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Schmerztherapie bei Rückenschmerzen

Wenn die Schmerzen im Rücken chronisch werden, kann eine gezielte Schmerztherapie Linderung verschaffen. Aber welche Therapieform ist geeignet? Dr. Ute Mückshoff, Leitende Ärztin des Zentrums für Schmerztherapie an der Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen, erklärt, welche Behandlungsmethoden bei Rückenschmerzen greifen und was sich hinter dem multimodalen Ansatz verbirgt.

Junge Frau beim Workout zu Hause

Wie entstehen Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen entstehen meist durch Überlastung von Sehnen und Bändern an der Wirbelsäule oder durch Verschleißerscheinungen an Wirbeln und Bandscheiben. Seltener sind Unfälle und Erkrankungen der Wirbelsäule die Ursache. 

„Rückenschmerzen lassen sich nach Dauer, Lage und Auslöser unterschieden. Bei 85 Prozent aller Rückenschmerz-Patienten findet sich keine eindeutige Ursache und wir sprechen von unspezifischen Rückenschmerzen", sagt Dr. Ute Mückshoff.

Diagnostik von Rückenschmerzen

Rückenschmerzen werden laut Leitlinie in klinische Warnhinweise, die sogenannten „red flags" und „yellow flags" unterteilt. Diese zeigen auf, ob eine spezifische Ursache vorliegt und wann eine radiologische Diagnostik sinnvoll ist. Letztere umfasst alle bildgebenden Verfahren, wie Röntgen, Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT) und Ultraschall.

Yellow Flags

Yellow Flags sind Risikofaktoren für eine Schmerzchronifizierung. Dazu gehören:

  • geringe berufliche Qualifikation und Unzufriedenheit am Arbeitsplatz
  • Schwerarbeit, monotone Körperhaltung, Vibrationsexposition
  • psychosoziale Überforderung, Depression, Angst
  • passive Grundeinstellung
  • Rauchen, Übergewicht, geringe körperliche Kondition
  • Dauer des aktuellen Rückenschmerzes ist länger als 14 Tage
  • weitere Schmerzen neben dem Rückenschmerz
  • iatrogene Faktoren (übermäßige Diagnostik etc.…)

Red Flags

Red Flags sind Begleitsymptome und Vorerkrankungen, welche als Warnsignal für eine spezifische Ursache mit einem dringenden Handlungsbedarf stehen. Zu den Red Flags gehören:

  • Massenprolaps (massiver Bandscheibenvorfall)
  • Fraktur (Bruch): Osteoporose (Knochenschwund), schweres Trauma
  • Tumor
  • Infektiöse Prozesse
  • Radikulopathie (Reizung oder Schädigung einer Nervenwurzel des Rückenmarks, die sich durch Schmerzen, Kribbeln, Taubheit oder Lähmungen äußert)
  • Konus-Kauda-Syndrom (Kombination aus verschiedenen Beschwerden, wie gestörtes Gefühl an den Beinen, Schmerzen im Bein, Inkontinenz)

Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen

Leitende Ärztin der Schmerzambulanz

Rückenschmerzen lassen sich nach Dauer, Lage und Auslöser unterschieden. Bei 85 Prozent aller Rückenschmerzpatienten findet sich keine eindeutige Ursache und wir sprechen von unspezifischen Rückenschmerzen.

Therapieformen im Überblick

Gegen Rückenschmerzen gibt es eine Vielzahl an möglichen Therapieformen.

Diese umfassen unter anderem:

  • Bewegungstherapie
  • Patientenschulung
  • Verhaltenstherapie im Rahmen des biopsychosozialen Krankheitsmodells, welches von einer Störung der Interaktion von körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren ausgeht
  • Rückenschule
  • Ergotherapie
  • Progressive Muskelrelaxation: willentliche und bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen
  • Manuelle Therapie
  • Akupunktur
  • Elektrotherapie
  • Interventionelle Therapieverfahren: gezielte wirbelsäulennahe Injektion von Lokalanästhetikum und Cortison

Was ist die multimodale Schmerztherapie?

