Die Frauenheilkunde behandelt Erkrankungen der weiblichen Sexual- und Fortpflanzungsorgane – und umfasst auch die Geburtshilfe. Die Onkologie befasst sich mit der Krebstherapie. In der gynäkologischen Onkologie treffen beide Aspekte oft schicksalhaft aufeinander: Die meisten Patientinnen befinden sich bereits in der zweiten Lebenshälfte, doch gerade wenn junge Frauen an Gebärmutterhalskrebs erkranken, betrifft dies nicht nur ihr eigenes Leben. Die Diagnose ist besonders einschneidend, weil sie nicht selten mit einem noch unerfüllten Kinderwunsch kollidiert. Dann sind Expertise und Erfahrung eines spezialisierten Teams besonders gefragt.

Gebärmutterhalskrebs: Im Ernstfall gleich zwei Leben retten
Gebärmutterhalskrebs ist laut WHO die zweithäufigste bösartige Erkrankung der Frau. Nicht selten sind junge Frauen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren mit Kinderwunsch betroffen.
Kinderwunsch und Gebärmutter erhalten
Für Julia Schweitzer ist es ein gewöhnlicher Vorsorgetermin, an dessen Ende die Diagnose Gebärmutterhalskrebs steht. Im ersten Krankenhaus, das sie aufsucht, soll die Gebärmutter komplett entfernt werden. Für die damals 31-Jährige steht ein Lebenstraum in Frage. „Die Perspektive, niemals ein Baby austragen zu können, war für mich schlimmer als die Angst vor der Erkrankung“, sagt die Mönchengladbacherin.
Die Perspektive, niemals ein Baby austragen zu können, war für mich schlimmer als die Angst vor der Erkrankung.

Sie stellt sich bei Prof. Michael Friedrich im Helios Klinikum Krefeld vor. Der Chefarzt der Frauenheilkunde und Geburtshilfe gibt ihr Hoffnung: Art und Größe des Tumors machen einen besonderen Eingriff, die sogenannte radikale vaginale Trachelektomie, möglich. „Dabei wird der Gebärmutterhals mit umliegendem Gewebe entfernt, während der Gebärmutterkörper erhalten bleibt, sodass die Patientinnen mit der gleichen Wahrscheinlichkeit schwanger werden können wie gesunde Frauen“, erläutert der Chefarzt den technisch anspruchsvollen Eingriff, der vorrangig in spezialisierten Zentren angeboten wird. Voraussetzung sind bestimmte Kriterien bezüglich Größe und Art des Tumor. Die Operation verläuft erfolgreich.
Nur ein halbes Jahr später kann Julia Schweitzer ihr Glück kaum fassen: Sie ist schwanger. Von nun an muss sie sich allerdings konsequent schonen. Denn jede auf diesen Eingriff folgende Schwangerschaft wird als Risikoschwangerschaft medizinisch eng betreut.
Der Pap-Test ist eine Früherkennungsuntersuchung für Gebärmutterhalskrebs. Dafür erfolgt ein Abstrich beim Frauenarzt. Im Anschluss werden einzelne entnommene Zellen untersucht, weshalb der Pap-Test auch zytologischer Abstrich genannt wird.
Risiko für Früh- oder Fehlgeburt erhöht
„Durch die OP ist der Gebärmutterhals entfernt. Somit erhöht sich das Risiko einer Früh- oder Fehlgeburt“, erläutert Prof. Friedrich. „Um bei zunehmendem Schwangerschaftsalter und dem damit verbundenem steigenden Druck auf das untere Uterinsegment kein Risko einzugehen, verengen wir noch während der Trachelektomie den Muttermund mit einem Kunststoffbändchen, einer sogenannten Cerclage.“ Bei körperlicher Schonung bestehe dann eine gute Chance auf eine Schwangerschaft ohne Komplikationen.
Vaginale Trachelektomie
Eine Alternative zur Totaloperation ist die 1994 von dem französischen Mediziner Daniel Dargent entwickelte radikale vaginale Trachelektomie (RVT), kombiniert mit einer Entfernung des sogenannten Wächter-Lymphknotens. Bei dieser fertilitätserhaltenden Operationsmethode bleiben ein kleiner Teil des Gebärmutterhalses sowie des Gebärmutterkörpers erhalten, sodass die Patientinnen mit der gleichen Wahrscheinlichkeit schwanger werden können wie gesunde Frauen.

Entsprechend sollte bei bestehendem Kinderwunsch grundsätzlich vor der vollständigen Entfernung der Gebärmutter die Alternative einer Trachelektomie bei entsprechend gegebenen Voraussetzungen überprüft werden, betont Chefarzt Prof. Friedrich. Die Entscheidung ist immer unter Berücksichtigung aller
Eventualitäten und Risiken zu treffen.
Bei Julia Schweitzer war die Entscheidung jedenfalls absolut richtig: Nach einer problemlosen Schwangerschaft wird ihr Sohn Moritz per Kaiserschnitt geboren – 50 Zentimeter groß und 3080 Gramm schwer. Drei Jahre später folgt Töchterchen Clara und macht das Familienglück komplett. „Es hat mich sehr berührt, dem Paar die Möglichkeit auf ein eigenes Kind zu erhalten und miterlebt zu haben, wie schnell sich der Kinderwunsch erfüllt hat“, sagt Prof. Friedrich. Wie dankbar Julia Schweizer dem Mediziner bis heute ist, sieht man auch an den Namen ihrer beiden Kinder. Moritz heißt mit zweiten Namen Friedrich – und Clara Frieda.
HPV-Impfung
Jährlich erkranken in Deutschland etwa 6.250 Frauen und rund 1.600 Männer an Krebs, der durch eine HPV-Infektion verursacht wurde. Bei Frauen kommt es jährlich zu rund 4.500 neuen Krebserkrankungen am Gebärmutterhals, pro Jahr versterben etwa 1.500 Frauen daran. Die Ständige Impfkommission (STIKO)
empfiehlt deshalb die Impfung gegen HPV nicht nur für Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren, sondern seit Juni 2018 auch für alle Jungen in diesem Alter.