es über eine Tröpfchen- und Kontaktinfektion weitergegeben wird. Um die rasche Ausbreitung des Virus in Deutschland zu unterbinden, wurden hierzulande deshalb einfache Schutzmaßnahmen verordnet. Der empfohlene Mindestabstand von gut zwei Metern zu anderen Personen lässt sich aber nicht immer realisieren. Besonders Ärzte und medizinisches Pflegepersonal, aber auch Altenpfleger oder die häusliche Krankenpflege müssen Körperkontakt zu ihren Patienten herstellen, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen wollen. Dringender denn je benötigen sie hierzu Schutzausrüstung – die es angesichts des gestiegenen Bedarfs derzeit aber nur in begrenzten Mengen gibt. Italienische Mediziner kamen deshalb als erste darauf, benötigtes Equipment in Eigeninitiative am 3D-Drucker herzustellen. Innerhalb weniger Stunden fertigten sie ein Verbindungsstück, mit dessen Hilfe zwei Patienten gleichzeitig an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden können.
Rhythmologe stellt Schutzausrüstung im 3D-Drucker her
Die Umsetzung der Idee trat weltweit eine Bewegung los. Von der auch Dr. Sebastian Hilbert erfasst wurde. Der Spezialist für Herzrhythmusstörungen am Herzzentrum Leipzig weiß um das große Interesse an Schutzausrüstungen. Hilbert hat seit geraumer Zeit schon einen 3D-Drucker. „Das Gerät interessiert mich aus technischer Sicht, mit ihm lassen sich aber auch auf einfache Weise Dinge für Haus und Garten herstellen, die man benötigt, aber oftmals nicht kaufen kann”, sagt er. Jetzt aber lässt er seinen Drucker für die Allgemeinheit arbeiten. Der Gerätehersteller hatte zur Fertigung von Spritzschutzmasken, wie sie Mediziner verwenden, die erforderliche Drucksoftware und das 3D-Modell kostenfrei ins Internet gestellt. Darauf griff auch Sebastian Hilbert zurück. Bislang, so der Leipziger, konnte er bereits 65 dieser Visiere drucken. Sofern sein Drucker optimal arbeitet, betont der Mediziner, könne er in 24 Stunden bis zu 16 Visiere herstellen. Unter dem Slogan #MakerVsVirus haben sich Ende März mehr als 4.800 Freiwillige bundesweit zusammengetan. Die Initiative schätzt ihre Produktionskapazität auf 6.000 Gesichtsschilde, die täglich deutschlandweit produziert werden können. Wer einen 3D-Drucker hat, kann die Initiative unterstützen. Vom Erfolg seiner Arbeit überzeugt, hat Hilbert bereits Druckmaterial für weitere 80 Visiere bestellt. „Die Plaste, die der Drucker Schicht für Schicht übereinanderlegt, ist identisch zu der von Getränkeflaschen und Joghurtbechern und ist in der Anschaffung preiswert”, verdeutlicht er. Nicht zuletzt deshalb ruft er jeden Besitzer eines 3D-Druckers auf, es ihm gleichzutun und dringend benötigte medizinische Materialien herzustellen. Hilbert selbst hat sich zudem die 3D-Modelle für Schutzbrillen organisiert und will demnächst mit deren Fertigung beginnen. Der Bedarf an solchem Zubehör ist ungebrochen groß. In Tschechien etwa, hat Hilbert in Erfahrung gebracht, haben die Gesundheitsbehörden einem Herstellerden Auftrag für 90.000 Spritzschutzmasken erteilt. Die Vorschläge und Ideen, was sich mit einem 3D-Drucker zur Bewältigung der Corona-Krise herstellen lässt, reißen nicht ab. Türöffner, Beatmungsmasken, selbst technische Apparaturen sind möglich und werden allesamt gebraucht. Angesichts der Dramatik und des Bedarfs entfallen vielerorts sogar kritische Zulassungskontrollen. Selbst in den USA, wo neue Produkte oft lange Wege bis zur genehmigten Serienproduktion absolvieren müssen. Grundlegend neu ist die Anwendung des 3D-Drucks im Herzzentrum Leipzig allerdings nicht. Schon länger werden MRT-Bilder von kranken Herzen als Vorlage für solche Drucker genutzt, um sich bei anstehenden Operationen ein genaueres Bild vom Organ machen zu können. Jetzt geht es nicht um hochkomplizierte Herzen, sondern schlichte, aber nicht minder wertvolle Hilfsmittel. Die Corona-Krise hat das Augenmerk vieler auf Menschen gelenkt, die heute zu Recht als Helden gefeiert werden. Besitzer eines 3D-Drucker können sich mit einem unscheinbaren, aber wichtigen Beitrag nun in diese Aufzählung einreihen. Ob selbst produzieren, spenden oder Bedarf haben: Die Plattform #MakerVsVirus bringt Menschen zusammen, die medizinische Schutzausrüstung benötigen oder selber herstellen können.