Sie gilt als das effektivste Mittel gegen chronische Schmerzen: die multimodale Schmerztherapie. Das Konzept verbindet Therapien aus verschiedenen Fachbereichen miteinander. Gerade bei andauernden Schmerzen hat es sich bewährt, verschiedene Ansätze ineinander wirken zu lassen.

„Die multimodale Schmerztherapie beruht auf dem biopsychosozialen Modell, das eine medikamentöse, physiotherapeutische und psychologische Behandlung miteinander kombiniert", sagt Dr. Ute Mückshoff. Die Behandlung erfolgt über einen festgelegten Zeitraum in Form von Einzel- und Gruppenübungen.

Ziel ist die Funktionswiederherstellung, die sogenannte „functional restoration". Dabei sollen die durch den Schmerz eingeschränkten körperlichen, psychischen und sozialen „Funktionen" wieder gestärkt werden. Im körperlichen Bereich sollen Patient:innen sowohl objektiv als auch subjektiv eine Verbesserung dieser Funktionen wahrnehmen. Dazu gehören etwa die Steigerung der eigenen Fitness, der Belastungskapazität, Koordination und Körperwahrnehmung.

Zudem ist es wichtig, dass die Patient:innen ihre eigenen Belastungsgrenzen erkennen, um sie besser zu kontrollieren. Die psychologische Behandlung soll psychosoziale und berufliche Belastungen aufzeigen, um diesen gezielt entgegenzuwirken.

Ziele der multimodalen Schmerztherapie 

Zu den Zielen der multimodalen Schmerztherapie gehören:

  • Verringerung der Schmerzen
  • Fitness, Belastbarkeit, Koordination und Körperwahrnehmung steigern
  • Vertrauen in die eigene Bewegungs- und Leistungsfähigkeit aufbauen
  • Bewegungsangst und Schonhaltung verringern
  • positive Schmerzbewältigung und Verbesserung der Schmerzerträglichkeit
  • Steigerung der Lebensfreude und Lebensqualität
  • wenn möglich: Wiederherstellen der Arbeitsfähigkeit

Einsatz der multimodalen Schmerztherapie?

„Eine Indikation besteht zunächst bei chronischen Schmerzen", erklärt Dr. Ute Mückshoff. Dabei ist der Zeitpunkt, ab wann Schmerzen als chronisch gelten, von Patient:in zu Patient:in individuell.

Mögliche Indikationen sind:

  • anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen des Bewegungsapparats
  • nicht erfolgreiche Behandlungen wegen chronischer Schmerzen
  • deutliche Beeinträchtigung der Lebensqualität oder Arbeitsfähigkeit
  • Vermeidungsverhalten, dysfunktionales Schmerzbewältigung, Katastrophisieren (überzeugt sein, dass ein unglückliches Ereignis sicher eintritt)
  • Medikamentenabhängigkeit oder -missbrauch
  • psychische Faktoren, die Schmerzen begünstigen
  • Erkrankungen, wie Bluthochdruck, Diabetes, Nierenerkrankungen, Herzrhythmusstörungen
  • erhöhter Bedarf an Therapieintensität und –dichte

Wo wird die Behandlung durchgeführt?

Die multimodale Schmerztherapie erfolgt entweder in einer Tagesklinik oder stationär in darauf spezialisierten Kliniken. Je nach Klinik beträgt die Behandlungsdauer zwischen sieben Tagen und vier Wochen.

Wer übernimmt die Kosten?

Die Krankenkasse übernimmt in der Regel die Kosten, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Sprechen Sie dazu im Vorfeld der Behandlung mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin sowie der Krankenkasse.

  

Interventionelle Therapieverfahren an der Wirbelsäule

Nachfolgend haben wir alle wichtigen Informationen zur Periradikulären Therapie (PRT) als interventionelles Therapieverfahren zusammengefasst. 

Was ist die Periradikuläre Therapie?

Eine Periradikuläre Therapie, kurz PRT, ist eine bildgeführte perkutane Applikation von Medikamenten an eine Nervenwurzel heran. „Rund um den Bereich der betroffenen Nervenwurzel spritzen wir ein Medikament, wodurch die Schmerzen nachlassen", sagt Dr. Mückshoff. Gespritzt wird meist eine Kombination aus einem Lokalanästhetikums (betäubende Wirkung) und einem Corticoid mit einer entzündungshemmenden Wirkung.

Bei einer Quetschung oder Reizung einer Nervenwurzel, etwa nach einem Bandscheibenvorfall, können Schmerzen oder ein Taubheitsgefühl in einen Arm oder ein Bein aufstrahlen. Eine gezielte Injektion an der Zielnervenwurzel kann positiven Einfluss auf die Schmerzursache haben.

Mithilfe der Bildgebung (Computertomographie oder Magnetresonanztomographie) lässt sich das Medikament punktgenau an die Nervenwurzel spritzen. Die PRT dauert in der Regel nicht länger als 15 bis 20 Minuten. Nach der Behandlung können Sensibilitätsstörungen oder Lähmungen in der von der Nervenwurzel versorgten Körperregion auftreten. Dies ist allerdings nur vorrübergehend.

Wann wird die Periradikuläre Therapie eingesetzt?

Die PRT wird in erster Linie zur Schmerzlinderung eingesetzt. Zusätzlich kommt sie auch diagnostisch zum Einsatz. Dies ist der Fall, wenn die Höhe der Schmerzen verursachenden Nervenwurzel nicht eindeutig identifizierbar ist. Auf diese Weise lässt sich dann der Schmerzausgangspunkt lokalisieren.

Wo wird die Behandlung durchgeführt?

Die Periradikuläre Therapie kann sowohl ambulant als auch stationär erfolgen. Welche Variante am besten ist, hängt von den Schmerzen ab. Bei einem akuten Bandscheibenvorfall ist die PRT bestenfalls in das Behandlungskonzept eingebettet.

Was ist eine Facetteninfiltration? 

Bei Veränderungen durch Verschleißerscheinungen und dadurch bedingte Reizerscheinungen an den kleinen Zwischenwirbelgelenken kann das bei Betroffenen zu Rückenschmerzen führen. In diesem Fall können sogenannte Facetteninfiltrationen hilfreich sein. Ein besonders präzises Verfahren, um Schmerzen im Rücken zu reduzieren.

„Bei der Facetteninfiltration werden örtlich wirksame schmerzstillende Medikamente in die Facettengelenke der Wirbelsäule, in kleine Zwischenwirbelgelenke und in die Gelenkkapsel dieser Gelenke injiziert“, erklärt die Medizinerin.

Die Injektion erfolgt unter Sichtkontrolle mittels Röntgen oder Computertomographie, um die Medikamentenlösung möglichst exakt an der gewünschten Stelle zu injizieren und benachbarte Strukturen nicht zu beschädigen. Der Vorgang dauert circa zehn Minuten.

Wo wird die Behandlung durchgeführt?

Die Facetteninfiltration unter Kontrolle der Computertomographie oder Röntgen kann ambulant erfolgen. Oft sind mehrere Behandlungen nötig, damit das Schmerzgefühl dauerhaft nachlässt.

Wer übernimmt die Kosten interventioneller Verfahren?

Infiltrationen an der Wirbelsäule werden von der Krankenkasse im ambulanten Bereich bezahlt, sofern die überweisenden Ärzt:innen über die Zusatzqualifikation „Schmerztherapie“ verfügen. Grundsätzlich sollten interventionelle Maßnahmen in ein Therapiegesamtkonzept eingebettet werden. Sprechen Sie am besten im Vorfeld mit Ihrer Krankenkasse über eine Kostenübernahme.

Wie lassen sich Rückenschmerzen vorbeugen?

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